Verfahrensgang
LG Stuttgart (Aktenzeichen 16 O 193/18) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 17. Dezember 2018, Az. 16 O 193/18, abgeändert:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 2.096,65 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 10. Juni 2016 zu zahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weitergehende Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Klägerin 74 % und die Beklagte 26 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagte kann die Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund der Urteile jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Klägerin kann die Vollstreckung durch die Beklagte hinsichtlich der Kosten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
V. Die Revision gegen dieses Urteil wird für die Beklagte zugelassen.
VI. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 7.973,12 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt von der Beklagten Herausgabe gezogener Nutzungen im Rahmen der bereicherungsrechtlichen Rückabwicklung eines Rentenversicherungsvertrags nach Widerspruch gemäß § 5a VVG aF.
Für die Klägerin bestand seit dem 1. Dezember 2004 bei der Beklagten unter der Versicherungsnummer XYeine Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht im Erlebensfall, welche auf Antrag der Klägerin im Wege des Policenmodells zustande kam. Für den Fall des Todes vor dem 1. Dezember 2022 sollte ein einmaliges Garantiekapital von 34.188 EUR ausgezahlt werden. Die Beklagte übersandte der Klägerin mit Policenbegleitschreiben vom 3. Dezember 2004 (Anl. K3, GA I 41) den Versicherungsschein (Anl. K2, GA I 40 ff.) nebst den "Allgemeinen Versicherungsbedingungen für den Baustein zur Altersvorsorge: Zukunftsrente E 67" (AVB, Anl. BLD 2, GA II 103 ff.), in denen Verbraucherinformationen enthalten waren.
Das einseitige Policenbegleitschreiben enthielt auf der Mitte der Seite in einem eigenen, kursiv geschriebenen Absatz folgende Widerspruchsbelehrung:
"Dieser Vertrag gilt als abgeschlossen, wenn Sie nicht innerhalb von 14 Tagen nach Erhalt des Versicherungsscheins, der Versicherungsbedingungen und der Verbraucherinformationen in Textform (z.B. schriftlich, per Telefax oder E-mail) widersprechen. Um diese Frist einzuhalten, genügt es, Ihren Widerspruch rechtzeitig abzusenden."
Im Versicherungsschein heißt es unter "Beitragsfreistellung und Rückkaufswert" u.a.:
"Zahlen Sie keine Beiträge mehr, setzen wir die Garantierente und das Garantiekapital zur Altersvorsorge auf die beitragsfreie Garantierente (Spalte 2 der nachstehenden Tabelle) und das beitragsfreie Garantiekapital (Spalte 3 der Tabelle) herab. Wird die beitragsfreie Mindestrente bzw. das beitragsfreie Mindestkapital nicht erreicht, erlischt die Versicherung. In diesen Fällen wird in der Tabelle als Garantierente bzw. Garantiekapital nach Beitragsfreistellung der Wert Null ausgewiesen und es wird - wie auch bei der Kündigung - der Rückkaufswert fällig (Spalte 4 der Tabelle).
Die Leistung bei Tod nach Beitragsfreistellung stimmt während der restlichen Vertragsdauer mit dem herabgesetzten Garantiekapital der Altersvorsorge (Spalte 3) überein. Die Werte aus Spalte 2 und 3 der Tabelle garantieren wir.
Der Rückkaufswert einschließlich Überschußbeteiligung ist nach dem Versicherungsvertragsgesetz als 'Zeitwert' der Versicherung zum Zeitpunkt der Kündigung zu berechnen. Die Höhe dieses Zeitwerts hängt von mehreren Faktoren ab, vor allem von der Zinsentwicklung auf dem Kapitalmarkt. Der in Spalte 4 genannte Wert ist auf Basis der heutigen Berechnungsgrundlagen ermittelt. Er kann nicht garantiert werden."
Spalte 2 der sich anschließenden Tabelle ("monatliche Garantierente nach Beitragsfreistellung ohne Überschußbeteiligung in EUR") und Spalte 3 ("Garantiekapital nach Beitragsfreistellung ohne Überschußbeteiligung in EUR") enthalten jeweils eine *-Fußnote mit dem Hinweis: "Diese Beträge garantieren wir", während Spalte 4 ("Rückkaufswert plus Überschußbeteiligung in EUR") eine **-Fußnote enthält mit dem Hinweis: "Diese Beträge können wir nicht garantieren".
Die Klägerin erbrachte auf den bezeichneten Vertrag Prämienzahlungen in Höhe von 14.044,62 EUR.
Im Jahr 2006 änderte die Klägerin die Bezugsberechtigung, im Jahr 2007 reduzierte sie die Prämienhöhe, ehe es im Jahr 2014 zu einer Beitragsfreistellung kam.
Mit Schreiben vom 20. April 2015 (Anl. K6, GA I 44) erklärte die Klägerin den "Widerruf", den die Beklagte mit Schreiben vom 28. April 2015 (Anl. K7, GA I 45) zurückwies. Mit Anwaltsschreiben vom 30. Mai 2016 forderte die Klägerin die ...