BGH: Anforderungen an vollstreckungsfähige Umgangsregelungen

Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass Ordnungsmittel bei Überschreitung der Umgangszeiten einer gerichtlichen Umgangsregelung nur bei ausdrücklichem Umgangsverbot zulässig sind.

In der Rechtsprechung zur Vollstreckbarkeit von Umgangstiteln war bislang umstritten, ob die Festlegung bestimmter Umgangszeiten in einer gerichtlichen Umgangsregelung konkludent ein Umgangsverbot für einen darüber hinausgehenden Umgang enthält. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat diese Frage nunmehr vollstreckungsrechtlich dahin gehend entschieden, dass die Annahme eines solchen Umgangsverbots eine ausdrückliche Regelung voraussetzt.

Gerichtliche Umgangsregelung mit festgelegten Umgangszeiten

Gegenstand der vom BGH entschiedenen Rechtsbeschwerde war ein Ordnungsmittelbeschluss zur Vollstreckung einer gerichtlichen Umgangsregelung. Die beiden 8 und 6 Jahre alten Kinder der getrenntlebenden Eheleute lebten bei der Antragstellerin. In einem gerichtlichen Umgangsbeschluss waren dem Antragsgegner „reguläre Betreuungszeiten“ sowie besondere „Ferienzeiten“ zugewiesen. In der Umgangsregelung war ausdrücklich festgelegt, dass der Vater die Kinder „pünktlich“ abholt und „pünktlich“ wieder zum Wohnsitz der Mutter zurückbringt. Außerdem enthielt der Beschluss den Hinweis, dass im Fall der Zuwiderhandlung Ordnungsgeld bzw. Ordnungshaft angeordnet werden kann.

AG verhängte 12 Tage Ordnungshaft

Wegen diverser Kontaktaufnahmen außerhalb der festgelegten Umgangszeiten und wegen zweimaliger Unpünktlichkeit beantragte die Antragstellerin, gegen den Antragsgegner ein Ordnungsgeld in Höhe von 10.000 EUR festzusetzen. Das AG setzte daraufhin gegen den Antragsgegner wegen der seiner Ansicht nach unzulässigen Umgangsausübung und wegen zweimaligen Zuspätkommens jeweils einen Tag Ordnungshaft, insgesamt 12 Tage Ordnungshaft, fest. Das OLG änderte diese Entscheidung ab und setzte für die zweimalige verspätete Rückgabe der Kinder ein Ordnungsgeld von jeweils 250 EUR fest. Im Übrigen lehnte es die Verhängung von Ordnungsmitteln ab.

Anforderungen an eine vollstreckungsfähige Umgangsregelung

Die gegen diese Entscheidung des OLG eingelegte Rechtsbeschwerde der Antragstellerin blieb vor dem BGH ohne Erfolg. Nach § 89 Abs. 1 Satz 1 FamFG kann das Gericht neben dem Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann oder keinen Erfolg verspricht, Ordnungshaft anordnen. Der BGH legte in seiner Entscheidung besonderen Wert auf die Feststellung, dass Voraussetzung für die Verhängung eines Ordnungsmittels

  • eine vollstreckungsfähige Umgangsregelung ist,
  • die nach Art, Ort und Zeit erschöpfende,
  • hinreichend bestimmte und konkrete Regelungen des Umgangs
  • sowie gemäß § 89 Abs. 2 FamFG einen ausdrücklichen Hinweis auf die möglichen Folgen einer Zuwiderhandlung enthält.

Auslegung von Umgangstiteln in der Rechtsprechung umstritten

Der BGH setzte sich in seiner Entscheidung mit den in Rechtsprechung und Literatur vertretenen unterschiedlichen Auffassungen zu der Frage auseinander, inwieweit eine positiv gefasste Umgangsregelung mit festgelegten Umgangszeiten im Umkehrschluss ein an den umgangsberechtigten Elternteil gerichtetes Verbot einer Kontaktaufnahme außerhalb der zugewiesenen Umgangszeiten enthält. Letzterem erteilte der BGH eine klare Absage.

Verbotene Kontaktaufnahmen müssen klar definiert sein

Nach Auffassung des BGH kann eine gerichtliche Umgangsregelung, die konkrete Umgangszeiten festlegt, aus Gründen der Rechtsklarheit nicht dahin ausgelegt werden, dass eine solche Regelung gleichzeitig ein Kontaktverbot außerhalb der zugewiesenen Umgangszeiten enthält. Eine positiv formulierte Regelung von Umgangszeiten enthalte nicht automatisch ein Verbot der Kontaktaufnahme außerhalb der festgelegten Umgangszeiten. Vielmehr setze ein solches Verbot voraus, dass dem Umgangsberechtigten in der Regelung eindeutig und klar vor Augen geführt wird, welche Art der Kontaktaufnahmen, z. B. durch Briefe, Telefonate, Textnachrichten erlaubt sind und welche nicht.

Verhaltensgebote und Verhaltensverbote sind zu unterscheiden

Der BGH wies ausdrücklich darauf hin, dass konkrete Verhaltensgebote und Verhaltensverbote in einer gerichtlichen Umgangsregelung gemäß § 1684 BGB bis hin zu einem Umgangsausschluss nach § 1684 Abs. 4 BGB grundsätzlich möglich sind. Allerdings bedürfe es hierzu einer ausdrücklichen Festlegung. Einer lediglich positiv formulierten Festlegung von Umgangszeiten seien Kontaktverbote nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit zu entnehmen.

In Zukunft mehr Klarheit für umgangsrechtliche Regelungen

Im Ergebnis hatte damit die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen die Ablehnung der Verhängung von Ordnungsmitteln wegen Umgangskontakten außerhalb der zugewiesenen Umgangszeiten keinen Erfolg. Die Entscheidung des BGH dürfte dazu beitragen, dass gerichtliche Umgangsregelungen künftig die Grenzen des Umgangsrechts klarer definieren.

(BGH, Beschluss v. 21.2.2024, XII ZB 401/23)


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