Entscheidungsstichwort (Thema)

Versorgungsausgleich: Berücksichtigung von Veränderungen zwischen Ehezeitende und der Entscheidung über den Versorgungsausgleich

 

Leitsatz (amtlich)

Bei der Beurteilung der Frage, welche Veränderungen zwischen Ehezeitende und Entscheidung über den Versorgungsausgleich zu berücksichtigen sind, steht der zu § 1587a Abs. 2 Nr. 2 BGB ergangenen Rechtsprechung (BGH, 12. ZS, Beschl. v. 22.6.2005 - XII ZB 117/03) der Wortlaut des § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG entgegen, weshalb es der Ausgleichsberechtigte mitzutragen hat, wenn eine tatsächliche Veränderung dadurch eintritt, dass der Ausgleichsverpflichtete nach Ehezeitende vorzeitig Altersruhegeld bezieht und sich der Ausgleichswert einer berufsständischen Versorgung dadurch verringert.

 

Normenkette

VersAusglG § 5 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

AG Esslingen (Beschluss vom 15.07.2010; Aktenzeichen 2 F 891/09)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 07.03.2012; Aktenzeichen XII ZB 599/10)

 

Tenor

1. Die Beschwerde der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte gegen den Beschluss des AG Esslingen vom 15.7.2010 wird zurückgewiesen.

2. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des AG Esslingen vom 15.7.2010 wird zurückgewiesen.

3. Beschwerdeführerin und Anschlussbeschwerdeführerin tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens je zur Hälfte. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens: 1.410 EUR

 

Gründe

I. Die Eheleute wurden durch Urteil des AG Esslingen vom 11.2.2010 geschieden.

Das AG hatte zunächst aufgrund der mitgeteilten Ehedaten hinsichtlich einer Ehezeit vom 1.7.1991 bis zum 31.8.2009 Auskünfte bei den Versorgungsträgern nach dem bis zum 31.8.2009 geltenden Recht eingeholt. Danach hat der Antragsgegner bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte während der Ehezeit eine Anwartschaft einer monatlichen Altersrente von 1.069,23 EUR erworben. In der mündlichen Verhandlung vom 11.2.2010 ergab sich aufgrund der nunmehr vorgelegten Heiratsurkunde, dass die Ehezeit bereits am 1.6.1991 begonnen hatte. Die Folgesache Versorgungsausgleich wurde abgetrennt und die Ehe geschieden. Bei Einholung der Auskünfte gemäß dem ab 1.9.2009 geltenden VersAusglG teilte die Baden-Württembergische Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte am 8.4.2010 mit, dass der Antragsteller während der Ehezeit eine Anwartschaft einer Monatsrente von 985,60 EUR erworben hat. Seit 1.1.2010 bezieht er vorgezogenes Altersruhegeld.

Das AG Esslingen hat durch Beschluss vom 15.7.2010, der im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO ergangen ist, u.a. im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte Nr. 4794150/00 zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe der Hälfte von 985,60 EUR, nämlich von 492,80 EUR monatlich, bezogen auf den 31.8.2009, übertragen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte, der sich die Antragsgegnerin angeschlossen hat.

Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass das Familiengericht zu Unrecht den von der Versorgungsanstalt mit Schreiben vom 8.4.2010 mitgeteilten Ehezeitanteil einer Monatsrente von 985,69 EUR und den sich daraus ergebenden Vorschlag für den Ausgleichswert i.H.v. 492,80 EUR übernommen hat, in dem der aufgrund des vorgezogenen Altersruhegeldes enthaltene Abschlag in der Versorgungsrente des Antragstellers enthalten ist. Anstelle des zugrunde gelegten Ausgleichswertes von 492,80 EUR müsse ein Ausgleichswert von 536,23 EUR als Monatsrente zugrunde gelegt werden, weil von einer in der Ehezeit erworbenen Monatsrente von 1.027,47 EUR auszugehen sei. Die im Falle des vorgezogenen Bezuges von Altersruhegeld eingetretene Kürzung bei der Ermittlung des Ehezeitanteils sei nicht zu berücksichtigen, weil diese nach der Ehezeit eingetreten ist.

Die Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte als Beschwerdeführerin beantragt,

den Beschluss des AG Esslingen vom 15.7.2010 in Ziff. 1 Abs. 1 abzuändern und wie folgt neu zu fassen:

1. Im Weg der internen Teilung wird zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte (Verwaltungs-Nr. X) zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht i.H.v. 536,23 EUR monatlich, bezogen auf den 31.8.2009, übertragen.

Diesem Antrag hat sich die Antragsgegnerin angeschlossen.

Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Es fehle bereits an einer Beschwerdebegründung der Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte.

II. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere statthaft gem. § 58 FamFG sowie innerhalb der Frist des § 63 FamFG eingelegt.

Die am Versorgungsausgleich gem. § 219 FamFG beteiligte Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte ist beschwerdebe...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge