Normenkette

ZPO §§ 355, 397, 402, 411, 485, 492

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 15 OH 6/00)

 

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird Nr. 3 des Beschlusses des LG Stuttgart vom 1.3.2002 – 15 OH 6/00 – aufgehoben.

2. Soweit mit der sofortigen Beschwerde die Ablösung des Sachverständigen begehrt wird und der Sachverständige abgelehnt wird, wird sie verworfen. Im Übrigen wird sie zurückgewiesen.

Beschwerdewert: bis 1.200 Euro.

Wert für Gebühr nach KV Nr. 1957: bis 600 Euro.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde hat teilweise Erfolg.

I. Im selbstständigen Beweisverfahren holte das LG auf Antrag der Beschwerdeführerin ein schriftliches Sachverständigengutachten ein. Sie beantragte mit Schriftsatz vom 25.1.2002, den Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung zu laden. Das LG ordnete mit Beschluss vom 1.3.2002 eine ergänzende schriftliche Begutachtung zu einzelnen Fragen an und wies die weitergehenden Anträge der Beschwerdeführerin zurück. Die Beschwerdeführerin legte gegen diesen Beschluss sofortige Beschwerde ein, mit der sie beantragte, den Sachverständigen von seinem Amt zu entbinden sowie einen neuen Sachverständigen zu bestellen, sie lehnte ihn ab und rügte vorsorglich und hilfsweise, dass dem Antrag auf Ladung des Sachverständigen zur mündlichen Erläuterung nicht stattgegeben worden sei.

II. Die Beschwerde ist teilweise zulässig und teilweise begründet.

1. Das Rechtsmittel ist als sofortige Beschwerde gem. § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässig, soweit es sich gegen die Ablehnung des Antrags auf mündliche Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen und gegen die Anordnung einer schriftlichen Ergänzung wendet. Die Beschwerdeführerin hat die mündliche Erläuterung des Sachverständigengutachtens beantragt. Dabei handelt es sich um einen das Verfahren betreffenden Antrag, zu dem jede Partei nach § 411 Abs. 4 ZPO, der gem. § 492 Abs. 1 ZPO auch im selbstständigen Beweisverfahren gilt, berechtigt ist. § 355 ZPO steht der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen. Diese Vorschrift, nach der eine Anfechtung des Beschlusses, durch den die eine oder die andere Art der Beweisaufnahme angeordnet ist, nicht zulässig ist, ist im selbstständigen Beweisverfahren nicht anwendbar. § 492 Abs. 1 ZPO nimmt nur auf die für die Aufnahme der einzelnen Beweismittel geltenden Vorschriften Bezug, nicht auf die allgemeinen Vorschriften über die Anordnung und Durchführung der Beweisaufnahme im Rechtsstreit. Auch nach ihrem Sinn und Zweck, die Einwendungen gegen Umfang und Ergebnis der Beweisaufnahme der Anfechtung der abschließenden Entscheidung vorzubehalten und die Verzögerung durch einen Zwischenstreit zu vermeiden, kann die Vorschrift im selbstständigen Beweisverfahren nicht angewendet werden, weil es eine abschließende Entscheidung nicht gibt (OLG Düsseldorf v. 18.4.2000 – 22 W 10/00, OLGReport Düsseldorf 2000, 293 = NJW-RR 2001, 141).

Nicht zulässig ist die Beschwerde, soweit die Beschwerdeführerin eine Ablösung des Sachverständigen erreichen will und ihn ablehnt. Darüber hat das LG im angefochtenen Beschluss vom 1.3.2002 nicht entschieden. Die Beschwerdeführerin hat erst mit der Beschwerde die Ablösung des Sachverständigen beantragt und ihn abgelehnt. Insoweit ist sie durch den angefochtenen Beschluss schon nicht beschwert. Soweit der Vorlagebeschluss des LG sich mit der Auswechslung des Sachverständigen und seiner Ablehnung befasst, liegt darin noch keine Entscheidung über Zulässigkeit und Begründetheit des Ablehnungsantrags. Der Vorlagebeschluss befasst sich nur damit, ob die Beschwerde insoweit statthaft ist. Über den Antrag auf Ablösung oder Ablehnung des Sachverständigen hat das LG noch zu entscheiden. Das gibt der Beschwerdeführerin Gelegenheit darzulegen, ob sie eine Ablösung des Sachverständigen und eine weitere Begutachtung begehrt, die im Ermessen des LG liegt und nicht mit der Beschwerde angegriffen werden kann (OLG Köln v. 28.4.1999 – 19 W 15/99, OLGReport Köln 1999, 305 = NJW-RR 2000, 729), oder den Sachverständigen ablehnt, was nur wegen Besorgnis der Befangenheit, § 406 Abs. 1 ZPO, und unter den Voraussetzungen des § 406 Abs. 2 und 3 ZPO möglich ist.

2. Die Beschwerde hat im zulässigen Umfang teilweise Erfolg. Das LG durfte eine ergänzende schriftliche Begutachtung anordnen, aber nicht den Antrag auf mündliche Erläuterung zurückweisen.

a) Das LG durfte den Antrag auf mündliche Erläuterung des Sachverständigengutachtens nicht zurückweisen. Nach § 485 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, den Zustand einer Person oder die Ursache eines Personenschadens festzustellen. Die Beweisaufnahme erfolgt nach § 492 Abs. 1 ZPO nach den für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels überhaupt geltenden Vorschriften. Danach ist zwingend einem Antrag auf mündliche Erläuterung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens zu entsprechen. Die Partei hat einen prozessualen Anspruch auf mündliche B...

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