Leitsatz (amtlich)
1. Herausgabeanordnungen der Hinterlegungsstelle unterliegen auch nach ihrer Durchführung der Überprüfung gem. §§ 23 EGGVG.
2. Eine Fristsetzung zur Klageerhebung gem. §§ 13, 16 HinterlO ist bei grundloser Verweigerung der Zustimmung zur Auszahlung nur eines von 13 Beteiligten nicht erforderlich.
3. Zum Kreis der Beteiligten des Hinterlegungsverfahrens.
Verfahrensgang
LG Rostock (Aktenzeichen 2 T 143/02) |
Tenor
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung vom 15.5.2003 wird auf Kosten der Antragsteller zurückgewiesen.
Der Geschäftswert des Verfahrens beträgt 790.261,01 Euro.
Tatbestand
Die R. H. GmbH i.A. i.L. wurde mit Schlussurteil des OLG Rostock vom 14.3.2001 verurteilt, an den Kläger, Herrn W., 2.054.132,60 DM nebst Zinsen zu zahlen. Diesen Betrag hinterlegte die R. H. GmbH i.A. i.L. am 26.4.2001 bei dem AG Rostock. Herr W. hatte die Forderung mehrfach bzw. in Teilbeträgen abgetreten und die Forderung teilweise verkauft. Außerdem war der o.g. Betrag mehrfach von Gläubigern des Herrn W. gepfändet worden. In der Folgezeit stritten verschiedene Gläubiger um die Auszahlung des hinterlegten Betrages. Unter anderem beanspruchte Herr Rechtsanwalt Dr. J. als früherer Prozessvertreter des Herrn W. einen Teil der Forderung i.H.v. 488.957,50 DM und erwirkte wegen dieser Forderung einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss gegen Herrn W.. Weitere Gläubiger pfändeten den hinterlegten Betrag. In einem Beschluss vom 23.4.2002 (OLG Rostock, Beschl. v. 23.4.2002) wies der Präsident des LG Rostock RA Dr. J. darauf hin, dass ein nur hinsichtlich eines Teilbetrages am Hinterlegungsverfahren Beteiligter nicht die gesamte Freigabe verhindern könne. Ein weiterer Gläubiger des W., Herr R. F. ließ der Hinterlegungsstelle des AG Rostock am 7.4.2003 ein vorläufiges Zahlungsverbot zustellen, dem folgte jedoch keine Pfändung gem. § 845 Abs. 3 ZPO. Im April 2003 lagen Freigabeerklärungen aller am Hinterlegungsverfahren Beteiligten vor mit Ausnahme der des Beteiligten Dr. J. und des R.F. Dies teilte das AG Rostock Herrn Dr. J. am 15.4.2003 mit und wies darauf hin, dass eine Auszahlung nach § 13 HinterlO nur möglich sei, wenn alle Beteiligten zustimmten. Es werde vorgeschlagen, dass der von Herrn W. beanspruchte Betrag i.H.v. 408.541,25 Euro zur Sicherheit des Dr. J. auf dem Konto verbleibe. Der restliche Betrag könne dann an die einzelnen Verfahrensbeteiligten ausgezahlt werden. Eine ausdrückliche Zustimmung des Dr. J. dazu sei erforderlich. Dr. J. stimmte der Auszahlung nicht zu. Mit Beschl. v. 30.4.2003 verfügte das AG Rostock, dass den übereinstimmenden Freigabeerklärungen und Auszahlungsanträgen der Hinterlegungsbeteiligten zu 1) bis 9) und 11) bis 13) mit der Maßgabe entsprochen werde, dass zu Lasten des Hinterlegungsbeteiligten W. ein Betrag i.H.v. 260.000 Euro auf dem Hinterlegungskonto verbleibe. Gegen diesen Beschluss legte Dr. J. am 15.5.2003 im eigenen sowie im Namen des R. F. Beschwerde ein und stellte gleichzeitig Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG. Er rügte, dass die Voraussetzungen einer Verfügung nach §§ 12, 13 HinterlO nicht vorlägen, da weder der Beteiligte R. F. noch er selbst die Herausgabe bewilligt hätten.
Der Präsident des LG Rostock wies die Beschwerde vom 15.5.2003 am 19.5.2003 als unzulässig zurück, da die angefochtene Entscheidung bereits vollzogen sei und sie nicht zur Beseitigung der eingetretenen Wirkung führen könne und legte die Akte dem OLG zur Entscheidung über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG vor.
Entscheidungsgründe
I. Der Antrag des Antragstellers zu 1), ist gem. §§ 23, 24 EGGVG statthaft und zulässig, jedoch unbegründet.
1. Der Antrag ist zulässig. Der Antragsteller begehrt eine Entscheidung über die Rechtmäßigkeit einer Verfügung einer Justizbehörde zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf dem Gebiet der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Hier geht es um die Rechtmäßigkeit der Herausgabeanordnung des AG Rostock vom 30.4.2003. Entscheidungen nach den §§ 3, 16 HO sind nach § 23 EGGVG überprüfbar (Zöller/Gummer, EGGVG, 23. Aufl., § 23 Rz. 17).
a) Gemäß § 24 Abs. 1 EGGVG ist der Antrag nur zulässig, wenn der Antragsteller geltend macht, durch die Maßnahme oder ihre Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein. Dies ist hier der Fall. Der Antragsteller zu 1) trägt vor, dass die Auszahlungsanordnung unter Verstoß gegen § 13 HO erfolgte. Er rügt, dass nicht alle Beteiligte die Herausgabe an die Empfänger bewilligt hätten. Damit liegt eine hinreichend konkretisierte Behauptung vor, wonach eine Rechtsverletzung, also eine Beeinträchtigung der Rechtsstellung des Antragstellers zu 1) als Beteiligtem des Hinterlegungsverfahrens möglich erscheint.
b) Gemäß § 24 Abs. 2 EGGVG kann der Antrag auf gerichtliche Entscheidung erst nach vorausgegangenem Beschwerdeverfahren gestellt werden. Dieses Beschwerdeverfahren war hier bei Eingang des Antrages vom 15.5.2003 noch nicht durchgeführt. Dies war erst am 26.5.2003 der Fall. Trotzdem ist der Antrag zuläss...