Leitsatz (amtlich)
Die Vertretung eines Kindes durch einen beauftragten Rechtsanwalt geht im Kindschaftsverfahren der Unterstützung durch einen Verfahrensbeistand vor. Im Falle der nachträglichen Beauftragung eines Rechtsanwaltes ist die Bestellung eines zuvor bestimmten Verfahrensbeistandes gem. § 158 Abs. 5 FamFG aufzuheben
Normenkette
BGB § 1671; FamFG § 78 Abs. 2, § 158
Verfahrensgang
AG Crailsheim (Beschluss vom 21.11.2013; Aktenzeichen 2 F 328/13) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten E. H. wird der Beschluss des AG - Familiengericht - Crailsheim vom 21.11.2013 - 2 F 328/13 - abgeändert.
Der Beteiligten E. H. wird ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für den ersten Rechtszug mit Wirkung zum 23.10.2013 bewilligt.
Ihr wird Rechtsanwältin S. zu den Bedingungen einer im Bezirk des Familiengerichts Crailsheim niedergelassenen Rechtsanwältin beigeordnet.
Gründe
I. Die Beschwerdeführerin ist am 0.8.1999 geboren. Sie ist das leibliche Kind der Beteiligten S. und R. H., die die elterliche Sorge gemeinsam ausüben.
Im vorliegenden Verfahren beantragte die Mutter die Übertragung der elterlichen Sorge für die Beschwerdeführerin und ihre Schwester K., geboren am 0.2.2001, auf sich. Das Familiengericht bestellte beiden Kindern eine Verfahrensbeiständin und führte am 2.10.2013 die Anhörung der Eltern, der Kinder, der Verfahrensbeiständin und des Jugendamtes durch. Es unterbreitete sodann den Beteiligten den Vorschlag, neben weiteren flankierenden Vereinbarungen lediglich die Gesundheitsfürsorge auf die Mutter zu übertragen und es im Übrigen bei der gemeinsamen elterlichen Sorge zu belassen.
Am 23.10.2013 beantragte das Kind E. H. Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung einer Anwältin.
Nachdem beide Eltern der vorgeschlagenen Regelung hinsichtlich der elterlichen Sorge zugestimmt hatten, stellte das Familiengericht durch Beschluss vom 17.12,2013 gem. §§ 36 Abs. 3 FamFG, 278 Abs. 6 ZPO das Zustandekommen eines Vergleichs über die Ausübung der Gesundheitssorge durch die Mutter fest. Das Familiengericht billigte die Vereinbarung und machte sie sich zu eigen.
Den Antrag auf Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe und Beiordnung einer Anwältin zugunsten des Kindes E. wies das Familiengericht zurück.
Hiergegen wendet sie sich mit der sofortigen Beschwerde.
II. Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Die Beiordnung eines Anwalts in familienrechtlichen Verfahren, welche nicht Streitverfahren sind, richtet sich nach § 78 Abs. 2 FamFG. Danach wird einem Beteiligten auf seinen Antrag hin ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beigeordnet, wenn wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage die Vertretung durch einen Rechtsanwalt erforderlich erscheint. Dies ist stets dann der Fall, wenn davon auszugehen ist, dass ein an einem gerichtlichen Verfahren Beteiligter seine Rechte nicht selbst wahrnehmen kann.
Davon ist vorliegend das Familiengericht bei der Beschwerdeführerin ausgegangen. Obwohl sie im Sorgerechtsverfahren selbst verfahrensfähig ist, § 9 Abs. 1 Nr. 3 FamFG, hat ihr das Familiengericht eine Verfahrensbeiständin beigeordnet und somit zum Ausdruck gebracht, dass es das Kind in nicht für befähigt erachtet, seine Interessen selbst wahrzunehmen. Somit liegen nach dem Eindruck des Familiengerichts, welchen der Senat mangels abweichender Erkenntnisse seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat, grundsätzlich auch die Voraussetzungen des § 78 Abs. 2 FamFG vor.
Sofern dies der Fall ist, geht die Vertretung eines beteiligten Kindes nach der eindeutigen gesetzlichen Regelung des § 158 Abs. 5 FamFG der Unterstützung durch einen Verfahrensbeistand vor. Die Verfahrensbeistandschaft ist nach dieser Vorschrift aufzuheben, wenn die Voraussetzungen für die Bestellung eines Verfahrensbeistandes nicht mehr vorliegen. Dies liegt insbesondere dann vor, wenn die Interessen des Kindes von einem Rechtsanwalt angemessen vertreten werden, was auch bei einer nachträglichen Beauftragung der Fall sein kann (Prütting/Helms/Hammer, FamFG, 3. Aufl. 2014, Rz. 53 zu § 158).
Die Beiordnung der Rechtsanwältin gibt dem Kind Gelegenheit, sich als eigenständige Verfahrensbeteiligte vor einer verfahrensabschließenden Entscheidung des Familiengerichts nach § 1671 Abs. 1 Nr. 1 BGB zu der von den Eltern im "Vergleich" vorgeschlagenen übereinstimmenden Regelung zu äußern.
Gemäß §§ 76 FamFG, 127 Abs. 4 ZPO findet eine Kostenerstattung nicht statt.
Fundstellen
Haufe-Index 6753679 |
FamRZ 2014, 1482 |
FamRB 2014, 373 |