Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe: Aufhebung des bewilligenden Beschlusses gem. § 124 Nr. 4 ZPO wegen rückständiger Ratenzahlung
Leitsatz (redaktionell)
Gewährte Prozesskostenhilfe ist gem. § 124 Nr. 4 ZPO aufzuheben, wenn der Antragsteller mit der Zahlung einer Monatsrate länger als drei Monate in Rückstand gerät und diesen Rückstand verschuldet hat.
Normenkette
ZPO § 114 Abs. 1, 4, § 124 Nr. 4
Verfahrensgang
AG Nagold (Beschluss vom 12.04.2006; Aktenzeichen F 103/02 Uki) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung durch Beschluss des Rechtspflegers des AG Nagold - FamG - vom 12.4.2006 - F 103/02 Uki, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Gerichtskosten. Im Übrigen werden die Kosten des Beschwerdeverfahrens nicht erstattet.
Gründe
I. Mit Beschluss des AG Nagold vom 25.5.2004 wurden dem Kläger im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung gem. § 120 Abs. 4 ZPO monatliche Raten von 60 EUR ab 1.7.2004 auferlegt. Auf die sofortige Beschwerde des Klägers ermäßigte das OLG Stuttgart mit Beschluss vom 15.10.2004 die Ratenhöhe auf 30 EUR. Die hiergegen beim BGH eingelegte Rechtsbeschwerde wurde durch den Kläger am 16.1.2006 zurückgenommen, nachdem der BGH mit Beschluss vom 21.12.2005 den Antrag des Klägers auf Prozesskostenhilfe abgelehnt hatte, weil die zu erwartenden Kosten vier Monatsraten von 60 EUR voraussichtlich nicht übersteigen würden (§ 115 Abs. 1 und 4 ZPO).
Der Kläger leistete keinerlei Zahlungen, weswegen ihm mit Schreiben vom 15.3.2006 angedroht wurde, die Prozesskostenhilfe gem. § 124 Nr. 4 ZPO aufzuheben, da er länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate im Rückstand sei. Eine Stellungnahmefrist wurde ihm gesetzt bis zum 31.3.2006.
Eine Zahlung erfolgte wiederum nicht, vielmehr berief sich der Kläger mit Schreiben vom 25.3.2006, eingegangen am 31.3.2006, darauf, dass sich seine wirtschaftliche Lage so verändert habe, dass die Ratenzahlungspflicht nunmehr aufzuheben sei. Selbst der BGH habe eine monatliche Rate von 30 EUR festgestellt bzw. empfohlen und dabei eine Gehaltsminderung und eine monatliche Belastung der LV-Versicherung noch nicht berücksichtigt.
Hierauf wurde nach Beteiligung der Bezirksrevisorin beim LG Tübingen durch Beschluss des Rechtspflegers vom 12.4.2006 die dem Kläger bewilligte Prozesskostenhilfe mit monatlichen Raten von 30 EUR aufgehoben, weil er länger als drei Monate mit der Zahlung einer Monatsrate im Rückstand war (§ 124 Nr. 4 ZPO).
Dieser Beschluss wurde dem Kläger zugestellt am 18.4.2006.
Er legte hiergegen mit Schreiben vom 12.5.2006, eingegangen am 16.5.2006 sofortige Beschwerde ein. Diese begründet er im Wesentlichen damit, dass das AG das ihm eingeräumte Ermessen bei der Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung nicht, zumindest nicht erkennbar ausgeübt habe und zudem Abzugspositionen von Anfang an nicht berücksichtigt worden seien, weswegen ein Wegfall der Ratenzahlung "ab dem Bewilligungsbeschluss" zu erfolgen habe. Im Übrigen seien von ihm unter Vorbehalt die laut Tilgungsplan ausstehenden 630 EUR am 30.4.2006 an die LOK überwiesen worden, nachdem er sich den Betrag bei seinen Eltern geliehen habe.
II. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 127 Abs. 2, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 ZPO). Sie ist aber in der Sache nicht begründet.
Die Aufhebung der Prozesskostenhilfebewilligung mit monatlichen Raten von 30 EUR ist gem. § 124 Nr. 4 ZPO zu Recht erfolgt.
Durch den Beschluss des AG Nagold vom 25.5.2004 war im Rahmen der Prozesskostenhilfebewilligung die Ratenhöhe gem. § 120 Abs. 4 ZPO zunächst auf 60 EUR festgesetzt worden mit Zahlungsbeginn zum 1.7.2004.
Auf die sofortige Beschwerde des Klägers wurden die monatlich von ihm zu zahlenden Raten durch Beschluss des OLG Stuttgart vom 15.10.2004 auf 30 EUR reduziert. Die hiergegen beim BGH eingelegte Rechtsbeschwerde wurde durch den Kläger am 16.1.2006 zurückgenommen.
Obwohl weder die sofortige Beschwerde (§ 570 Abs. 1 ZPO) noch die Rechtsbeschwerde (§ 575 Abs. 5 ZPO i.V.m. § 570 Abs. 1 ZPO) eine aufschiebende Wirkung haben, wurden vom Kläger die festgesetzten Raten nicht bezahlt. Damit lag der von § 124 Nr. 4 ZPO geforderte Zahlungsrückstand vor.
Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe darf jedoch nicht aufgehoben werden, wenn die Nichtzahlung der Raten nicht auf einem Verschulden des Bedürftigen beruht. Das Verschulden ist dabei unabhängig von den Feststellungen und Bewertungen des ursprünglichen Bewilligungsbeschlusses zu prüfen. Jedenfalls für diese Verschuldensprüfung erwachsen die der früheren Anordnung zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen nach allgemeinen Regeln nicht in Rechtskraft. Das Gericht darf die Bewilligung also nicht allein mit der Begründung aufheben, der Bedürftige habe keine nachträgliche Änderung der Verhältnisse dargetan. Vielmehr hat das Gericht grundsätzlich auch neuen Vortrag darüber zu berücksichtigen, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse des Bedürftigen von Anfang an ungünstiger waren als vom Gericht angenommen (BGH ...