Entscheidungsstichwort (Thema)

Bestimmtheitserfordernis der Betriebskostenumlagevereinbarung; Voraussetzungen der Mieterentlassung bei Nachmietergestellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Vermieter von Gewerberaum ist ohne eine vertragliche Vereinbarung nur im Ausnahmefall zur Entlassung des Mieters gegen Gestellung eines Nachmieters verpflichtet, wenn dies im Rahmen einer Interessenabwägung nach § 242 BGB geboten erscheint.

2. Auch in einem Gewerberaummietvertrag können die Parteien vereinbaren, dass der Mieter einen Nachmieter stellen kann, der die Räume zu Wohnzwecken nutzen will.

3. Dem Bestimmtheitserfordernis einer Betriebskostenumlagevereinbarung ist nicht genügt, wenn der Vertrag mehrere Varianten der umzulegenden Betriebskosten ausweist, hiervon aber keine angekreuzt wird.

 

Verfahrensgang

LG Schwerin (Urteil vom 31.03.2009)

 

Tenor

1. Unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wird das Urteil des LG Schwerin vom 31.3.2009 abgeändert und die Beklagte verurteilt, weitere 1.244,37 EUR nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf jeweils 414,79 EUR seit dem 6.7.2006, 6.8.2006 und 6.9.2006 zu zahlen.

2. Von den Kosten des Verfahrens erster Instanz tragen die Klägerin und die Beklagte jeweils die Hälfte.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 71 %, die Beklagte zu 29 %.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

I. Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gem. §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.

II. Die Berufung hat teilweise Erfolg.

1. Die von der Klägerin erstinstanzlich geltend gemachten Mieten für die Monate Juli, November und Dezember 2005 sowie Januar bis Juni 2006 und die Betriebskostenvorauszahlungen Januar bis Juni 2006 hat die Beklagte mit der Klagerwiderung ausdrücklich anerkannt und nach Abzug der zurückzuzahlenden Kaution insoweit Anerkenntnisurteil ergehen lassen. Obgleich dieses verfahrensfehlerhaft ergangen ist, da das Anerkenntnis von der die anerkannten Forderungen betreffenden Klagänderung überholt worden ist (vgl. BGH, NJW 2004, 2019), ist es mangels Anfechtung durch eine der Parteien in Rechtskraft erwachsen. Die dem Anerkenntnis zugrunde liegenden Forderungen, die die Beklagte ausdrücklich bezeichnet hat, sind somit nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens.

2. Ein Anspruch der Klägerin auf Zahlung der Nettomieten für Juli, August und September 2006 ergibt sich aus § 535 Abs. 2 BGB i.V.m. § 3 des Mietvertrages. Die darüber hinaus verlangte Differenz zwischen der vertraglich bestimmten Miete und der durch eine Weitervermietung eines Teils der Räume erzielten Miete für die Monate Oktober 2006 bis Dezember 2007 kann die Klägerin hingegen nicht mit Erfolg geltend machen. Insoweit ist auf die einseitig gebliebene teilweise Erledigungserklärung der Klägerin hin auch keine Erledigung zur Hauptsache festzustellen.

a. Da keine der Parteien den Vertrag im Juni 2006 wirksam beendet hat, schuldet die Beklagte grundsätzlich die Mieten für die Zeit bis zur Beendigung des Vertrages infolge Ablaufs der vereinbarten Frist gem. § 535 Abs. 2 BGB. Befristet war der Vertrag bis zum 31.12.2007.

Ist der Mietvertrag noch nicht beendet, ist der Vermieter nicht verpflichtet, die Räume anderweitig zu vermieten, denn grundsätzlich trifft ihn noch die Vertragspflicht, dem Mieter den Gebrauch zu gewähren. Er kann also seinerseits, stellt er den Gebrauch noch zur Verfügung, die volle Miete verlangen. Ob der Mieter die Räume tatsächlich nutzt, liegt allein im Risikobereich des Mieters. Übernimmt es aber der Vermieter im Einvernehmen mit dem Mieter, die Räume an einen anderen zu vermieten, reduziert sich die vom Mieter zu zahlende Miete um den anderweitig erzielten Betrag. Dass sich die Parteien zumindest hierauf geeinigt haben, ist zwischen ihnen unstreitig.

b. Ohne eine Vereinbarung im Vertrag, dass der Vermieter einen vom Mieter angebotenen geeigneten Nachmieter akzeptieren und den Mieter aus dem Vertrag entlassen müsse, ist der Vermieter ebenso grundsätzlich nicht verpflichtet, mit einem vom Mieter angebotenen Nachmieter zu kontrahieren, so dass er ihn auch folgenlos ablehnen kann (Wolf/Eckert/Ball, Handbuch des gewerblichen Miet-, Pacht- und Leasingrechts, 10. Aufl., Rz. 595). Hiervon abweichend kann jedenfalls im Wohnraummietverhältnis der Vermieter aus § 242 BGB im Einzelfall dennoch verpflichtet sein, einen vom Mieter angebotenen Nachmieter zu akzeptieren und den Mieter aus dem Vertrag zu entlassen (BGH, NZM 2003, 277). Ausnahmsweise kann dies auch für Gewerberaummietverhältnisse in Betracht kommen, wenn die gegenseitige Interessenabwägung dies nach § 242 BGB geboten erscheinen lässt. Allerdings wird sich dies regelmäßig auf wenige Ausnahmefälle beschränken, weil der Mieter das Ertragsrisiko des Mietverhältnisses trägt (Kandelhard in Herrlein/Kandelhard, MietR, 3. Aufl., § 537 Rz. 42) und es hierfür nicht ausreicht, wenn sich nur das wirtschaftliche Risiko des Mieters verwirklicht (Palandt/Weidenkaff, BGB, 69. Aufl., § 537 Rz. 10). Gleiches gilt, wenn der Mieter die Ursachen...

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