Leitsatz (amtlich)
Aus der Berufungsschrift muss entweder für sich allein oder mit Hilfe weiterer Unterlagen bis zum Ablauf der Berufungsfrist eindeutig zu erkennen sein, wer Berufungskläger und wer Berufungsbeklagter sein soll. An die eindeutige Bezichnung des Rechtsmittelführers sind strenge Anforderungen zu stellen. Dass neben der Berufung des angegebenen Rechtsmittelführers (Beklagter Ziffer1) bei verständiger Würdigung der Sach- und Rechtslage eine Berufungseinlegung auch der Beklagten Ziff. 2 und 3, weil sie persönlich haftende Gesellschafter der Beklagen Ziff. 1 sind, als sinnvoll einzustufen ist, genügt bei gegenteiliger eindeutiger Bezeichnung im Rubrum der Berufungsschrift ohne zusätzliche Anhaltspunkte nicht, diese auch als Rechtsmitteführer anzusehen.
Normenkette
ZPO §§ 19, 516
Verfahrensgang
LG Ulm (Urteil vom 25.02.2011; Aktenzeichen 10 O 75/10 KfH) |
Tenor
1. Der Antrag der Beklagten Ziff. 2 und des Beklagten Ziff. 3 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist wird zurückgewiesen.
2. Die Berufung der Beklagten Ziff. 2 und des Beklagten Ziff. 3 gegen das Urteil des LG Ulm - 10. Kammer für Handelssachen - vom 25.2.2011 (10 O 75/10 KfH) wird als unzulässig verworfen.
3. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
Gründe
I. Mit Urteil des LG Ulm vom 25.2.2011 - 10 O 75/10 KfH - wurden die Beklagten Ziff. 1, Ziff. 2 und Ziff. 3 als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 514.732,35 EUR zu bezahlen. Die Klage wurde im Übrigen abgewiesen. Die Widerklage der Beklagten Ziff. 1 (Bl. 18 des Urteils) wurde ebenfalls abgewiesen. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat am 1.4.2011 (Bl. 1752 ff. d.A.) gegen das ihm am 1.3.2011 zugestellte Urteil des LG Ulm vom 8.2.2011 "namens und in Vollmacht der Beklagten und Berufungsklägerin" Berufung eingelegt. Der Schriftsatz vom 8.2.2011 weist nachfolgendes Rubrum auf (Blatt 1752 ff. d.A.):
"In Sachen
A. M. GmbH & Co. KG, vertreten d. d. Geschäftsführer ...
- Klägerin und Berufungsbeklagte -
Prozessbevollmächtigte I. Instanz:
...
gegen
R. OHG, vertr. d. d. Gesellschafter ...
- Beklagte und Berufungsklägerin -
Prozessbevollmächtigter:
...
Aktenzeichen I. Instanz: 10 O 75/10 KfH - LG Ulm
Beschwerdewert: 518.852,15 EUR"
Auf Antrag des Beklagtenvertreters vom 19.4.2011 wurde die Berufungsbegründungsfrist bis zum 2.6.2011 (Feiertag) verlängert. Die Berufungsbegründung ging am 3.6.2011 (Bl. 1774 d.A.) ein, wobei ein im Wortlaut und der äußeren Gestaltung mit der Berufungsschrift vom 1.4.2011 identisches Rubrum verwandt worden ist.
Mit Beschluss vom 5.7.2011 (Blatt 1858 ff. d.A.) des Senats wurde auf Antrag der Beklagten (Ziff. 1) vom 3.6.2011 die Zwangsvollstreckung gegen die Beklagte Ziff. 1 aus dem Urteil erster Instanz des LG Ulm - 10 O 75/10 KfH - gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 625.000 EUR einstweilen eingestellt. In dem Beschluss vom 5.7.2011 wurde außerdem darauf hingewiesen, dass nach dem Wortlaut der Berufungsschrift vom 1.4.2011 und der Berufungsbegründungsschrift vom 3.6.2011 nur von der Beklagten Ziff. 1 und nicht von den Beklagten Ziff. 2 und Ziff. 3 Berufung gegen das Urteil des LG Ulm vom 25.2.2011 eingelegt worden ist.
Mit Schriftsatz vom 12.7.2011 (Bl. 1864 d.A.) beantragten die Beklagten Ziff. 2 und Ziff. 3 vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Der Prozessbevollmächtigte der Beklagten Ziff. 1 bis Ziff. 3 stellte unter Bezugnahme auf den Beschluss des Senats vom 5.7.2011 klar, dass mit Schriftsatz vom 1.4.2011 auch von den Beklagten Ziff. 2 und Ziff. 3 Berufung gegen das Urteil des LG Ulm vom 25.2.2011 eingelegt worden sei, denn das Urteil richte sich auch gegen die Beklagten Ziff. 2 und Ziff. 3. In sämtlichen Schriftsätzen des Prozessbevollmächtigten der Beklagten Ziff. 1 bis Ziff. 3 sei auch der Begriff "die Beklagten" und nicht lediglich "die Beklagte" gewählt und verwendet worden. Auch alle weiteren Schriftsätze im Berufungsverfahren seien vom Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit der Parteibezeichnung " M. GmbH./. R. u.a." eingereicht worden. Aus dem Zusatz "u.a." werde bereits deutlich, dass sich das Berufungsverfahren nicht nur auf die Beklagte Ziff. 1 beziehe.
Mit Verfügung des Vorsitzenden vom 14.7.2011 (Bl. 1865 d.A.) wurde erläutert, dass sich das in der Berufungsschrift und in der Berufungsbegründung verwendete Rubrum eindeutig nur auf die Beklagte Ziff. 1 beziehe und der Begriff "Beklagte" im Singular verwendet werde. Zum vorsorglich gestellten Antrag auf Wiedereinsetzung werde auf die §§ 233 ff. ZPO hingewiesen.
Mit Beschluss vom 9.8.2011 (Bl. 1887 d.A.) wies der Senat darauf hin, dass eine Berufungseinlegung und Berufungsbegründung für die Beklagten Ziff. 2 und Ziff. 3 erst mit Schriftsatz vom 12.7.2011 erfolgt sei, mithin nach Ablauf der Berufungsfrist und der Berufungsbegründungsfrist. Gründe für eine Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Berufungsfrist und Berufungsbegründungsfrist seien weder dargetan noch glaubhaft gemacht, weshalb der Senat beabsichtige, das Wiedereinsetzungsgesu...