Leitsatz (amtlich)

1. Zur Unabwendbarkeit nach Art. 17 Abs. 2 CMR.

2. Zur materiellen Berechtigung gem. § 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

3. Die Abtretung einer Forderung ist nach italienischem Recht auch im Verhältnis zum Schuldner grundsätzlich sofort wirksam.

4. Eine Einziehungsermächtigung kann (hilfsweise) neben einer primären Abtretung geltend gemacht werden und führt zur Hemmung der Verjährung in dem Augenblick, in dem diese prozessual offen gelegt oder offensichtlich ist.

 

Normenkette

CMR Art. 17 Abs. 2, Art. 32 Abs. 1-3, Art. 37 lit. a; BGB § 204 Abs. 1 Nr. 1; Codive Civile Art. 1264; ZPO § 167

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Urteil vom 16.04.2009; Aktenzeichen 36 O 106/06 KfH)

 

Nachgehend

BGH (Urteil vom 15.11.2012; Aktenzeichen I ZR 86/11)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Vorsitzenden der 36. Kammer für Handelssachen des LG Stuttgart vom 16.4.2007 - 36 O 106/06 KfH - abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 60.767,52 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % p. a. seit dem 1.12.2005 sowie vorgerichtliche Kosten i.H.v. 1.479,90 EUR zu zahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits in sämtlichen Instanzen einschl. des Revisionsverfahrens trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 60.767,52 EUR.

 

Gründe

A. Die Klägerin, ein deutsches Speditionsunternehmen, nimmt den in Italien ansässigen Beklagten wegen Verlustes von Transportgut aus abgetretenem Recht auf Schadensersatz in Anspruch.

Die Firma K. N. Italia S. A. R. L., eine Tochtergesellschaft der Klägerin mit Sitz in ... N. R. /Italien (im Weiteren: N. Italia), beauftragte den Beklagten am 11.11.2005 mit dem Transport einer Partie Schokolade von R. /Deutschland nach S. N. L. S./Italien. Ein Fahrer des Beklagten übernahm das auf 34 Paletten gepackte Gut mit einem Nettogewicht von 14.074 kg am 14.11.2005 in R. ' wo die Klägerin für die Firma A. R. GmbH & Co. KG (im Weiteren: Versenderin) ein Lager unterhielt, zur Beförderung nach Italien (vgl. Frachtbrief gem. Anlage K 10, Bl. 66 d.A.). Er erreichte am 15.11.2005 gegen 17.00 Uhr die nördlich von N. gelegene Autobahnraststätte "T. ... O.", auf der er den beladenen Lkw abstellte, um eine Ruhepause einzulegen. In der Nacht zum 16.11.2005 wurde der Fahrer von drei Männern auf der Raststätte überfallen, die das Gut raubten. Die Versenderin stellte der Klägerin für die abhanden gekommene Ware am 5.4.2006 60.767,52 EUR in Rechnung (vgl. Anlagen K 15 und K 16, Bl. 72/73 d.A.).

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, der Beklagte hafte für den Verlust des Gutes gem. Art. 17 Abs. 1 CMR, da die Voraussetzungen für einen Haftungsausschluss nach Art. 17 Abs. 2 CMR nicht vorlägen. Darüber hinaus schulde der Beklagte ihr den Ersatz der durch die außergerichtliche Rechtsverfolgung angefallenen Kosten, weil er sich mit der Erfüllung ihrer berechtigten Schadensersatzforderung in Verzug befunden habe.

Die Klägerin hat zunächst unter Berufung auf die Abtretung von Schadensersatzansprüchen durch die N. Italia vom 29.3.2006 wegen des streitgegenständlichen Verlustes den Beklagten aus fremdem Recht auf Zahlung von 60.767,52 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 % seit dem 1.12.2005 sowie auf Erstattung von vorgerichtlichen Kosten i.H.v. 749,95 EUR in Anspruch genommen. Nach Einreichung der Klage am 1.8.2006, aber vor Zustellung der Klage an den Beklagten hat sie am 28.9.2006 den geltend gemachten Schadensersatzanspruch an die N. Italia zurückabgetreten. Diese hat die Klageforderung nach Zustellung der Klage gegen Ansprüche aufgerechnet, die dem Beklagten aus früheren Transportgeschäften unstreitig gegen sie zustanden. Die Klägerin hat daraufhin die Feststellung begehrt, dass der Rechtsstreit mit Ausnahme der verlangten vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in der Hauptsache erledigt sei, und ihren Zahlungsantrag auf die Zinsen und die vorgerichtlichen Kosten beschränkt.

Wegen der tatsächlichen Feststellungen des LG sowie wegen des Vortrages der Parteien in erster Instanz wird auf das landgerichtliche Urteil vom 16.4.2007 Bezug genommen.

Das LG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, eine Erledigung in der Hauptsache durch Aufrechnung sei nicht eingetreten, da die Klägerin infolge einer Rückabtretung bereits vor Rechtshängigkeit ihre Aktivlegitimation verloren habe. Auch bezüglich der geltend gemachten Nebenansprüche fehle es an der Aktivlegitimation sowie an den Voraussetzungen für eine gewillkürte Prozessstandschaft.

Im Berufungsverfahren ist die Klägerin zu ihrem ursprünglichen Zahlungsantrag zurückgekehrt, weil die N. Italia nach ihrem Vortrag mit Vereinbarung vom 23.8.2007 erneut sämtliche Schadensersatzansprüche aus dem Transport vom 14.11.2005 gegen den Beklagten an sie abgetreten ha...

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