Leitsatz (amtlich)
1. Der Gläubiger erwirbt außerhalb des von § 131 InsO geschützten Zeitraums ein Pfandrecht an einem Dispositionskredit nur, soweit der gewährte Dispositionskredit in dieser Zeit nicht ausgeschöpft war und der Schuldner ihn durch eine ihm zuzurechnende Verfügung in Anspruch genommen hat.
2. Der Abruf des Kredits für sich genommen ist nicht anfechtbar, weil die - einseitige - Zahlungsanweisung (§§ 665, 783 BGB) des Schuldners an das Kreditinstitut seine Gläubiger noch nicht benachteiligt, solange sie frei widerruflich ist. Erst ihre dem Schuldner zuzurechnende Ausführung zugunsten des Empfängers kann gläubigerbenachteiligend wirken, weil erst dann der von der Bank eingeräumte Kredit Schuldnervermögen ist.
Verfahrensgang
LG Schwerin (Urteil vom 18.10.2007; Aktenzeichen 3 O 142/07) |
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung des beklagten Landes werden das Urteil des LG Schwerin vom 18.10.2007, Az: 3 O 142/07, aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung wegen der Kosten des Rechtsstreits gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, sofern nicht das beklagte Land vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Wert der Berufung beträgt 22.938,21 EUR.
Gründe
I. Der Kläger verlangt im Wege der Insolvenzanfechtung Rückgewähr verschiedener auf Steuerforderungen des beklagten Landes geleisteter Beträge.
Der Kläger ist Verwalter in dem am 23.12.2003 eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen der ... (im weiteren: Schuldnerin). Das beklagte Land erließ am 21.10.2002 durch das zuständige Finanzamt wegen Steuerforderungen gegen die Schuldnerin i.H.v. 10.127,36 EUR eine Pfändungs- und Einziehungsverfügung, durch die alle Ansprüche der Schuldnerin gegen die Sparkasse ... aus dem dort eingerichteten Konto der Schuldnerin Nr. ... unter Anordnung der Einziehung gepfändet wurden. Die Verfügung bezog sich u.a. auf alle der Schuldnerin gegenwärtig und künftig gegen die Sparkasse zustehenden Ansprüche auf "Auszahlung, Gutschrift oder Überweisung an sich und an Dritte von Kreditmitteln aus bereits abgeschlossenen und künftigen Kreditverträgen". Die Sparkasse hatte der Schuldnerin für das genannte Konto einen Kontokorrentkredit eingeräumt. In ihrer Drittschuldnererklärung vom 23.10.2002 erklärte sie, dass das Konto der Schuldnerin kein pfändbares Guthaben aufweise. Nach einer Besprechung mit der Schuldnerin überwies die Sparkasse am 28.10.2002 10.127,36 EUR an das Finanzamt.
Mit einer weiteren Pfändungs- und Einziehungsverfügung des zuständigen Finanzamtes vom 30.1.2003 wegen einer Steuerschuld der Schuldnerin i.H.v. ... EUR pfändete das beklagte Land erneut das Konto der Schuldnerin bei der Sparkasse. Auch diese Verfügung bezog sich auf alle der Schuldnerin gegenwärtig und künftig gegen die Sparkasse zustehenden Ansprüche auf "Auszahlung, Gutschrift oder Überweisung an sich und an Dritte von Kreditmitteln aus bereits abgeschlossenen und künftigen Kreditverträgen". Nachdem die Sparkasse in ihrer Drittschuldnererklärung vom 3.2.2003 zunächst mitgeteilt hatte, dass das Konto kein pfändbares Guthaben ausweise und eigene vorrangige Forderungen bestünden sowie vorrangige Pfändungen vorlägen, überwies sie an das Finanzamt auf entsprechende Anweisungen der Schuldnerin am 7.2.2003 ... EUR, am 20.2.2003 weitere ... EUR und am 27.2.2003 den Restbetrag von ... EUR.
Die vorstehenden Zahlungen an das beklagte Land erfolgten alle aus dem der Schuldnerin eingeräumten Kontokorrentkredit, der auch nach den einzelnen Zahlungen nicht überschritten war.
Der Insolvenzverwalter verlangt vom beklagten Land nach Anfechtung Auskehr der in der Zeit von Oktober 2002 bis Februar 2003 an das Finanzamt gezahlten Beträge von insgesamt ... EUR. Die Parteien streiten, ob die Voraussetzungen für eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO vorliegen.
Mit Urteil vom 18.10.2007 gab das LG Schwerin der Klage in vollem Umfang statt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung des beklagten Landes. Es vertritt die Ansicht, dass ein Anfechtungsrecht deshalb nicht bestehe, weil es an der nach § 133 Abs. 1 InsO erforderlichen Rechtshandlung des Schuldners fehle. Zudem habe die Schuldnerin nicht mit Benachteiligungsvorsatz gehandelt. Das beklagte Land macht weiter geltend, dass die vom LG angenommene Zahlungsunfähigkeit nicht vorliege, da die Schuldnerin auch nach den streitgegenständlichen Zahlungen für längere Zeit im Geschäftsverkehr aufgetreten sei. Es seien auch keine Umstände dafür ersichtlich, dass das beklagte Land zwingend auf die Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hätte schließen müssen. Insoweit gehe das LG zu Unrecht davon aus, dass es ausreichend sei, auf die Steuerrückstände abzustellen.
Das beklagte Land beantragt, das Urteil des LG Schwerin vom 18.10.2007 zu ändern und die Klage abzuwei...