Normenkette
VVG § 203
Verfahrensgang
LG Ravensburg (Urteil vom 27.02.2023; Aktenzeichen 6 O 187/22) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Ravensburg vom 27.02.2023, Az. 6 O 187/22, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: bis zu 5.000,00 EUR.
Gründe
I. Von der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird gemäß § 313a Abs. 1 ZPO i.V.m. §§ 540 Abs. 2, 544 Abs. 2 ZPO abgesehen.
II. Die zulässige Berufung des Klägers bleibt in der Sache ohne Erfolg. Das Landgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
1. Die formelle Wirksamkeit der Prämienanpassungen zum 01.01.2018 und zum 01.01.2021 hat der Kläger weder in erster Instanz noch im Berufungsverfahren in Zweifel gezogen, weshalb der Senat dies auch seiner rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legen hat.
Abgesehen davon sind die bezeichneten Anpassungen auch formell nicht zu beanstanden.
a) Das hat der Senat bezüglich der Anpassung zum 01.01.2021 bereits entschieden (Beschluss vom 05.02.2024 - 7 U 223/23).
b) Aber auch die Anpassung zum 01.01.2018 genügt den gesetzlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung.
aa) Nach der Rechtsprechung des IV. Senats des Bundesgerichtshofs (vgl. Urteil vom 16.12.2020 - IV ZR 294/19 - VersR 2021, 240) erfordert die Mitteilung der maßgeblichen Gründe für die Neufestsetzung der Prämie nach § 203 Abs. 5 VVG die Angabe der Rechnungsgrundlage, deren nicht nur vorübergehende Veränderung die Neufestsetzung nach § 203 Abs. 2 Satz 1 VVG veranlasst hat. Dagegen muss der Versicherer nicht mitteilen, in welcher Höhe sich diese Rechnungsgrundlage verändert hat. Er hat auch nicht die Veränderung weiterer Faktoren, welche die Prämienhöhe beeinflusst haben, wie z.B. des Rechnungszinses, anzugeben.
Darüber hinaus ist anzugeben, dass die Überschreitung eines im Gesetz oder in den Tarifbedingungen festgelegten Schwellenwertes die konkret in Rede stehende Prämienerhöhung ausgelöst hat (vgl. BGH, Urteil vom 31.08.2022 - IV ZR 252/20 -, Rn. 13, zitiert nach juris).
bb) Der Kläger hat insoweit folgende Informationen erhalten:
Im Anschreiben vom November 2017 (Anl. B 3-5, Bl. 109/110 eAkte LG Anlagenheft Beklagte) führt die Beklagte aus:
"[...] zum 01.01.2018 kommt es in Ihrem Vertrag zu Änderungen, die wir Ihnen im Weiteren näher erläutern.
Beitragsanpassung
In einigen Tarifen der X Krankenversicherung AG ist eine Beitragsanpassung erforderlich. Nach gesetzlichen bzw. vertraglich vereinbarten Vorgaben sind wir verpflichtet, jährlich für alle Tarife die erforderlichen mit den kalkulierten Versicherungsleistungen zu vergleichen. Dieser Vergleich erfolgt nicht für den Tarif insgesamt, sondern für sogenannte Beobachtungseinheiten (z. B. Erwachsene und Kinder in Unisex-Tarifen). Ergibt sich hieraus eine positive oder negative Abweichung von mehr als dem vertraglich vereinbarten Prozentsatz, bezeichnet man dies als "Ansprechen" des "Auslösenden Faktors Versicherungsleistungen". In der Folge sind alle Rechnungsgrundlagen der betroffenen Beobachtungseinheit zu überprüfen. Wird festgestellt, dass die Abweichung nicht nur vorübergehend ist, müssen die Beiträge in Tarifen, die mit Alterungsrückstellung kalkuliert sind, mit Zustimmung eines unabhängigen Treuhänders angepasst werden. Alleine ausschlaggebend für die jetzt anstehende Beitragsanpassung ist das Ansprechen des "Auslösenden Faktors Versicherungsleistungen".
Der andere gesetzlich vorgesehene "Auslösende Faktor Sterblichkeit" ist für diese Beitragsanpassung nicht ursächlich. [...]"
Im zugehörigen Nachtrag zum Versicherungsschein ist u.a. der hier in Rede stehende Tarif S.2 mit der Ziffer "1" gekennzeichnet, was in der Legende mit "Beitragsanpassung" erläutert wird.
In den "Erläuterungen zur Beitragsanpassung zum 01.01.2018" (Anl. B 3-5, Bl. 116 ff. eAkte LG Anlagenheft Beklagte) heißt es weiter:
"Verfahren der Beitragsanpassung
Nach den gesetzlichen bzw. vertraglich vereinbarten Vorgaben (Versicherungsaufsichtsgesetz, Versicherungsvertragsgesetz und Versicherungsbedingungen je Tarif) sind wir verpflichtet, jährlich in allen Tarifen für jede Beobachtungseinheit die erforderlichen und die kalkulierten Versicherungsleistungen gegenüberzustellen. Als Beobachtungseinheiten gelten in den
- geschlechtsabhängig kalkulierten Tarifen (sogenannte Bisex-Tarife): Männer, Frauen und Kinder
- Unisex-Tarifen: Erwachsene und Kinder
- Tarifen, die ohne Alterungsrückstellung kalkuliert sind, die in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen genannten Altersgruppen, gegebenenfalls getrennt nach Männern und Frauen sowie in manchen Tarifen zusätzlich nach Kindern.
Im Fall einer Abweichung um mehr als den vertraglich vereinbarten Prozentsatz spricht man vom Ansprechen des "Auslösenden Faktors Versicherungsleistungen".
In Tarifen mit Alterungsrückstellungen müssen ebenfalls jährlich die erforderlichen mit den kalkulierten Sterbewahrscheinlichkeiten verglic...