Leitsatz (amtlich)

Ist eine zugunsten eines Insolvenzgläubigers im Grundbuch eingetragene Zwangshypothek mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufgrund der Rückschlagsperre des § 88 InsO schwebend unwirksam geworden, bedarf es zur Löschung der Zwangshypothek der Löschungsbewilligung des Gläubigers gem. § 19 GBO und der Zustimmung des Eigentümers durch den Verfügungsbefugten gem. § 27 Satz 1 GBO in der Form des § 29 GBO. Der Unrichtigkeitsnachweis durch den Insolvenzverwalter gem. § 22 Abs. 1 GBO ist nicht ausreichend.

 

Normenkette

InsO § 88

 

Verfahrensgang

Notariat Schwäbisch Gmünd (Beschluss vom 05.07.2011; Aktenzeichen II GR G 248/11)

 

Nachgehend

BGH (Beschluss vom 12.07.2012; Aktenzeichen V ZB 219/11)

 

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Notariats - Grundbuchamt - Schwäbisch Gmünd vom 5.7.2011 - II GR G 248/2011 Schechingen GA 1629, wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens: 6.262,20 EUR

 

Gründe

I. Der Antragsteller hat am 16.3.2011 die Löschung der im Betreff zugunsten der Gläubiger Ziff. 2-5 eingetragenen Zwangshypotheken im Nennwert von insgesamt 62.621,98 EUR beantragt - gestützt auf die Rückschlagsperre des § 88 InsO. Zum Nachweis der von ihm geltend gemachten Grundbuchunrichtigkeit hat er seine Bestallungsurkunde, den Insolvenzeröffnungsbeschluss sowie eine Bestätigung des Insolvenzgerichts über den Zeitpunkt des Eingangs des zur Insolvenzeröffnung führenden Antrags in Kopie eingereicht.

Die Gläubiger haben der Löschung widersprochen und mit Zwischenverfügung vom 5.7.2011 hat das Grundbuchamt dem Antragsteller aufgegeben, die Löschungsbewilligung der Gläubiger und die Zustimmung des Eigentümers zur Löschung der Hypotheken gem. § 27 GBO sowie die Bestallungsurkunde und Bescheinigung des AG in der Form des § 29 GBO bis spätestens 15.8.2011 vorzulegen.

Der Insolvenzvermerk wurde am 15.3.2011 im Grundbuch von ... Nr ... und Nr ... eingetragen. Die Zwangshypotheken bezüglich Heft 1629 Abt. III Nr. 4, 5, 6 wurden am 18.2.2008, 29.9.2008 und 3.5.2010 eingetragen sowie bezüglich Heft 1315 Abt. III Nr. 6, 7 am 2.11.2009 und am 13.8.2010. Das Insolvenzverfahren wurde auf den am 30.1.2008 eingegangenen Insolvenzantrag des Finanzamts Schwäbisch Gmünd durch Beschluss des AG Aalen - Insolvenzgericht - am 9.3.2011 um 8:00 Uhr eröffnet und der Antragsteller zum Insolvenzverwalter bestellt (Az. 3 IN 31/08).

Am 4.8.2011 hat der Antragsteller gegen die Zwischenverfügung Beschwerde eingelegt wegen der Auflagen, die Löschungsbewilligung der Gläubiger und die Zustimmung des Eigentümers in der Form des § 29 GBO vorzulegen.

Das Grundbuchamt hat mit Beschluss vom 16.8.2011 die Beschwerde ohne Abhilfe dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.

Im einzelnen wird verwiesen auf die Beschwerdebegründung und das weitere Vorbringen des Antragstellers und der übrigen Beteiligten sowie auf die Beschlüsse des Grundbuchamts vom 5.7. und 16.8.2011.

II.1. Das Rechtsmittel ist gem. § 71 Abs. 1 GBO statthaft. Bei einer Zwischenverfügung bildet jede einzelne Beanstandung eine Entscheidung i.S.d. § 71 GBO und kann für sich allein angefochten werden. Gegenstand der Beschwerde ist jedoch nur das vom Grundbuchamt angenommene Eintragungshindernis, nicht die Entscheidung über den Eintragungsantrag selbst (Demharter, Grundbuchordnung, 27. Aufl. 2010, § 71 GBO Rz. 34, m.w.N.).

Die Beschwerdeberechtigung und -befugnis des Insolvenzverwalters unterliegen keinem Zweifel (§ 80 Abs. 1 InsO). Im Übrigen wurde das Rechtsmittel durch Einreichung einer Beschwerdeschrift (§ 73 Abs. 2 GBO) beim Grundbuchamt gem. § 73 Abs. 1 GBO eingelegt und ist damit zulässig.

Über die Beschwerde entscheidet gem. § 72 GBO das OLG.

2. Das Rechtsmittel - beschränkt auf die Eintragungshindernisse der fehlenden Löschungsbewilligungen der Gläubiger und Zustimmung des Eigentümers - ist jedoch in der Sache nicht begründet.

Die vom Grundbuchamt in der Zwischenverfügung und dem Nichtabhilfe-/Vorlagebeschluss vertretene Rechtsauffassung ist zutreffend und deshalb nicht zu beanstanden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird Bezug genommen auf die sorgfältigen und überzeugenden Darlegungen in den Entscheidungen des Notars vom 5.7. und 16.8.2011, denen sich der Senat anschließt.

Lediglich ergänzend wird ausgeführt:

a) Nach dem Urteil des BGH v. 19.1.2006 - IX ZR 232/04, BGHZ 166, 74, sind die von der insolvenzrechtlichen Rückschlagsperre des § 88 InsO betroffenen Sicherungen eines Gläubigers gegenüber jedermann (schwebend) unwirksam. Wird infolge dessen eine Zwangshypothek unwirksam, entsteht keine Eigentümergrundschuld. Vielmehr können Gläubigersicherungen, die (schwebend) unwirksam geworden sind, ohne Neueintragung mit entsprechend geändertem Rang wirksam werden, wenn sie als Buchposition erhalten sind und die Voraussetzungen für eine Neubegründung der Sicherung im Wege der Zwangsvollstreckung bestehen. Bei Freigabe des Grundstücks durch den Insolvenzverwal...

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