Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe: Bewertung von Leistungen nach dem SGB II
Leitsatz (amtlich)
Leistungen nach dem SGB II sind nach § 115 ZPO zu berücksichtigendes Einkommen der Partei, der sie zuzuordnen sind.
Normenkette
ZPO § 115
Verfahrensgang
AG Heidenheim (Beschluss vom 18.09.2007; Aktenzeichen 4 F 402/07) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Bezirkrevisors beim LG Ellwangen wird der Beschluss des AG Heidenheim - FamG - vom 18.9.2007 (4 F 402/07) dahingehend abgeändert, dass die Antragstellerin ab 1.4.2008 monatliche Raten i.H.v. 45 EUR auf die Prozesskosten an die Landeskasse zu bezahlen hat.
2. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
1. Durch den angefochtenen Beschluss hat das FamG der Antragstellerin für ein Verfahren zur Regelung der elterlichen Sorge Prozesskostenhilfe unter Beiordnung ihrer Verfahrensbevollmächtigten ohne Ratenzahlungsverpflichtung bewilligt. Gegen diese Entscheidung hat der Bezirksrevisor beim LG Ellwangen am 12.11.2007 Beschwerde eingelegt, mit der er das Ziel verfolgt, dass der Antragstellerin die Zahlung monatlicher Raten i.H.v. 45 EUR auf die Prozesskosten auferlegt werde. Er macht geltend, die Antragstellerin verfüge über Arbeitseinkommen i.H.v. 693 EUR monatlich, das Kindergeld i.H.v. 154 EUR und über monatliche Leistungen des Job-Centers i.H.v. 483 EUR, so dass sich nach den zu berücksichtigenden Abzügen gem. § 115 Abs. 1 Satz 3 ZPO ein einzusetzendes Einkommen von 119 EUR ergebe.
Das FamG hat der Beschwerde nicht abgeholfen. Es ist der Auffassung, dass die SGB II-Leistungen als Grundsicherung für den Arbeitssuchenden dazu dienen, seinen Lebensunterhalt zu sichern (§ 4 Abs. 1 Ziff. SGB II) und nicht zur Zahlung von Prozesskosten herangezogen werden können. Die Antragstellerin schließt sich dieser Rechtsauffassung an.
2. Gegen die ohne Ratenzahlungsanordnung erfolgte Bewilligung der Prozesskostenhilfe findet gem. § 127 Abs. 3 Satz 1 ZPO die sofortige Beschwerde der Staatskasse statt. Sie ist fristgerecht eingelegt, nachdem der Beschluss vom 18.9.2007 der Staatskasse nicht von Amts wegen mitgeteilt worden ist, und auch im Übrigen zulässig, weil sie darauf gestützt wird, dass die Partei nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Raten auf die Prozesskosten zu leisten hat (§ 127 Abs. 3 Sätze 2-5 ZPO). In der Sache führt die sofortige Beschwerde zu einer Abänderung der Entscheidung dahingehend, dass die Antragstellerin auf die Prozesskosten ab 1.4.2008 monatliche Raten von 45 EUR zu bezahlen hat.
3. Bei der Ermittlung, ob einer Partei Prozesskostenhilfe mit oder ohne Ratenzahlung zu bewilligen ist, ist von ihrem Einkommen auszugehen, welches sie grundsätzlich einzusetzen hat; dabei gehören zum Einkommen alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert (§ 115 Abs. 1 Satz 1 und 2 ZPO). Nach den vorgelegten Bezügemitteilungen hat die Antragstellerin im Zeitraum 1/07 bis 6/07 monatliche Nettoeinkünfte von 592 EUR (gerundet) erzielt. Hinzu kommt das von ihr bezogene Kindergeld i.H.v. 154 EUR monatlich für den bei ihr lebenden Sohn (§ 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII; BGH FamRZ 2005, 605). Darüber hinaus erhält die Antragstellerin über das Job-Center H. monatliche SGB II-Leistungen i.H.v. 483 EUR, die sich zusammensetzen aus Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Antragstellerin i.H.v. 193,80 EUR und aus Kosten für Unterkunft und Heizung für sie und das Kind i.H.v. 289,20 EUR (vgl. Bescheid vom 11.5.2007 im PKH-Heft).
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II sind als Einkommen i.S.d. § 115 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu behandeln, auch wenn sie neben der Eingliederung der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in Arbeit zur Sicherung des Lebensunterhalts dienen (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 SGB II). Soweit nach § 22 SGB II Leistungen für Unterkunft und Heizung erbracht werden, sind diese an die Stelle des früheren Wohngeldes nach dem Wohngeldgesetz getreten, welches grundsätzlich als Einkommen i.S.d. § 115 ZPO behandelt worden ist (h.M., Zöller/Philippi, 26. Aufl., § 115 ZPO Rz. 15 mir Rechtsprechungsnachweisen). Der Senat ist der Auffassung, dass dies auch für die Regelleistung zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 20 SGB II gilt. Es kann nicht darauf ankommen, dass es sich hierbei um eine staatliche Leistung handelt (so aber OLG Karlsruhe FamRZ 2007, 155). Bliebe die SGB II-Leistung außer Betracht, würde die Partei deutlich besser gestellt als eine Partei, die als Arbeitnehmer Einkünfte in gleicher Höhe beziehen würde. Anders als § 2 Abs. 2 Satz 2 SGB XII, der ausdrücklich bestimmt, dass Leistungen anderer Träger (z.B. des Justizfiskus) nicht deshalb versagt werden dürfen, weil nach dem Recht der Sozialhilfe entsprechende Leistungen vorgesehen sind, bestimmt § 5 Abs. 1 SGB II lediglich, dass (auf Rechtsvorschriften) beruhende Leistungen anderer Träger durch die im SGB II vorgesehenen Leistungen nicht berührt werden. Hieraus kann ein Grundsatz, wonach nach dem SGB II gewährte Leistungen im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht herangezogen...