Entscheidungsstichwort (Thema)
Bereicherungsforderung gegen die Bank bei irrtümlicher Überweisung auf das Abwicklungskonto eines insolventen Unternehmens
Normenkette
BGB § 812
Verfahrensgang
LG Schwerin (Urteil vom 11.10.2005; Aktenzeichen 1 O 133/05) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 11.10.2005 verkündete Urteil des LG Schwerin - Az.: 1 O 133/05 - wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Berufung werden der Beklagten auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagten bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, falls nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision der Beklagten wird zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin fordert von der beklagten Bank Beträge zurück, die sie auf ein Konto der insolventen Firma M.S.B. & S. GmbH (nachf. Schuldnerin gen.) überwies. Über deren Vermögen wurde am 15.7.2002 das Insolvenzverfahren eröffnet.
Eine Firma B. GmbH S.B. & S. berechnete der Klägerin am 26.2.2003, 20.3.2003, 31.3.2003 und 9.4.2003 mit fünf Rechnungen für Werkleistungen insgesamt 8.254,54 EUR. Zwischen dem 17.3. und 17.4.2003 zahlte die Klägerin mit fünf Überweisungen unter Verwendung der früheren Konto-Nummer eines bei der Beklagten geführten Kontos der Schuldnerin (Nr. 2 ....) und deren Angabe als Überweisungsempfängerin Beträge i.H.v. insgesamt 8.138,73 EUR auf das benannte Konto. Auf dem Anderkonto des Insolvenverwalters gingen diese Beträge nicht ein. Die Klägerin wandte sich danach an den Insolvenzverwalter, Rechtsanwalt S., und forderte Rückzahlung der Beträge. Dieser erklärte ggü. der Beklagten, dass er an den überwiesenen Beträgen kein Recht geltend mache und ggf. um Rücküberweisung auf das Konto der Klägerin gebeten werde.
Die Klägerin trägt vor, die Zahlungen seien irrtümlich veranlasst worden, da ggü. der Schuldnerin keine offenen Forderungen bestanden hätten, sondern ggü. der Firma M.B. GmbH.
Die Beklagte bestreitet den Anspruch der Klägerin und meint, bei fünffach irrtümlichen Überweisungen bestünden Ansprüche der Klägerin gegen den Insolvenzverwalter, da die Masse bereichert sei. Sie, die Beklagte, sei befugt gewesen, im Zuge der Nachwirkung des Girovertrages die eingegangenen Beträge dem Konto der Insolvenzschuldnerin gutzuschreiben. Außerdem stünden ihr eigene Forderungen gegen die Schuldnerin i.H.v. 38.124,70 EUR zu, die sie zur Tabelle angemeldet habe. Diese habe mit Globalzessionsvertrag vom 4.8./11.8.2000 sämtliche bestehenden und künftigen Forderungen aus Warenlieferungen und Leistungen an die Beklagte abgetreten.
Das LG gab der Klage gem. § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB statt, da die Beklagte mit den streitgegenständlichen Überweisungen insgesamt 8.138,73 EUR ohne Rechtsgrund erlangt habe. Aus den von der Klägerin vorgelegten Rechnungen ergebe sich, dass die Klägerin Schulden ggü. der Firma M.B. GmbH habe begleichen wollen. Das Bestreiten der Beklagten sei insoweit unerheblich, da den von der Klägerin veranlassten Überweisungen entgegengestanden habe, dass über das Vermögen dieser Firma bereits das Insolvenzverfahren eröffnet gewesen sei. Dadurch habe der Girovertrag sein Ende gefunden. Zu den Pflichten der Beklagten habe es gehört, das vereinnahmte Geld an den Insolvenzverwalter herauszugeben. Aus dem Schreiben des Insolvenzverwalters vom 23.7.2003 folge, dass die Zahlungen nicht als Schulden ggü. der Insolvenzschuldnerin angesehen worden seien. In dem Schreiben liege die Weisung zur Auszahlung an die Klägerin. Die Pflicht zur Rückzahlung ergebe sich aus den Nebenpflichten des ursprünglich bestehenden Girovertrages. Der Vortrag zur Globalzession führe nicht weiter, da die Beklagte nicht dargelegt und bewiesen habe, dass mit den Zahlungen Forderungen der Insolvenzschuldnerin betroffen gewesen seien.
Hiergegen richtet sich die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Beklagten. Zur Begründung wiederholt und vertieft sie ihren erstinstanzlichen Vortrag und trägt vor, die Insolvenzmasse habe aus den vollzogenen Gutschriften einen Anspruch gegen die Beklagte, sodass diese keinen Vermögensvorteil erlangt habe. Der streitgegenständliche Betrag sei bereits in das Vermögen der Insolvenzmasse gelangt und nicht in das der Beklagten. In der Gutschrift liege ein abstraktes formfreies Schuldversprechen oder Schuldanerkenntnis der Bank, das eine selbstständige, von dem Grund des Anerkenntnisses oder des Versprechens unabhängige Forderung des Kontoinhabers gegen die Bank begründe. Bei Zahlung an die Masse erlange der Überweisende bei Nichtbestehen einer Schuld eine Forderung wegen einer ungerechtfertigten Bereicherung der Masse gem. § 55 Abs. 1 Nr. 3 InsO. Da das Konto in die Masse falle, gelange der Anspruch aus der Gutschrift notwendigerweise in diese. Die Klägerin müsse sich an die Insolvenzmasse halten. Diese Rechtsfolge ergebe sich aus § 82 InsO.
Die Beklagte habe nichts durch Leistung der Klägerin erlangt. Die Empfängerbank sei nur Zahlstelle. Sie h...