Leitsatz (amtlich)
Über Anträge auf Änderung einer Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle in Grundbuchsachen entscheidet der Rechtspfleger; § 12c Abs. 4 GBO steht dem nicht entgegen.
Verfahrensgang
AG Ludwigslust (Beschluss vom 22.12.2009) |
Tenor
1. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des AG Ludwigslust - Rechtspfleger - vom 22.12.2009 wird zurückgewiesen.
2. Die Beschwerdeführerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens nach einem Beschwerdewert von 12.000 EUR.
Gründe
I. Auf Ersuchen des Zwangsversteigerungsgerichts vom 17.11.2009 hat das AG - Grundbuchamt - durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle am 18.11.2009 den Vermerk "Zwangsversteigerung ist angeordnet" in Abteilung II des Grundbuchs eingetragen.
Gegen diese Eintragung hat die Beschwerdeführerin unter dem 10.12.2009 "Einspruch, Widerspruch und Rechtsbeschwerde" eingelegt.
Das Grundbuchamt hat das Rechtsmittel als zulässige Erinnerung mit dem Ziel der Löschung des Zwangsversteigerungsvermerks behandelt und die Erinnerung - nachdem ihr die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle nicht abgeholfen hat - mit Beschluss des Rechtspflegers vom 22.12.2009 zurückgewiesen.
Gegen diesen Beschluss wendet sich die Beschwerdeführerin mit "Einspruch, Widerspruch und Rechtsbeschwerde" vom 14.1.2010. Hinsichtlich der Begründung wird auf den Inhalt jenes Schreibens Bezug genommen.
Der Rechtspfleger beim AG hat der Beschwerde mit Beschluss vom 25.1.2010 nicht abgeholfen und sie dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
II. Das Rechtsmittel vom 14.1.2010 ist als Beschwerde gegen den Beschluss des Rechtspflegers beim AG vom 22.12.2009 auszulegen. Als solche ist sie gem. §§ 71, 73 GBO (ggf. beschränkt) zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet.
1. Insbesondere ist die angefochtene Entscheidung von dem vom Gesetz vorgesehenen zur Entscheidung berufenen Organ getroffen worden. Gemäß § 12c Abs. 2 Nr. 3 GBO ist zunächst der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle u.a. zuständig für Entscheidungen über Ersuchen um Eintragung des Zwangsversteigerungsvermerkes. Wird die Änderung einer Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle verlangt, d.h. gegen seine Entscheidung Erinnerung eingelegt, so entscheidet, wenn dieser dem Verlangen nicht entspricht, gem. § 12c Abs. 4 GBO dem Wortlaut nach der Grundbuchrichter. Vorliegend hat zwar nicht der Richter über die Erinnerung entschieden, sondern der Beschluss vom 22.12.2009 ist vom Rechtspfleger erlassen worden. Dies ist dennoch zutreffend und ergibt sich aus §§ 3 Nr. 1h, 4 Abs. 1 RPflG. Danach werden dem Rechtspfleger in vollem Umfang die nach den gesetzlichen Vorschriften vom Richter wahrzunehmenden Geschäfte des AG u.a. in Grundbuchsachen übertragen. Der Rechtspfleger trifft hierbei alle Maßnahmen, die zur Erledigung der ihm übertragenen Geschäfte erforderlich sind.
Allerdings wird von der wohl überwiegenden Literatur und Rechtsprechung die Auffassung vertreten, dass § 12c Abs. 4 GBO nach wie vor dem Wortlaut gem. zu beachten sei. Zwar sei durch das 1. Justizmodernisierungsgesetz (JuMoG) vom 24.8.2004 § 4 Abs. 2 Nr. 3 RPflG aufgehoben worden. Der Rechtspfleger sei damit aber lediglich vorbehaltlich einer entsprechenden Änderung des § 12c Abs. 4 GBO künftig auch befugt, über Anträge zu entscheiden, die auf Änderung einer Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gerichtet seien. § 12c Abs. 4 GBO sei an die Gesetzesänderung jedoch bislang nicht angepasst worden. Erst wenn dies geschehen sei, könne eine Zuständigkeit des Rechtspflegers statt des Grundbuchrichters angenommen werden (vgl. LG Kassel, Beschl. v. 21.12.2007 - 3 T 668/07, 3 T 716/07, zitiert nach Juris; Demharter, GBO, 27. Aufl., Einleitung Rz. 73; § 12c Rz. 11; § 71 Rz. 10; Hügel/Kral, GBO, § 12c Rz. 23; Hügel/Kramer, GBO, § 71 Rz. 5, 68, 74; Meikel/Böttcher, GBO, 10. Aufl., § 12 Rz. 83; KEHE-Eickmann, Grundbuchrecht, 6. Aufl., § 12c Rz. 16; Bauer/von Oefele/Budde, GBO, 2. Aufl., § 71 Rz. 3).
Demgegenüber wird in der Literatur die abweichende Auffassung vertreten, dass der Rechtspfleger seit der Aufhebung von § 4 Abs. 2 Nr. 3 RPflG durch Art. 9 Nr. 1 des 1. JuMoG vom 24.8.2004 (BGBl. I, 2198) im Rahmen seiner Zuständigkeit nach § 3 RPflG auch befugt sei, über Anträge zu entscheiden, die auf Änderung einer Entscheidung des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gerichtet seien. Dies ergebe sich ausweislich der Gesetzesentwurfsbegründung aus der Zielsetzung des 1. JuMoG, wonach u.a. im Bereich des Rechtspflegerrechts durch Kompetenzübertragungen vom Richter oder Staatsanwalt auf den Rechtspfleger sinnvolle Bearbeitungszusammenhänge hergestellt und fortentwickelt werden sollten. § 4 Abs. 2 Nr. 3 RPflG sei nach der Gesetzesbegründung gerade deshalb aufgehoben worden, weil die Aufgabe nicht mehr dem Richter habe vorbehalten werden sollen. Dass § 12c Abs. 4 GBO noch ausdrücklich den Grundbuchrichter nenne und unverändert geblieben sei, stehe dem nicht entgegen. Vielmehr sehe § 12c Abs. 4 GBO Gegenteiliges i.V.m. §§ 3 Nr. 1h, 4 RPflG gar nicht vor. Es sei ...