Verfahrensgang
AG Esslingen (Beschluss vom 08.12.2017; Aktenzeichen 6 F 881/17) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Esslingen vom 08.12.2017 in Ziff. 1 der Entscheidungsformel abgeändert.
Der Antrag der Antragstellerin auf Herausgabe des Kinderreisepasses für das Kind J. T. N., geb. ...2016, wird abgelehnt.
2. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Antragstellerin und der Antragsgegner je zur Hälfte; die Beteiligten tragen ihre außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens jeweils selbst.
3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
4. Der Verfahrenswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind die Eltern des Kindes J. T. N., geb. ...2016. Die Eltern waren und sind nicht miteinander verheiratet; sie leben getrennt. Aufgrund des Beschlusses des Amtsgerichts - Familiengericht - Esslingen vom 05.07.2016 (Az.: 6 F 813/16) besteht die gemeinsame elterliche Sorge für J.. Das Kind lebt seit seiner Geburt bei seiner Mutter. Diese stammt aus Kamerun, hat hier Asyl beantragt und möchte, nachdem sie den Realschulabschluss bereits erlangt hat, weiter die Schule besuchen.
Die Antragstellerin hat im vorliegenden Verfahren zunächst beantragt, das Aufenthaltsbestimmungsrecht für J. auf sie zu übertragen und dem Antragsgegner aufzugeben, "den in seinem Besitz befindlichen Ausweis für J. T. N." an sie herauszugeben. Der Antragsgegner trat den Anträgen entgegen. Die Antragstellerin hat nach einem Hinweis des Gerichts auf Bedenken hinsichtlich der Erfolgsaussicht den Antrag auf Übertragung des Aufenthaltsbestimmungsrechts zurückgenommen.
Das Amtsgericht hat die Angelegenheit mit den Beteiligten und einer Vertreterin des Jugendamts in einem Termin erörtert.
Das Amtsgericht hat sodann durch Beschluss vom 08.12.2017 wie folgt entschieden:
Der Antragsgegner wird verpflichtet, den Kinderreisepass des Kindes J. T. N., geb. am ...2016, an die Antragstellerin herauszugeben.
Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.
Der Verfahrenswert wird auf 3.000,00 EUR festgesetzt.
Auf den Beschluss vom 08.12.2017 wird verwiesen.
Gegen den ihm am 13.12.2017 zugestellten Beschluss hat der Antragsgegner durch Schreiben seines Verfahrensbevollmächtigten vom 15.01.2018, einem Montag, das am selben Tag beim Amtsgericht einging, Beschwerde eingelegt. Er hat zur Begründung insbesondere ausgeführt, aufgrund der Äußerungen der Antragsgegnerin sei zu befürchten, dass sie mit dem gemeinsamen Kind Deutschland verlässt. Die entgegenstehenden Angaben der Antragstellerin seien nicht glaubhaft; für deren Richtigkeit gebe es keine objektiven Anhaltspunkte. Wenn sie mit dem Kind in Afrika lebe, würde er es nicht mehr sehen können.
Die Antragstellerin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen. Sie führt hierzu insbesondere aus, dass sie mit dem Kind nicht Deutschland verlassen wolle und verweist diesbezüglich auf ihre bisherige und geplante Schulausbildung in Deutschland.
Das Jugendamt E. stellt in seinem Bericht vom 09.03.2018 die Sichtweisen beider Elternteile dar und führt aus, dass der Fachdienst die Befürchtung des Vaters, die Mutter könnte mit dem Kind nach Kamerun gehen, nicht teilt.
Der Senat hat durch Beschluss vom 14.06.2018 Hinweise zur Rechtslage erteilt. Er hat hierbei auch darauf hingewiesen, dass aus seiner Sicht, entgegen der Ansicht des Antragsgegners, vor dem Hintergrund der Verwurzelung der Mutter im Inland objektiv nicht zu befürchten ist, dass sie sich mit dem Kind dauerhaft in das Ausland begeben würde.
Die Beteiligten hatten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Wegen der weiteren Einzelheiten, insbesondere zum Vorbringen der Beteiligten in beiden Rechtszügen, wird auf die Gerichtsakten verwiesen.
II. Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners führt zu einer Abänderung des angefochtenen Beschlusses in Ziff. 1 der Entscheidungsformel.
Der Antrag der Antragstellerin auf Herausgabe des Kinderreisepasses für das Kind J. T. N., geb. ...2016, ist zurückzuweisen, da eine Rechtsgrundlage für eine Verpflichtung des Antragsgegners zur Herausgabe des Kinderreisepasses nicht existiert.
1. Die Vorschrift des § 1632 Abs. 1 BGB selbst begründet einen solchen Anspruch nicht. Diese Norm, die die Herausgabe "eines Kindes" regelt, kann nicht im Wege einer extensiven Auslegung (so aber Palandt/Götz, BGB-Kom., 77. A., § 1632 Rn. 6; Erman/Döll, BGB-Kom., 14. A., § 1632 Rn. 15) auf die Herausgabe von Sachen erstreckt werden, da damit der noch mögliche Wortsinn der Norm überschritten würde (vgl. BGHZ 46, 74 ff.). Eine Anwendung der Norm über ihren Wortlaut hinaus ist allenfalls dann möglich, wenn der Gesetzeszweck eine solche Erweiterung nicht nur nahelegt, sondern geradezu gebietet (Palandt/Grüneberg, Einl. vor § 1, Rn. 40). Dies kann hier nicht angenommen werden, zumal sich der Gesetzeszweck auf die Besonderheiten des Kindes als Rechtssubjekt bezie...