Entscheidungsstichwort (Thema)
Absichtsanfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO
Leitsatz (amtlich)
1. Die Zahlung aufgrund einer Ratenzahlungsvereinbarung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung ist keine inkongruente Leistung, wenn sie außerhalb des 3-Monats-Zeitraums des § 131 InsO erfolgt.
2. Die Empfängerin einer Zahlung hat Kenntnis von der Gläubigerbenachteiligungsabsicht, wenn sie von Umständen wusste, die auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin hindeuten.
Solche Umstände liegen insbesondere vor, wenn unter dem Druck eines Vollstreckungstitels und einer Ratenzahlungsvereinbarung nur verzögert gezahlt wird und weitere Forderungen der Gläubigerin aus anderen Warenlieferungen nicht beglichen werden.
Normenkette
InsO § 133 Abs. 1, § 143 Abs. 1
Verfahrensgang
LG Stralsund (Urteil vom 26.03.2013; Aktenzeichen 7 O 427/10) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des LG Stralsund vom 26.3.2013 - 7 O 427/10, abgeändert und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 8.050 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.10.2007 zu zahlen.
2. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits I. und II. Instanz.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter über das Vermögen der ... GmbH (im Folgenden: Schuldnerin) die Beklagte im Wege der Insolvenzanfechtung auf Rückzahlung des am 18.4.2007 durch die Schuldnerin überwiesenen Betrags i.H.v. 8.050 EUR in Anspruch.
Wegen des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands wird auf das Urteil des LG Stralsund vom 26.3.2013 (Bl. 368-372 d.A.) verwiesen.
Das LG hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dem Beklagten stehe kein Anspruch aus Insolvenzanfechtung gem. § 133 Abs. 1 InsO zu. Es sei nicht davon auszugehen, dass die Beklagte Kenntnis eines ggf. bei der Schuldnerin vorhandenen Gläubigerbenachteiligungvorsatzes gehabt habe. Weder das Zahlungsverhalten der Schuldnerin noch die Vereinbarung der Ratenzahlung lasse einen zwingenden Schluss auf eine drohende oder bereits eingetretene Zahlungsunfähigkeit zu. Weiter sei davon auszugehen, dass der Beklagten nicht bekannt gewesen sei, ob es noch weitere Gläubiger der Schuldnerin mit ungedeckten Ansprüchen gegeben habe.
Gegen das ihm am 27.3.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 29.4.2013 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt, die er nach Bewilligung einer Fristverlängerung bis zum 8.7.2013 mit am 8.7.2013 eingegangenen Schriftsatz begründet hat.
Der Kläger verfolgt sein erstinstanzliches Klageziel weiter.
Es sei rechtsfehlerhaft, wenn das LG den Gläubigerbenachteiligungsvorsatz der Schuldnerin offen gelassen und nur das Tatbestandsmerkmal der Kenntnis der Beklagten hiervon geprüft habe. Ohne Feststellungen zum Benachteiligungsvorsatz und damit zur objektiven Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin habe das LG die Kenntnis der Beklagten vom Benachteiligungsvorsatz der Schuldnerin nicht beurteilen können.
Das LG habe die von ihm für die Kenntnis vom Gläubigerbenachteiligungvorsatz vorgetragenen Indiztatsachen fehlerhaft gewürdigt. Bei der Zahlung der Rate habe es sich um eine inkongruente Leistung der Schuldnerin gehandelt, da die von der Zahlungsvereinbarung vom 22.3.2007 ausgehende Drucksituation nicht durch einen Pfändungsdruck überlagert worden sei. Zudem sei die Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit objektiv zu bestimmen. Entscheidend sei, ob ein objektiver Dritter anhand der Kenntnis der Beklagten zwingend habe annehmen müssen, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig gewesen sei. Das LG habe verkannt, dass die Vereinbarung einer Ratenzahlung nach Erwirken eines Vollstreckungsbescheids und eine weitere Fälligkeitsverschiebung für die erste Rate zwingende Indizien für die Annahme einer Zahlungsunfähigkeit darstellten. Eine mögliche Zahlungsstockung sei nicht anzunehmen. Es sei nicht erforderlich gewesen, dass die Beklagte Kenntnis von den Gesamtverbindlichkeiten der Schuldnerin gehabt habe, da sie zumindest davon habe ausgehen müssen, dass die Schuldnerin weitere Gläubiger mit ungedeckten Ansprüchen besessen habe. Im Regelfall habe jemand, der gewerblich tätig sei, auch noch andere Gläubiger.
Schließlich sei das LG unzutreffend davon ausgegangen, dass ihm keine Beweislastumkehr zur Seite stehe, da wie oben ausgeführt, die Vermutungsregel des § 133 Abs. 1 S. 2 InsO hier eingreife.
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des am 26.3.2013 verkündeten Urteils des LG Stralsund die Beklagte zu verurteilen, an ihn 8.050 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz pro Jahr seit dem 22.10.2007 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt unter Wiederholung und Ergänzung ihres erstinstanzlichen Vortrags das landgerichtliche Urteil.
Da das Gericht zu der Auffassung gelangt sei, dass es ihr an der fehlenden Kenntnis gemangelt habe, habe für das Gericht keine Veranlassung mehr bestanden, die Gläubigerbenachteiligung zu prüfen. Zudem habe sich das G...