Verfahrensgang
LG Hechingen (Aktenzeichen 5 O 74/01 KfH) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der Kammer für Handelssachen des LG Hechingen vom 27.9.2002 – 5 O 74/01 KfH – abgeändert:
1. Es wird festgestellt, dass der Jahrsabschluss der Beklagten zum 31.12.2000 nichtig ist.
2. Es wird festgestellt, dass der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 12.6.2001 über die Verwendung des Bilanzgewinns für das Geschäftsjahr 2000 (Punkt 3 der Tagesordnung) nichtig ist.
3. Der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 12.6.2001 über die Entlastung des persönlich haftenden Gesellschafters für das Geschäftsjahr 2000 (Punkt 4 der Tagesordnung) wird für nichtig erklärt.
4. Der Beschluss der ordentlichen Hauptversammlung der Beklagten vom 12.6.2001 über die Entlastung des Aufsichtsrats für das Geschäftsjahr 2000 (Punkt 5 der Tagesordnung) wird für nichtig erklärt.
5.Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, zu dem Verkaufsvertrag, mit dem sie zum 1.4.2000 ihren Geschäftsbereich Sicherheitstechnik (Alarmanlagen, Brandmeldeanlagen, Zutrittskontrollsysteme, Zeiterfassungssysteme) an die C. plc, London, verkauft hat, die Zustimmung der Hauptversammlung mit der Mehrheit einzuholen, die für eine entspr. Maßnahme bei ihr erforderlich ist.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision gegen die Verurteilung zu I.5) wird zugelassen.
Streitwert:
Klageantrag 1.1. (jetzt 2.1.) 20.000,00 Euro
Klageantrag 1.2. (jetzt 2.2.) 10.000,00 Euro
Klageantrag 1.3. (jetzt 2.3.) 10.000,00 Euro
Klageantrag 1.4. (jetzt 2.4.) 10.000,00 Euro
Klageantrag 2 (jetzt 3.) 10.000,00 Euro
Summe 60.000,00 Euro
Gründe
I. Die Parteien streiten um die Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen und um die Notwendigkeit einer Zustimmung der Hauptversammlung zur Veräußerung eines unselbständigen Betriebsteils.
Die Beklagte ist eine börsennotierte Kommanditgesellschaft auf Aktien mit einem Grundkapital der Gesellschaft von 6.400.000 Euro, das in 2.500.000 Stückaktien eingeteilt ist, und einem Kapitalanteil des persönlich haftenden Gesellschafters von ursprünglich 10.225.837,62 Euro. Persönlich haftende Gesellschafterin ist die E. GmbH & Co. Holding KG (im folgenden entspr. der Satzung und den Jahresabschlüssen der Beklagten: persönlich haftender Gesellschafter). Sie ist seit 1.2.2000 eine 100 %-ige Tochtergesellschaft der A Deutschland GmbH, einer 100 %-igen Tochtergesellschaft der A.A.B. mit Sitz in Stockholm. Die A. Deutschland GmbH hält mittelbar auch die Mehrheit der Aktien der Beklagten.
Gegenstand der Beklagten ist nach § 2 Abs. 1 der Satzung die Herstellung und der Vertrieb von elektromechanischen, elektronischen und sonstigen Geräten, Werkzeugen und Einrichtungsgegenständen aller Art. 1 im Jahr 2000 veräußerte sie ihren Betriebsteil „elektronische Sicherheitstechnik” (Alarmanlagen, Brandmeldeanlagen, Zutrittskontrollsysteme, Zeiterfassungssysteme) an die C. plc, London für rund 350.000.000 DM. Dieser Betriebsteil brachte 1999 etwa 62 % ihrer Umsatzerlöse. Die Mehrheit der Mitarbeiter war in ihm tätig. Der weitere Betriebsteil „elektromechanische Sicherheitstechnik” (Türöffnersysteme) verblieb bei der Beklagten.
Der Aufsichtsrat der Beklagten stimmte der Veräußerung am 23.3.2000 zu. Nach § 11 Abs. 2 der Satzung ist das Widerspruchsrecht der Kommanditaktionäre ausgeschlossen, die Veräußerung von Unternehmensteilen bedarf jedoch der Zustimmung des Aufsichtsrats, wenn auf sie im letzten Geschäftsjahr vor der Veräußerung mehr als 20 % des Umsatzes und/oder der Beschäftigen aller Unternehmen, an denen die Gesellschaft mehrheitlich beteiligt ist, entfallen sind. Im Lagebericht der Beklagten für das Jahr 1999 heißt es unter „Vorgänge nach Schluss des Geschäftsjahres”:
„Vor dem Hintergrund der Konzentration auf die Kernkompetenzen des schwedischen Mutterkonzerns hat E eine Vereinbarung mit der C. plc, London, über den Verkauf des Geschäftsbereichs Alarm zum 1.4.2000 unterzeichnet. Durch diese Transaktion werden sich sowohl in der E. KGaA als auch in der E. Gruppe die Umsätze sowie die anteiligen Kosten verändern. Wir erwarten jedoch aus dem Verkaufserlös einen hohen außerordentlichen Ertrag sowie aus der Anlage der Finanzmittel ein deutlich gesteigertes Finanzergebnis.”
Durch ein Intercompany-Darlehen vom 28.12.2000 stellte die Beklagte der A. Deutschland GmbH ein jederzeit rückzahlbares Darlehen von 250.000.000 DM zu einem Zinssatz von 6,10 % zur Verfügung. Als Sicherheiten gab die A. Deutschland GmbH ihre sämtlichen bestehenden und zukünftigen Forderungen ggü. Dritten und ihr gesamtes Anlagevermögen.
Die Hauptversammlung der Beklagten vom 12.6.2001 stellte den Jahresabschluss auf Vorschlag des p...