Leitsatz (amtlich)

1. Ein Versorgungsträger ist in Versorgungsausgleichssachen grundsätzlich auch dann beschwerderechtigt (§ 59 Abs. 1 FamFG), wenn die angegriffene Entscheidung (hier: Behandlung von Anrechten in der knappschaftlichen Rentenversicherung als "gleichartig" mit Anrechten in der allgemeinen Rentenversicherung und daraus resultierend ihre Saldierung gem. § 18 Abs. 1 VersAusglG) nicht zu einer finanziellen Mehrbelastung des Versorgungsträgers führt, denn die Versorgungsträger haben neben eigenen finanziellen Belangen auch die Gesetzmäßigkeit der Festlegung zukünftiger Versorgungsleistungen zu wahren.

2. Nicht beschwerdeberechtigt ist der Versorgungsträger aber, wenn er sich nur darauf beruft, dass ein von der ersten Instanz nach § 18 Abs. 1 oder 2 VersAusglG unterlassener Ausgleich von Anrechten deshalb doch durchzuführen sei, weil bei ihm kein Verwaltungsaufwand vermieden werde, was aber der Zweck des § 18 VersAusglG sei; denn § 18 VersAusglG soll zwar die Versorgungsträger vor unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand schützen, dies ist aber das generelle Motiv für die Schaffung des § 18 VersAusglG, nicht die Voraussetzung für dessen Anwendung im Einzelfall (obiter dictum).

3. Anrechte in der allgemeinen und in der knappschaftlichen Rentenversicherung sind ebenso wenig gleichartig i.S.d. § 18 Abs. 1 VersAusglG wie regeldynamische und angleichungsdynamische Anrechte.

4. § 18 Abs. 1 und Abs. 2 VersAusglG stehen in einem Rangverhältnis, nach dem Abs. 1 vorrangig zu prüfen ist.

 

Normenkette

FamFG § 59 Abs. 1; VersAusglG § 18

 

Verfahrensgang

AG Leonberg (Beschluss vom 28.03.2011; Aktenzeichen 1 F 332/10)

 

Tenor

1. Auf die Beschwerde der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Leonberg vom 28.3.2011 unter Nr. 1. der Entscheidungsformel abgeändert:

und wie folgt neu gefasst:

a) Zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See (Nr ...) wird zugunsten der Antragsgegnerin auf deren Konto bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (Nr ...) ein Anrecht i.H.v. 0,7349 knappschaftlichen Entgeltpunkten (Ost) übertragen, bezogen auf den 31.10.1991.

b) Zu Lasten des Anrechts der Antragsgegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg (Nr ...) wird zugunsten des Antragstellers auf dessen Konto bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See (Nr ...) ein Anrecht i.H.v. 1,3853 Entgeltpunkten (Ost) übertragen, bezogen auf den 31.10.1991.

c) Der Ausgleich des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See i.H.v. 0,2374 knappschaftlichen Entgeltpunkten unterbleibt.

d) Der Ausgleich des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See i.H.v. 0,6048 Entgeltpunkten unterbleibt.

e) Der Ausgleich des Anrechts des Antragstellers bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft Bahn See i.H.v. 0,6750 Entgeltpunkten (Ost) unterbleibt.

f) Der Ausgleich des Anrechts der Antraggegnerin bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg i.H.v. 0,4655 Entgeltpunkten unterbleibt.

2. Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

3. Die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Antragsteller und die Antragsgegnerin je zur Hälfte, die außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten jeweils selbst.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Beschwerdewert: 4.320 EUR

 

Gründe

I. Die zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin bestehend Ehe wurde durch Urteil des AG Leonberg vom 20.10.1993 geschieden. Die Folgesache Versorgungsausgleich war zuvor abgetrennt worden.

Während der Ehezeit i.S.d. § 3 VersAusglG vom 1.7.1987 bis 31.10.1991 (Eheschließung: 18.7.1987; Zustellung des Scheidungsantrag: 26.11.1991) haben die Ehegatten folgende Anrechte erworben:

Der Antragsteller:

1. Anrecht bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See in der knappschaftlichen Rentenversicherung

Ehezeitanteil 0,2374

knappschaftl. Entgeltpunkte Ausgleichswert 0,1187

knappschaftl. Entgeltpunkte korrespondierender Kapitalwert 625,02 EUR

2. Anrecht bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See in der knappschaftlichen Rentenversicherung

Ehezeitanteil 1,4698

knappschaftl. Entgeltpunkte (Ost) Ausgleichswert 0,7349

knappschaftl. Entgeltpunkte (Ost) korrespondierender Kapitalwert 2.075,55 EUR

3. Anrecht bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See in der allgemeinen Rentenversicherung

Ehezeitanteil 0,6048 Entgeltpunkte

Ausgleichswert 0,3024 Entgeltpunkte

korrespondierender Kapitalwert 1.201,87 EUR

4. Anrecht bei der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See

in der allgemeinen Rentenversicherung

Ehezeitanteil 0,6750 Entgeltpunkte (Ost) Ausgleichswert 0,3375 Entgeltpunkte (Ost) korrespondierender Kapitalwert 719,46 EUR

Die Antragsgegnerin:

1. Anrecht bei der Deutschen Rentenversicherung Baden-Württemberg

in der allgemeinen Rentenversicherung

Ehezeitanteil 0,4655 Entgeltpunkte

Ausgleichswert 0,2328 Entgeltpunkte

korrespondierender Kapital...

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