Verfahrensgang
AG Stuttgart (Aktenzeichen 21 F 1209/17) |
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Annehmenden wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Stuttgart vom 01.03.2018, Az. 21 F 1209/17,
abgeändert.
1. Frau C..., geboren am ...1990 in ..., Rumänien, Staatsangehörigkeit: Deutsch, wohnhaft ...
- Anzunehmende -
wird von Frau S..., geboren am ...1960 in ..., Rumänien, Staatsangehörigkeit: deutsch, wohnhaft ...
- Annehmende -
als Kind angenommen.
2. Die Wirkungen der Annahme richten sich nach § 1770 BGB.
3. Frau C...erhält als Geburtsnamen den Familiennamen "...".
4. Die Kosten des ersten Rechtszugs tragen die Annehmende und die Anzunehmende zu gleichen Teilen.
5. Der Verfahrenswert wird auf 186.000,00 EUR festgesetzt.
II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen die Annehmende und die Anzunehmende zu gleichen Teilen.
III. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 186.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Annehmende und die Anzunehmende, beides deutsche Staatsangehörige, begehren den Ausspruch einer Volljährigenadoption.
1. a) Die am ....1960 geborene, ledige und kinderlose Annehmende ist die Schwester des Vaters der am ....1990 geborenen, ledigen Anzunehmenden und damit deren Tante. Sie ist von Beruf Professorin.
Die Anzunehmende hat eine am ....2016 geborene Tochter. Sie ist Studentin; sie führt einen eigenen Haushalt.
Die Annehmende und die Anzunehmende haben mit notariell beurkundetem Antrag vom 20.06.2017, der am 10.07.2017 beim Amtsgericht Stuttgart eingegangen ist, die Annahme der Anzunehmenden als Kind der Annehmenden beantragt. Sie haben beide beantragt, mit dem Ausspruch zu bestimmen, dass die Wirkungen der Annahme sich nach den Vorschriften über die Annahme eines Volljährigen (§§ 1767 ff. BGB) richten. Die Anzunehmende solle als Geburtsnamen den Familiennamen "..." erhalten und diesen zukünftig führen.
Zur Begründung ihres Antrags haben die Annehmende und die Anzunehmende angegeben, dass zwischen ihnen ein Eltern-Kind-Verhältnis bestehe. Seit früher Kindheit der Anzunehmenden bestehe ein sehr enger Kontakt zwischen beiden. Die Anzunehmende habe sich ungefähr ab dem Jahr 2004 auch oft im Haushalt der Annehmenden aufgehalten. Die Annehmende habe die Anzunehmende bei den Hausaufgaben und später bei Arbeiten für das Studium unterstützt. Die Anzunehmende habe auch einen eigenen Schlüssel zur Wohnung der Annehmenden. Die Annehmende habe die Anzunehmende auch in einer schweren persönlichen Lage unterstützt, als im Jahr 2015 der Bruder der Anzunehmenden Suizid begangen habe. Während die Eltern der Anzunehmenden damals kaum in der Lage gewesen seien, die schwierige Situation zu meistern, habe die Anzunehmende Halt bei der Annehmenden, die sich auch um die Formalitäten gekümmert habe, gefunden. Auch als die Anzunehmende im Jahr 2015 schwanger geworden sei, habe die Annehmende sie in dieser Lebenssituation unterstützt. Gemeinsam mit den Eltern der Anzunehmenden habe die Annehmende dafür gesorgt, dass die Anzunehmende trotz Kleinkind habe studieren können. Die Mutter der Anzunehmenden habe die Betreuung des Kindes übernommen, während die Annehmende Hilfe zum Studium geleistet habe. Weiter haben die Annehmende und die Anzunehmende auch schon mehrfach gemeinsame Urlaube im Ausland verbracht. Auch finanziell habe die Annehmende die Anzunehmende unterstützt. So habe sie ihr ein Fahrzeug nach Erwerb des Führerscheins zukommen lassen und einen Teil der Wohnung der Anzunehmenden finanziert.
Die Anzunehmende hat angegeben, dass sie der Annehmenden zurückgeben möchte, was sie von dieser an Fürsorge erhalten habe. Sie sei dazu bereit, sich um diese zu kümmern, sofern dies erforderlich werden sollte.
Die Anzunehmende ist im elterlichen Haushalt aufgewachsen, den sie im Alter von 16 Jahren verlassen hat. Sie hat nach eigenen Angaben eine intakte Beziehung zu ihren leiblichen Eltern.
Die Eltern der Anzunehmenden haben mit notariell beurkundeter Erklärung vom 20.06.2017 in die beantragte Annahme als Kind ausdrücklich eingewilligt.
b) Das Amtsgericht hat die beiden Beteiligten persönlich angehört.
Mit Beschluss vom 01.03.2018 hat das Amtsgericht Stuttgart den Adoptionsantrag zurückgewiesen.
Das Amtsgericht ging davon aus, dass die geplante Volljährigenadoption sittlich nicht gerechtfertigt sei (§ 1767 BGB). Es bestünden Zweifel daran, dass zwischen den Beteiligten bereits ein Eltern-Kind-Verhältnis entstanden sei bzw. in der Zukunft noch entstehen werde. Zwischen den Beteiligten bestehe eine sehr gute verwandtschaftliche Bindung, die jedoch nicht die Qualität eines Eltern-Kind-Verhältnisses besitze, sondern ein Tante-Nichte-Verhältnis bleibe. Gegen das Bestehen eines Eltern-Kind-Verhältnisses spreche als Indiz insbesondere bereits die ungestörte, intakte Beziehung der Anzunehmenden zu ihren leiblichen Eltern. Auch wenn rechtlich gesehen bei einer Volljährigenadoption dem Anzunehmenden seine leiblichen Eltern erhalten bleiben, sei das Hinzutreten eines weiteren Elternteils in der persönlichen Beziehungsebene angesichts de...