Entscheidungsstichwort (Thema)

Klagehäufung im Urkundsprozess, Dauerrechnung und ZBR

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ansprüche können im Urkundsprozess und im ordentlichen Verfahren im Wege der objektiven Klagehäufung im Sinne des § 260 ZPO nebeneinander geltend gemacht werden.

2. Die Erteilung einer Dauerrechnung, die allein zur Vorlage vor den Finanzbehörden zur Geltendmachung steuerlicher Ansprüche dient, ist nicht Bestandteil der Erfüllung der in § 535 BGB bestimmten Hauptpflicht des Vermieters zur Gebrauchsüberlassung, sondern nur eine Nebenpflicht, gegenüber der nur ein Zurückbehaltungsrecht nach § 273 besteht.

3. Die Frage, in welchem Umfang und für welchen Zeitraum dem Mieter, der die mit Mängeln behaftete Mietsache weiter nutzen kann und auch nutzt, danach ein Leistungsverweigerungsrecht zusteht, entzieht sich einer allgemein gültigen Betrachtung. Sie ist vielmehr vom Tatrichter im Rahmen seines Beurteilungsermessens aufgrund einer Gesamtwürdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls unter Berücksichtigung des Grundsatzes von Treu und Glauben (§ 320 Abs. 2, § 242 BGB) zu beantworten.

4. Voraussetzungen einer Zug-um-Zug-Verurteilung im Urkundsprozess

 

Verfahrensgang

LG Rostock (Aktenzeichen 2 O 1190/12)

 

Tenor

1. Die Berufung des Beklagten wird zurück gewiesen.

2. Auf die Anschlussberufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Rostock vom 20.03.2018 - Az: 2 O 1190/12 - in Ziffer 2. Satz 1 abgeändert und der Beklagte im Urkundsprozess verurteilt, an die Klägerin 14.980,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf jeweils 267,50 EUR monatlich vom 05.02.2012, 05.03.2012, 05.04.2012, 05.05.2012, 05.06.2012, 05.07.2012, 05.08.2012, 05.09.2012, 05.10.2012, 05.11.2012, 05.12.2012, 05.01.2013 und 05.02.2013 sowie weitere 2.846,20 EUR Zug-um-Zug gegen Ausstellung einer den Vorgaben des § 14 Abs. 4 UStG entsprechenden Rechnung für die in der Zeit von Januar 2012 bis 02.04.2014 seitens des Beklagten zu zahlende Miete bzw. Nutzungsentschädigung zu zahlen.

Im Übrigen wird die Anschlussberufung zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 26,4 % und der Beklagte 73,6 %.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können jeweils die Vollstreckung gegen sich durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils gegen sie aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht zuvor die jeweils andere Partei Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 29.557,38 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Klägerin macht - soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse - Ansprüche aus einem Gewerberaummietverhältnis geltend.

Sie hat den Beklagten zunächst auf Räumung und Herausgabe der Mieträume in Anspruch genommen. Im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens hat sie diesen Antrag nach Rückgabe der Räumlichkeiten für erledigt erklärt. Der Beklagte hat der Erledigungserklärung nicht zugestimmt.

Klageerweiternd hat sie - soweit für das Berufungsverfahren noch von Interesse - zudem im Urkundenprozess die Miete in Höhe von 535,00 EUR netto zzgl. Ust, d.h. 636,65 EUR monatlich, für die Zeit von Januar 2012 bis April 2014 (28 Monate × 636,65 EUR = 17.826,20 EUR) geltend gemacht.

Mit Teilvorbehaltsurteil und Urteil vom 20.03.2018 hat das Landgericht bezüglich den Räumungsantrag die Erledigung der Hauptsache festgestellt. Weiter hat es den Beklagten im Urkundsprozess zur Zahlung von 17.210,09 EUR nebst gestaffelter Zinsen Zug-um-Zug gegen Ausstellung einer den Vorgaben des § 14 Abs. 4 UStG entsprechenden Rechnung verurteilt. Hierfür hat es dem Beklagten die Ausführung seiner Rechte im Nachverfahren vorbehalten.

Wegen der erstinstanzlichen Tatsachenfeststellungen, der in erster Instanz gestellten Anträge und der Entscheidungsgründe nimmt der Senat auf das angefochtene Urteil Bezug.

Das Nachverfahren ist unter dem Aktenzeichen 3 U 103/18 ebenfalls vor dem Senat im Berufungsverfahren anhängig.

Die Klägerin hat zunächst Berufung eingelegt, diese dann aber wieder zurückgenommen.

Der Beklagte begehrt mit seiner Berufung die Abänderung des landgerichtlichen Urteils in Ziffer 1. und 2. wie folgt:

Der Räumungs- und Herausgabeantrag der Klägerin aus der Klageschrift vom 27.11.2012 wird abgewiesen.

Der Klagantrag zu Ziffer 1. im Urkundenprozess (Zahlung in Höhe von 17.826,20 EUR nebst Zinsen) wird abgewiesen.

sowie im Kostenausspruch.

Die Feststellung, dass der Räumungs- und Herausgabeantrag sich durch die Räumung des Beklagten erledigt habe, sei rechtsfehlerhaft. Das Landgericht gehe davon aus, dass im Zeitraum zwischen Januar 2012 und November 2012 erhebliche Mängel an der Mietsache vorgelegen hätten, deren Beseitigung die Klägerin trotz mehrfacher Aufforderung durch den Beklagten unter Fristsetzung und Ankündigung der Ausübung des Zurückbehaltungsrechtes deutlich vor dessen tatsächlicher Geltendmachung nicht vorgenommen habe. Trotzdem beschränke es das Zurückbehaltungsrecht des Bekla...

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