Verfahrensgang
LG Stuttgart (Urteil vom 19.07.2019; Aktenzeichen 29 O 450/18) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 19.7.2019, Az. 29 O 450/18, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.546,33 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.1.2019 zu zahlen, Zug um Zug gegen Übereignung und Herausgabe des Fahrzeugs Skoda Yeti 2.0 TDI mit der Fahrzeug-Identifizierungsnummer: ...
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.242,84 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.1.2019 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die Berufung des Klägers sowie die weitergehende Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 19.7.2019, Az. 29 O 450/18, werden zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen trägt der Kläger 1/4 und die Beklagte 3/4.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung des Vollstreckungsgläubigers gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens (bereits festgesetzt): bis 35.000,00 Euro.
Gründe
I. Der Kläger begehrt von der Beklagten wegen des Kaufs eines vom sogenannten Abgasskandalbetroffenen Fahrzeugs Schadenersatz.
Der Kläger erwarb mit Vertrag vom 9.8.2013 bei einem Autohaus einen PKW Skoda Yeti 2.0 TDI als Neufahrzeug zu einem Kaufpreis von 31.100,01 Euro brutto. Bei Übergabe am 27.9.2013wies das Fahrzeug eine Laufleistung von 20 km auf (Anlage K 1). Das Fahrzeug ist mit einem von der Beklagten hergestellten Dieselmotor des Typs EA 189 mit der Schadstoffnorm Euro 5ausgestattet (Anlage K 2).
Die für den Fahrzeugmotor ursprünglich eingesetzte Steuerungssoftware verfügte über eine Fahrzykluserkennung, die erkannte, wenn das Fahrzeug auf dem Prüfstand für den sogenannten Neuen Europäischen Fahrzyklus (NEFZ) betrieben wird, und dann eine höhere Abgasrückführungsrate aktivierte ("Modus 1"). Im Modus 1 hielt der Motor in seiner ursprünglichen Konfiguration die auf Grundlage der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 für die Schadstoffnorm Euro 5 angeordneten Emissionsgrenzwerte bezüglich der Masse der Stickstoffoxide (NOx) von 180 mg/km im NEFZ ein. Im realen Straßenbetrieb war ein anderer Betriebsmodus ("Modus 0") mit geringerer Abgasrückführungsrate aktiv.
Im Jahr 2015 ordnete das Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) gegenüber der Beklagten den Rückruf der mit dieser Software ausgestatteten Fahrzeuge an. Grundlage der Anordnung war die Einstufung der Software als unzulässige Abschalteinrichtung. Die Beklagte entwickelte im Folgenden ein Softwareupdate, durch das die geschilderte Motorsteuerung nicht mehr zum Einsatz kommt und das von der Vehicle Certification Agency (VCA) als zuständigen Behörde freigegeben wurde. Auf dem Fahrzeug des Klägers wurde das Softwareupdate aufgespielt.
Zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung über die Berufung vom 26.2.2020 betrug die Gesamtlaufleistung des Fahrzeugs 68.774 km.
Der Kläger meint, ihm stehe aufgrund des Einsatzes der Motorsteuerungssoftware in dem von ihm erworbenen Fahrzeug gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch u.a. als deliktischer Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 263 Abs. 1 StGB bzw. §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV und § 826 BGB zu, was er im Einzelnen ausführt. Er begehrt von der Beklagten die Rückabwicklung des Kaufvertrages.
Im Übrigen wird Bezug genommen auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 19.7.2019 teilweise stattgegeben und die Beklagte verurteilt, an den Kläger 24.847,61 Euro nebst Rechtshängigkeitszinsen Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs zu zahlen. Daneben hat es die Beklagte verurteilt, die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten des Klägers zu erstatten.
Zur Begründung hat das Landgericht angeführt, dem Kläger stehe in der Hauptsache ein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte aus § 826 BGB zu. Der Kläger habe durch den Abschluss des von ihm nicht gewollten Kaufvertrags einen Vermögensschaden erlitten. Da das Fahrzeug über eine unzulässige Abschalteinrichtung verfügt habe, sei die konkrete Gefahr des Widerrufs der Zulassung und Erlöschen der Betriebserlaubnis begründet gewesen, wodurch jedem Halter die Stilllegung seines Fahrzeugs drohte. Der Einbau der Motorsteuerungssoftware durch die Beklagte sei sittenwidrig gewesen, ihr sei dabei das Handeln des Repräsentanten nach § 31 BGB zuzurechnen.
Bei der Ermittlung der Höhe des Schadensersatzes hat das Landgericht im Wege der Vorteilsausgleichung die dem Kläger verbleibenden Nutzungsvorteile von den von ihm geleisteten Za...