Leitsatz (amtlich)

1. Nach Eintritt der Abrechnungsreife kann der Vermieter die offenen Nebenkostenvorauszahlungen nicht mehr klagweisend geltend machen und sie als quasi gezahlt in die Betriebskostenabrechnung einstellen. Aus Gründen der Nachvollziehbarkeit der Rechnungslegung ist er gehalten, in die Betriebskostenabrechnung nur die tatsächlichen Leistungen einzustellen und die Klage sodann auf das Gesamtsaldo umzustellen.

2. Der Mieter hat einen Anspruch auf Erteilung einer ordnungsgemäßen Rechnung. Wenn dies für die Miete und die auf sie entfallende Umsatzsteuer gilt, gilt dies gleichermaßen für die Betriebskostenabrechnung. Auch diese muss den Umsatzsteuerbetrag beziffert ausweisen. Weist sie ihn nicht aus, führt dies nicht sogleich zur formellen Unwirksamkeit der Abrechnung, sondern zu ihrer materiellen Unrichtigkeit. Dem Mieter steht gem. § 273 BGB bis zur ordnungsgemäßen Erstellung der Abrechnung ein Zurückbehaltungsrecht zu und zwar in Höhe des gesamten Rechnungsbetrages, also der zur Nachzahlung berechneten Betriebskosten und Umsatzsteuer.

3. Als Rechnung i.S.d. § 14 UStG kommt jede Urkunde in Betracht, aus der der Leistende, der Leistungsempfänger, die Menge und Art der Leistung, der Zeitraum der Leistung und der auf das Entgelt entfallende Umsatzsteuerbetrag erkennbar sind. Seit dem 1.1.2002 ist der Steuerbetrag gesondert auszuweisen und nicht lediglich die Endsumme mit dem Hinweis zu versehen, dass hierin 16 % Umsatzsteuer enthalten seien. Es müssen also sowohl das Nettoentgelt als auch der Betrag der Umsatzsteuer genannt werden.

 

Verfahrensgang

LG Schwerin (Urteil vom 07.03.2006; Aktenzeichen 4 O 212/05)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des LG Schwerin vom 7.3.2006 - Az.: 4 O 212/05 - abgeändert und wie folgt gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 9.939,55 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 812 EUR seit dem 4.2.2004, 4.3.2004, 5.1.2005, 4.2.2005, 4.3.2005, auf jeweils 348 EUR seit dem 4.4.2004, 5.5.2004, 4.6.2004, 4.7.2004, 4.8.2004, 4.9.2004, 5.10.2004, 4.11.2004, 4.12.2004 sowie auf jeweils 549,51 EUR seit dem 4.4.2005, 5.5.2005, 4.6.2005, 4.7.2005, 4.8.2005 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger 166,30 EUR Zug um Zug gegen Übergabe einer Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2003, welche den hierauf entfallenden Umsatzsteueranteil ordnungsgemäß ausweist, zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen der Kläger 1/5 die Beklagte 4/5.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Wert des Berufungsverfahrens: 12.432,40 EUR.

 

Gründe

I. Der Kläger wurde mit Beschluss des AG Schwerin vom 22.7.2002 - Az.: 56 L 29/02 - zum Zwangsverwalter für das Grundstück K. 4-6 - welches zu einem Gesamtobjekt mit dem Namen "Der W." gehört - bestellt, dessen Eigentümerin die P. I. GmbH S.-P. KG ist. Er macht gegen die Beklagte ausstehende Miete geltend, deren Höhe sich aus einer Aufstellung vom 31.8.2005 (Bl. 63 d.A.) ergibt, auf welche der Senat Bezug nimmt.

Die Eigentümerin schloss mit der Beklagten am 17.7.1998 einen Mietvertrag über Räumlichkeiten in der W. passage K. 4-6 in S. Vereinbart wurde eine jeweils zum dritten Werktag des Monats fällige Miete von zunächst 3.217,26 DM. Mit Nachtrag zum Gewerbemietvertrag vom 10.1.2003 vereinbarten die Vertragsparteien eine Herabsetzung der Miete auf 1.277,31 EUR, die sich aus 700 EUR Nettomiete, 401,13 EUR Betriebskostenvorauszahlung sowie 16 % Umsatzsteuer zusammensetzt.

Der Kläger und die Beklagte schlossen am 1.3.2004 einen zweiten Nachtrag, in dem die Miete teilweise für ein Jahr gestundet und die sich daran anschließende Verfahrensweise geregelt wurde. Wegen des Inhaltes der Vereinbarung nimmt der Senat auf diese (Anlage K 8) Bezug. Um die Fortdauer der Stundungsvereinbarung oder einen möglichen Erlass prüfen zu können, forderte der Kläger die Beklagte am 7.3.2005 auf, eine Betriebswirtschaftliche Auswertung (BWA) vorzulegen. Die Beklagte legte diese nicht vor. Sie teilte lediglich mit Schreiben vom 6.4.2005 mit, dass sich ihre wirtschaftlichen Verhältnisse weiter verschlechtert hätten. Zur Stundung oder zum Erlass fanden keine weiteren Verhandlungen statt. Mit Schreiben vom 20.4.2005 erklärte der Kläger den Widerruf der Stundungsvereinbarung, weil die BWA nicht vorgelegt worden sei. Mit einem weiteren Schreiben vom 30.9.2005 focht der Kläger die Stundungsabrede erneut mit der Begründung an, die Beklagte habe ihn über die Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse getäuscht.

Der Kläger war der Ansicht, die Beklagte könne sich auf die Stundungsabrede aus dem zweiten Nachtrag zum Mietvertrag nicht mehr berufen. Wegen der Nichtübersendung der BWA habe ihm ein Kündigungsrecht zugestanden.

Mietminderung könne die Beklagte nicht geltend machen. Die von ihr beanstandeten ständigen Verschmutzungen des Treppenhauses bestünden nicht. Sie habe diese auch nicht rechtzeitig angezeigt, wobei zwischen den Parteien unstreitig ist, dass die Bek...

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