Leitsatz (amtlich)

Einem Streithelfer steht im selbständigen Beweisverfahren - wie im Hauptsacheverfahren - die sofortige Beschwerde gegen die gerichtliche Entscheidung, ein von ihm beantragtes schriftliches Ergänzungsgutachten nicht einzuholen, nicht zu.

 

Normenkette

ZPO §§ 67, 355, 379, 397, 402, 411, 485, 492, 567

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 20 OH 4/16)

 

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Streithelfers S. gegen den Beschluss der 20. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 19.01.2018 wird als unzulässig verworfen.

2. Der Streithelfer S. hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

 

Gründe

I. Mit Verfügung vom 09.11.2017 setzte das Landgericht im vorliegenden selbstständigen Beweisverfahren den Beteiligten Frist zur Stellung von Anträgen und Ergänzungsfragen zum eingeholten schriftlichen Sachverständigengutachten bis 30.11.2017. Am 29.11.2017 reichte der Streithelfer S. vom Sachverständigen schriftlich zu beantwortende Ergänzungsfragen ein. Mit Verfügung vom 01.12.2017 forderte das Landgericht den Streithelfer S. unter Abhängigmachen der Beauftragung des Sachverständigen hiervon zur Erbringung eines Gebührenvorschusses von 500,00 EUR bis 22.12.2017 auf. Mit Verfügung vom 29.12.2017 wies das Landgericht darauf hin, dass das selbstständige Beweisverfahren beendet sei, nachdem der Vorschuss und weitere Anträge nicht eingegangen seien und gab Gelegenheit, binnen zwei Wochen zur beabsichtigten Wertfestsetzung Stellung zu nehmen. Mit Schriftsatz vom 18.01.2018 widersprach der Streithelfer S. unter Hinweis darauf, dass Antragsteller und Antragsgegner für die Fragen ihrer Streithelfer vorschusspflichtig seien. Mit Beschluss vom 19.01.2018 traf das Landgericht die Feststellung, dass das selbstständige Beweisverfahren beendet sei und setzte den Streitwert auf 22.000,00 EUR fest. Gegen diesen Beschluss legte der Streithelfer S. am 26.01.2018 sofortige Beschwerde ein und widersprach der Beendigung des Verfahrens vor Beantwortung der gestellten Ergänzungsfragen.

II. Die sofortige Beschwerde wurde zwar form- und fristgerecht eingelegt, war aber mangels Statthaftigkeit als unzulässig zu verwerfen (§ 572 Abs. 2 ZPO).

Die sofortige Beschwerde findet nach § 567 Abs. 1 ZPO nur statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amts- und Landgerichte, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist. Die erstgenannte Alternative liegt mangels einer entsprechenden gesetzlichen Regelung nicht vor. Ebenso wenig sind die Voraussetzungen der zweiten Alternative erfüllt.

Die Frage, inwieweit gegen einzelne Entscheidungen, die im selbstständigen Beweisverfahren ergehen, die sofortige Beschwerde gegeben ist, wird in Rechtsprechung und Literatur nicht einheitlich beantwortet. So hat der Bundesgerichtshof die sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Antrags auf Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung seines Gutachtens für zulässig erachtet (BGH, Beschluss vom 13.09.2005 - VI ZB 84/04, BGHZ 164, 94). Andererseits hat er entschieden, dass gegen die gerichtliche Anforderung eines Auslagenvorschusses im selbstständigen Beweisverfahren - wie auch im Hauptsacheverfahren - ein Rechtsmittel nicht gegeben ist (BGH, Beschluss vom 03.03.2009 - VIII ZB 56/08, NJW-RR 2009, 1433) und ebenso wenig gegen die im selbstständigen Beweisverfahren ergangene Entscheidung, mit der ein Antrag auf Einholung eines weiteren Gutachtens gemäß § 412 ZPO zurückgewiesen worden ist (BGH, Beschluss vom 09.02.2010 - VI ZB 59/09, MDR 2010, 767; Beschluss vom 20.04.2011 - VII ZB 42/09, MDR 2011, 746 und Beschluss vom 17.08.2011 - VIII ZB 57/10; WuM 2012, 47).

Daraus ergibt sich, dass die hier vorliegende Entscheidung des Landgerichts, der unterstützten Partei die Vorschusserbringung für ein vom Streithelfer beantragtes schriftliches Ergänzungsgutachten nicht aufzugeben und das Gutachten nicht einzuholen, nicht anfechtbar ist. Der Streithelfer hat aufgrund der Zulässigkeit der Streitverkündung im selbstständigen Beweisverfahren als Nebenintervenient gemäß § 67 ZPO alle, aber auch nur die der Hauptpartei zustehenden Rechte, soweit er sich nicht in Widerspruch zum Willen der von ihm unterstützten Partei setzt (BGH, Urteil vom 05.12.1995 - VII ZR 108/95, BGHZ 134, 190 und Beschluss vom 23.07.2009 - VII ZB 3/07). Er kann keine weitergehenden Rechte haben als die von ihm unterstützte Hauptpartei, der ein Recht, die Entscheidung anzufechten, mit der die Einholung eines schriftlichen Ergänzungsgutachtens abgelehnt und die Beendigung des Beweisverfahrens festgestellt wurde, nicht zusteht. Antragsteller und Antragsgegner des selbstständigen Beweisverfahrens können den erwähnten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zufolge weder die Auferlegung eines Kostenvorschusses noch eine Entscheidung, durch welche die beantragte Einholung eines neuen Gutachtens abgelehnt wurde,...

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