Leitsatz
Die Ehe der Parteien wurde durch Urteil des AG vom 11.2.2010 geschieden. In der mündlichen Verhandlung vom 11.2.2010 wurde die Folgesache Versorgungsausgleich abgetrennt. Bei Einholung der Auskünfte gemäß dem ab 1.9.2009 geltenden VersAusglG teilte die Baden-Württembergische Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte am 8.4.2010 mit, dass der Antragsteller während der Ehezeit eine Anwartschaft einer Monatsrente von 985,60 EUR erworben habe. Seit dem 1.1.2010 bezog er vorgezogenes Altersruhegeld.
Das AG hat durch Beschluss vom 15.7.2010 u.a. im Wege der internen Teilung zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe der Hälfte von 985,60 EUR, nämlich 492,80 EUR, monatlich, bezogen auf das Ende der Ehezeit übertragen.
Gegen diesen Beschluss richtete sich die Beschwerde der Baden-Württembergischen Versorgungsanstalt, der sich die Antragsgegnerin angeschlossen hatte.
Die Beschwerdeführerin vertrat die Auffassung, dass das Familiengericht zu Unrecht den von der Versorgungsanstalt mit Schreiben vom 8.4.2010 mitgeteilten Ehezeitanteil übernommen habe, indem der aufgrund des vorgezogenen Altersruhegeldes enthaltene Abschlag in der Versorgungsrente des Antragstellers enthalten sei. Anstelle des zugrunde gelegten Ausgleichswertes von 492,80 EUR müsse ein Ausgleichswert von 536,23 EUR als Monatsrente zugrunde gelegt werden, weil von einer in der Ehezeit erworbenen Monatsrente von 1.027,47 EUR auszugehen sei.
Die im Fall des vorgezogenen Bezuges von Altersruhegeld eingetretene Kürzung bei der Ermittlung des Ehezeitanteils sei nicht zu berücksichtigen, weil diese nicht in der Ehezeit eingetreten sei.
Das Rechtsmittel erwies sich als nicht begründet.
Sachverhalt
Siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Das OLG hat die Entscheidung des AG inhaltlich bestätigt und zunächst darauf hingewiesen, dass auf das Verfahren über den Versorgungsausgleich gemäß Art. 111 Abs. 4 FGG-RG das VersAusglG Anwendung finde, da dieses Verfahren vom Scheidungsverfahren abgetrennt worden sei.
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung sei gemäß § 5 Abs. 2 S. 1 VersAusglG der Stichtag des Ehezeitendes. Gemäß § 5 Abs. 2 S. 2 VersAusglG seien rechtliche oder tatsächliche Veränderungen nach dem Ende der Ehezeit, die auf den Ehezeitanteil zurückwirkten, in der Ausgangsentscheidung zu berücksichtigen.
Der Gesetzgeber sei der bisherigen Rechtsprechung gefolgt, nach der aus Gründen der Prozessökonomie nach der Ehezeit eingetretene Entwicklungen, die auf einer Veränderung individueller Umstände beruhten und nach § 10a VAHRG zu einer späteren Abänderung führen würden, bereits im Erstverfahren zu berücksichtigen seien (vgl. BGH FamRZ 1988, 1148, 1150).
Darüber hinaus enthalte § 5 Abs. 2 VersAusglG auch eine Regelung der Frage, welche Veränderungen berücksichtigt werden müssten.
Entscheidend sei, ob die Veränderungen nach dem Ehezeitende auf den Ehezeitanteil zurückwirkten. Wenn kein Bezug zum ehezeitlichen Erwerb bestehe, habe die Veränderung keinen Einfluss auf den Versorgungsausgleich, denn die bei Ehezeitende gegebene Bemessungsgrundlage einer Versorgung bleibe stichtagsbezogen festgeschrieben.
Dagegen wirkten sich tatsächliche Veränderungen, die auf individuellen Umständen beruhten, auf den Ehezeitanteil aus und müssten berücksichtigt werden.
Im vorliegenden Fall handele es sich bei dem Absenken der Versorgung durch vorgezogenes Altersruhegeld um eine tatsächliche Veränderung, die die Ausgleichsberechtigte auch im Fall einer intakten und fortgeführten Ehe bei einer vorzeitigen Versetzung in den Ruhestand mit zu tragen hätte.
Sie müsse daher auch bei Durchführung des Versorgungsausgleichs mitgetragen werden, da anderenfalls der Grundsatz der Halbteilung verletzt würde.
Link zur Entscheidung
OLG Stuttgart, Beschluss vom 21.10.2010, 17 UF 222/10