Leitsatz (amtlich)

1. Eine Klage auf Leistungen aus einer Unfallversicherung muss ohne weiteres abgewiesen werden, wenn der Versicherte nicht bis zum Ende der mündlichen Verhandlung eine ärztliche Invaliditätsfeststellung vorlegt, aus der sich eine unfallbedingte Berufsunfähigkeit ergibt.

2. Wird eine solche Bescheinigung nicht vorgelegt, so kommt es nicht darauf an, ob die Versicherung sich nach Treu und Glauben nicht auf einen Fristablauf berufen kann. Das Gericht hat zunächst und vor allem zu prüfen, ob die ärztlichen Bescheinigungen, die der Versicherte innerhalb der genannten Fristen einreichte, ausreichen, um die unfallbedingte Invalidität überhaupt geltend zu machen.

 

Verfahrensgang

LG Rostock (Urteil vom 04.07.2008; Aktenzeichen 9 O 438/06)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 4.7.2008 verkündete Urteil des LG Rostock - 9 O 438/06 - wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten der Berufung werden der Klägerin auferlegt.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

4. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

6. Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 90.540 EUR.

 

Gründe

Die Klägerin fordert von der beklagten Unfallversicherung Zahlung von Invaliditätsleistungen, Krankenhaustagegeld und Genesungsgeld sowie vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten. Zwischen dem Ehemann der Klägerin und der Beklagten bestand der Versicherungsvertrag vom 30.10.2002, dem die Versicherungsbedingungen für die ...-Unfallversicherung (AUB 2000) zugrunde lagen. Mit dem Vertrag ist die Klägerin gegen unfallbedingte Invalidität versichert. Sie erlitt am 17.12.2004 in einer Straßenbahn einen Arbeitsunfall. Sie ist Fahrkartenkontrolleurin und befand sich mit dem Rücken in Fahrtrichtung stehend an einen Sitz gelehnt in einer Straßenbahn, die verkehrsbedingt aus einer Geschwindigkeit von 35 - 40 km/h eine Vollbremsung machen musste. Infolge einer gegen sie fallenden anderen Person stürzte die Klägerin mit dem Rücken gegen die hinter ihr befindliche Sitzlehne und verletzte sich an der Wirbelsäule. Sie litt bereits vor diesem Unfallereignis an Beschwerden an der Wirbelsäule. Die Klägerin suchte danach den Durchgangsarzt auf, der eine HWS-Distorsion und eine LWS-Kontusion feststellte sowie als vom Unfall unabhängige gesundheitliche Beeinträchtigung ein chronisches LWS-Syndrom bei NPP L3/4. Ab dem 4.1.2005 ließ sich die Klägerin krankschreiben und ist bis heute erwerbsunfähig und mittlerweile auf Dauer verrentet. In der Zeit vom 01. bis 2.2.2005 und 4.-29.3.2005 befand sie sich in stationärer Behandlung in der HELIOS-Klinik, in deren Rahmen ihr eine Bandscheibenprothese L 4/L 5 inplantiert wurde. Am 21.3.2005 zeigte die Klägerin der Beklagten den Schaden an. Diese forderte über die Klägerin einen ärztlichen Bericht der HELIOS-Klinik in Schwerin an, den diese unter dem 29.3.2005 übersandte. Darin werden als Diagnose eine degenerative Bandscheibenerkrankung L 4/L 5, eine postoperative linksseitige Lumboischialgie und ein chronisches Schmerzsyndrom aufgeführt. Mit Schreiben vom 31.3.2005 lehnte die Beklagte ihre Eintrittspflicht ab mit der Begründung, dass Versicherungsschutz für Schäden an Bandscheiben gem. Ziff. 5.2.1. AUB nur dann bestehe, wenn ein Unfallereignis die überwiegende Ursache sei, was bei der Klägerin nicht der Fall sei.

Zu den Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- u. Streitstandes nimmt der Senat Bezug auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils, mit dem das LG die Klage abwies. Zur Begründung führt das LG aus, der Anspruch scheitere daran, dass ein unfallbedingter Dauerschaden (Invalidität) der Klägerin nicht gem. Ziff. 2.1.1.1. AUB innerhalb von 15 Monaten nach dem Unfall von einem Arzt schriftlich festgestellt worden sei. Zu den Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die Urteilsgründe.

Am 7.8.2008 beantragte die Klägerin, ihr für die Durchführung der Berufung gegen das am 10.7.2008 zugestellte Urteil Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Sie reichte gleichzeitig den Entwurf einer Berufung, einer Berufungsbegründung und eines Wiedereinsetzungsantrages ein. Mit Beschluss vom 30.9.2008 bewilligte der Senat der Klägerin Prozesskostenhilfe zur Durchführung der Berufung. Mit Schriftsatz vom 8.10.2008 legte die Beklagte Berufung ein und begründete diese. Ferner stellte sie einen Wiedereinsetzungsantrag. Mit Beschluss vom 15.10.2008 gewährte der Senat der Klägerin gegen die Versäumung der Berufungsfrist und Berufungsbegründungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.

Die Klägerin trägt zur Begründung der Berufung vor:

Die Beklagte habe den Einwand der nicht fristgerechten Invaliditätsfeststellung jedenfalls verwirkt. Das von der Beklagten der Klägerin zur Weiterreichung und Ausfüllung an ihren Arzt übersandte Formular habe die zur Beurteilung der Invalidität erforderlichen Fragen nicht gestellt. Deswegen könne sich die Beklagte auf den ...

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