Leitsatz (amtlich)
1. Ein Verfahren auf Ermächtigung zur Ersatzvornahme nach § 887 ZPO wird durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners nicht nach § 240 ZPO unterbrochen, wenn der zu vollstreckende Anspruch eine Insolvenzforderung darstellt. Die Zwangsvollstreckung wird vielmehr nach § 89 InsO unzulässig.
2. Auch wenn das Werk grundsätzlich den zur Zeit der Abnahme anerkannten Regeln der Technik als vertraglichen Mindeststandard entsprechen muss, muss eine Mangelbeseitigung die zum Zeitpunkt ihrer Vornahme geltenden anerkannten Regeln der Technik und gesetzlichen Vorschriften einhalten. 3. Bei den Mehrkosten aufgrund nach Abnahme gestiegener gesetzlicher oder technischer Anforderungen an das Werk handelt es sich um keine Sowiesokosten, sondern ein dem Besteller verbleibender Mehrwert gegenüber der ursprünglich vertraglich vereinbarten Werkleistung kann nach den Grundsätzen der Vorteilsausgleichung eine Zahlungspflicht des Bestellers begründen.
Normenkette
ZPO §§ 240, 887; InsO § 89; VOB/B § 13 Nr. 5; BGB §§ 635, 637
Verfahrensgang
Tenor
Nach Erledigung der Hauptsache werden die Kosten des Verfahrens erster Instanz der Gläubigerin zu 30 % und dem Schuldner zu 70 % auferlegt. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Schuldner.
Streitwert in beiden Instanzen: 134.614,93 EUR
Gründe
I. Die Gläubigerin begehrte nach § 887 Abs. 1 ZPO die Ermächtigung zur Selbstvornahme der Verpflichtung der Insolvenzschuldnerin zur Nachbesserung der mangelhaften Leistung der Schuldnerin gemäß Urteil des LG Ulm vom 11.11.2009 - 3 O 111/08, und verlangte einen Kostenvorschuss nach § 887 Abs. 2 ZPO. In den Bauvertrag zwischen den Parteien ist die VOB/B einbezogen. Bezüglich des dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalts wird auf Ziff. I. des Beschlusses des LG Ulm vom 11.2.2011 verwiesen. Mit diesem Beschluss hat das LG Ulm die Gläubigerin zur Selbstvornahme ermächtigt und die begehrte Vorschusszahlung i.H.v. 134.614,93 EUR teilweise, nämlich i.H.v. 95.145,78 EUR zugesprochen.
Dagegen richtete sich die sofortige Beschwerde der Schuldnerin vom 25.2.2011.
Am 1.4.2011 wurde über das Vermögen der Schuldnerin das Insolvenzverfahren eröffnet und Rechtsanwalt ... zum Insolvenzverwalter über das Vermögen der Schuldnerin bestimmt. Auf eine Hinweisverfügung des Senats vom 21.4.2011 hat die Gläubigerin, nachdem der Schuldner sich zu Vergleichsüberlegungen nicht geäußert hat, das Zwangsvollstreckungsverfahren für erledigt erklärt. Auch nach Fristsetzung und Belehrung nach § 91a Abs. 1 S. 2 ZPO durch Verfügung vom 5.8.2011 hat sich der Schuldner hierzu nicht geäußert.
Das Beschwerdeverfahren wurde mit Beschluss vom 13.9.2011 wegen grundsätzlicher Bedeutung dem Senat zur Entscheidung übertragen (§ 568 S. 2 ZPO).
II.1. Durch die Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Schuldnerin ist das Zwangsvollstreckungsverfahren nicht gem. § 240 ZPO unterbrochen, sondern in der Hauptsache erledigt.
Der BGH hat entschieden, dass die Eigenart des Zwangsvollstreckungsverfahrens und die speziellen Regelungen der §§ 88 ff. InsO eine Anwendung des § 240 ZPO auf das Zwangsvollstreckungsverfahren in Bezug auf Pfändungsmaßnahmen und auf das Verfahren zur Erteilung der Vollstreckungsklausel verbieten (BGH, Beschl. v. 28.3.2007 - VII ZB 25/05, BGHZ 172, 16, juris Rz. 10 ff; Beschl. v. 14.8.2008 - VII ZB 3/0, NJW-RR 2009, 60 juris Rz. 12). Eine Überlegungsfrist für den Insolvenzverwalter ist in diesen Verfahren nicht erforderlich und würde dem Zweck der Zwangsvollstreckung widersprechen, eine möglichst rasche Befriedigung zu erlangen. Vorliegend geht es um die Vollstreckung eines Anspruchs auf Vornahme einer vertretbaren Handlung, die eine Insolvenzforderung darstellt. Auf die Vollstreckung von anderen Ansprüchen als Geldforderungen, soweit sie Insolvenzforderungen sind, und damit auch auf die Vollstreckung nach § 887 ZPO ist § 89 InsO anwendbar (vgl. Uhlenbruck, InsO, 13. Aufl., § 89 Rz. 9; Jaeger-Eckardt, InsO § 89 Rz. 26, 40 m.w.N.; Kayser in HK-InsO, 5. Aufl., § 89 Rz. 24). Die Folgen des Insolvenzverfahrens für die Zwangsvollstreckung gegen den Schuldner sind damit hier durch §§ 88 ff. InsO speziell geregelt. Daneben ist für die Anwendung von § 240 ZPO kein Raum (BGH, Beschl. v. 28.3.2007 - VII ZB 25/05, BGHZ 172, 16, juris Rz. 10).
Die Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung nach § 89 InsO ist von Amts wegen zu beachten und hätte dazu führen müssen, dass im Beschwerdeverfahren der angegriffene Beschluss des LG Ulm vom 11.2.2011 allein wegen der Wirkung des § 89 InsO ohne weitere sachliche Prüfung aufgehoben und der Antrag als derzeit unbegründet zurückgewiesen wird. Damit ist durch die Insolvenzeröffnung über das Vermögen der Schuldnerin das Verfahren in der Hauptsache erledigt.
2. Vor diesem Hintergrund hat die Gläubigerin das Zwangsvollstreckungsverfahren für erledigt erklärt und eine Kostenentscheidung zu Lasten des Schuldners beantragt.
Mit Verfügung des Senats vom 5.8.2011 wurde dem Schuldner eine Fr...