Nachgehend

BGH (Urteil vom 20.04.2017; Aktenzeichen III ZR 470/16)

 

Tenor

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 19.08.2014, Az. 15 O 55/14, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

(1) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 17.700,00 EUR nebst Zinsen i. H. v. 5%-Punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 07.03.2014 zu bezahlen.

(2) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Beklagte 12 % und die Klägerin 88 %. Von den Kosten der Nebenintervention tragen die Klägerin 88 % und der Streithelfer selbst 12 %.

4. Das Urteil und - soweit die Berufung zurückgewiesen wird - das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung kann vom jeweiligen Vollstreckungsschuldner durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abgewendet werden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Zwangsvollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

5. Die Revision wird für die Beklagte zugelassen.

 

Gründe

I.

Die Klägerin macht gegen die beklagte Stadt (i. F.: Beklagte) Schadensersatzansprüche aus Amtshaftung im Zusammenhang mit einer von der Klägerin beantragten und von der Beklagten abgelehnten Gaststättenerlaubnis geltend.

1.

Die Klägerin ist Inhaberin einer von ihr seit 01.03.2013 betriebenen Spielhalle, für die sie die Spielhallenerlaubnis am 06.06.2011 beantragt und am 31.05.2012 von der Beklagten erhalten hat.

Am 17.11.2011 beantragte die Klägerin bei der Beklagten zudem eine Erlaubnis, die Betriebsstätte auch als Gaststätte (Schankwirtschaft) nutzen zu dürfen, und zwar dahingehend, dass dieselben Räumlichkeiten von 08.00 Uhr bis 22.00 Uhr als Spielhalle und von 23.00 Uhr bis 05.00 Uhr als Bar-Betrieb genutzt werden sollten, dazwischen sollten Reinigungs-, Aufräum- und Umbauzeiten liegen.

Nach Einschaltung des Regierungspräsidiums als zuständiger Aufsichtsbehörde durch die Beklagte am 09.12.2011, das der Beklagten am 21.02.2012 mitteilte, eine Gaststättenerlaubnis für die wechselnde Nutzung der Spielhalle als Gaststätte müsse im Hinblick auf das Landesnichtraucherschutzgesetz (i. F.: LNRSchG) abgelehnt werden und nach Schlussabnahme der Räume durch ihr Baurechtsamt am 20.03.2012 (Schlussabnahmeschein vom 21.03.2012) lehnte die Beklagte am 01.06.2012 den Antrag auf Erteilung einer Gaststättenerlaubnis ab, weil das Rauchen in der beantragten Gaststätte nach § 7 LNRSchG unzulässig, hingegen während der Zeit der Nutzung als Spielhalle das Rauchen uneingeschränkt zulässig sei, weshalb der Raum, der als Spielhalle genutzt werde, nicht geeignet sei, um darin eine Gaststätte i. S. des Gaststättengesetzes zu betreiben. Für die Einzelheiten der Begründung wird auf den als Anl. K 1 (Bl. 13 ff.) vorgelegten Bescheid verwiesen.

Am 29.11.2012 trat das Landesglückspielgesetz (i. F.: LGlüG) in Kraft, das während der von 0.00 Uhr bis 6.00 Uhr dauernden Sperrzeit (§ 46) den Betrieb einer Schank- oder Speisewirtschaft in den Räumen einer Spielhalle verbietet (§ 43 Abs. 5).

Die von der Klägerin gegen den ablehnenden Bescheid ergriffenen Rechtsbehelfe (Widerspruch zum Regierungspräsidium, dann Klage zum Verwaltungsgericht) blieben im Ergebnis ohne Erfolg: Durch Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 13.09.2013 (4 K 1117/13, veröffentlicht u. a. in Juris) wurde zwar der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums aufgehoben, im Übrigen aber die (Verpflichtungs-, hilfsweise Bescheidungs-)Klage als unbegründet abgewiesen, da der ablehnende Bescheid vom 01.06.2012 rechtmäßig sei und die Klägerin daher nicht in ihren Rechten verletze, weil im Hinblick auf die Regelung im LGlüG die gesetzlichen Voraussetzungen für die begehrte Gaststättenerlaubnis nicht vorlägen, und die Anträge auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids vom 01.06.2012 und des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2013 wurden als unzulässig verworfen.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Bearbeitung ihres Antrags auf Erteilung einer Gaststättenerlaubnis sei aufgrund der klaren Rechtslage amtspflichtwidrig verzögert worden und ihr hätte die Erlaubnis erteilt werden müssen. In Rechtsprechung und Literatur sei seit vielen Jahren geklärt, dass in einem Raum sowohl eine Spielhalle als auch eine Gaststätte betrieben werden dürften. Da der Gesetzgeber ein Rauchverbot in Spielhallen bewusst nicht eingeführt habe, stehe der Nichtraucherschutz einer wechselnden Nutzung der Räumlichkeiten als Spielhalle und Gaststätte nicht entgegen. Nachdem das Gaststättengesetz die Erteilung der Erlaubnis vor der Erteilung der Baugenehmigung nicht verbiete, hätte die Beklagte auch die Bauabnahme nicht abwarten dürfen. Die Beklagte hätte ihr Alternativen zur Umgestaltung der tatsächlichen Verhältnisse nennen müssen, durch die eine Doppelnutzung hätte genehmigungsfähig sein können.

Durch das amtspflichtwidrige Verhalten sei ihr ein Schaden entstanden, vo...

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