Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung bei PKH im Berufungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Eine arme Partei, die ein Rechtsmittel einlegen will, hat grundsätzlich Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn sie ihr Prozesskostenhilfegesuch bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eingereicht hatte.
2. Ist dem Gesuch der amtliche Vordruck nebst der erforderlichen Belege nicht beigefügt und kann die Partei deshalb nicht darauf vertrauen, Prozesskostenhilfe bewilligt zu bekommen, beginnt die Wiedereinsetzungsfrist bereits mit dem Zugang eines richterlichen Hinweises zu laufen, so dass bereits innerhalb von zwei Wochen auch die versäumte Prozesshandlung nachgeholt werden muss.
Verfahrensgang
LG Stralsund (Urteil vom 28.03.2008; Aktenzeichen 4 O 31/07) |
Tenor
1. Der Antrag der Klägerin vom 15.12.2008, ihr Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der Berufung und Begründung der Berufung gegen das Urteil des LG Stralsund vom 28.3.2008 zu gewähren, wird zurückgewiesen.
2. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des LG Stralsund vom 28.3.2008 wird verworfen.
3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
4. Die Parteien werden aufgefordert binnen 3 Wochen zum Streitwert Stellung zu nehmen.
Gründe
I. Mit Urteil vom 28.3.2008 hat das LG die Klage der Klägerin abgewiesen. Das Urteil ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 1.4.2008 zugestellt worden. Mit Schriftsatz vom 30.4.2008 - eingegangen per Telefax am selben Tag - hat die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren unter Beifügung einer als Entwurf bezeichneten elfseitigen Berufungs- und Berufungsbegründungschrift beantragt. Dem Telefaxschreiben sind die Prozesskostenhilfeunterlagen nicht beigefügt gewesen. Diese sind erst mit dem Originalschriftsatz nach Ablauf der Berufungsfrist am 5.5.2008 beim OLG eingegangen. Mit Verfügung vom 9.5.2008 hat der Vorsitzende des Senats die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Prozesskostenhilfeunterlagen verspätet eingegangen seien. Die Verfügung ist den Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 13.5.2008 zugegangen. Diese haben mit Schriftsatz vom 23.5.2008 - eingegangen bei Gericht per Telefax am 28.5.2008 - Wiedereinsetzung in die Berufungs- und Berufungsbegründungsfrist beantragt und glaubhaft gemacht, dass die unterlassene Beifügung der Prozesskostenhilfeunterlagen auf einem nicht verschuldeten Versehen beruht habe.
Mit Beschluss vom 26.11.2008 hat der Senat die Bewilligung von Prozesskostenhilfe mangels nachgewiesener Bedürftigkeit der Klägerin abgelehnt. Nach Zustellung des Beschlusses am 4.12.2008 hat die Klägerin mit am 16.12.2008 per Telefax eingegangenem Schriftsatz vom 15.12.2008 wegen der Versäumung der Rechtsmittelfristen Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt unter gleichzeitiger Einlegung der Berufung gegen das landgerichtliche Urteil und deren Begründung auf nunmehr 24 Seiten. Die nicht rechtzeitige Übermittlung des Prozesskostenhilfegesuches nebst aller Anlagen habe auf einem Versehen einer zuverlässigen langjährigen Büroangestellten beruht. Die Antragstellerin habe ebenso wie in mehreren anderen Rechtsstreitigkeiten mit der Gewährung von Prozesskostenhilfe rechnen dürfen.
II. Der gem. §§ 233, 234 ZPO statthafte und insbesondere binnen der Frist des § 234 Abs. 1 Satz 1 ZPO rechtzeitig gestellte und auch sonst gem. § 236 Abs. 2 ZPO zulässige Antrag der Klägerin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist unbegründet.
1. Eine arme Partei, die ein Rechtsmittel einlegen will, hat grundsätzlich Anspruch auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn sie ihr Prozesskostenhilfegesuch - wie hier - bis zum Ablauf der Rechtsmittelfrist eingereicht hatte. Das setzt allerdings voraus, dass dem Antrag auf Prozesskostenhilfe zur Durchführung des Rechtsmittelverfahrens innerhalb der Rechtsmittelfrist eine ausgefüllte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst insoweit notwendigen Belegen beigefügt war. Denn für den Regelfall schreibt § 117 Abs. 4 ZPO zwingend vor, dass sich der Antragsteller zur Darlegung seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des durch die Verordnung vom 17.10.1994 eingeführten Vordrucks bedienen muss. Ein Antragsteller kann deswegen grundsätzlich nur dann davon ausgehen, die wirtschaftlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Prozesskostenhilfe dargelegt zu haben, wenn er rechtzeitig vor Ablauf der Rechtsmittelfrist einen ordnungsgemäß ausgefüllten Vordruck nebst den erforderlichen Anlagen zu den Akten reicht (st. Rspr.; vgl. u.a. BGH, Beschl. v. 13.2.2008 - XII ZB 151/07, FamRZ 2008, 871).
Einen solchen vollständigen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe hat die Klägerin hier erst mit dem Originalschriftsatz nach Ablauf der Berufungsfrist am 5.5.2008 eingereicht.
2. Ist innerhalb der Berufungsfrist - wie hier - kein Rechtsmittel und auch kein vollständiger Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe eingegangen, kommt allerdings ...