Nachgehend

BGH (Urteil vom 07.11.2019; Aktenzeichen III ZR 16/18)

 

Tenor

1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Tübingen vom 23.06.2017, Az. 4 O 277/16, abgeändert. Es wird festgestellt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt ist.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Streithelferin zu tragen mit Ausnahme der durch die Anrufung des sachlich unzuständigen Amtsgerichts Bad Urach verursachten Mehrkosten, die der Klägerin zur Last fallen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite zuvor Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

Streitwert des Berufungsverfahrens: 1.100,00 EUR

 

Gründe

I. 1. Die Klägerin hat aus abgetretenem Recht gegen die beklagte Stadt zunächst Ansprüche wegen der Beschädigung eines Kraftfahrzeugs bei Mäharbeiten geltend gemacht. Nach einseitig gebliebener Erledigungserklärung der Klägerin streiten sich die Parteien um die Frage, ob der Rechtsstreit erledigt ist.

Am 21. Mai 2015 wurde bei Mäharbeiten der Beklagten auf einer Verkehrsinsel einer in ihrer Baulast stehenden öffentlichen Straße das in der Fahrzeugklasse 8 eingestufte Fahrzeug des Zeugen F... (nachfolgend: Geschädigter) am Seitenfenster beschädigt. Dieser suchte am selben Tag die Reparaturwerkstatt der Streithelferin der Klägerin auf. Die Reparaturarbeiten wurden erst am 6. Juni 2015 abgeschlossen.

Für die Dauer der Reparatur vom 21. Mai 2015 bis 6. Juni 2015 mietete der Geschädigte ein Ersatzfahrzeug an, für das Kosten in Höhe von brutto 2.318,37 EUR entstanden. Vor Klageerhebung bezahlte die Beklagte lediglich einen Betrag von 321,00 EUR. Vom Restbetrag hat die Klägerin klageweise nur 1.100,00 EUR gefordert und auf die Zahlung im Übrigen verzichtet.

Die Klägerin berechnet den ersatzfähigen Schaden in Bezug auf die Mietwagenkosten aus dem arithmetischen Mittel des Schwacke-Mietpreisspiegels 2014 und des Fraunhofer-Marktpreisspiegels Mietwagen 2014 für den PLZ-Bereich 727 und die Fahrzeugklasse 6, wobei sie dem sich hieraus ergebenden Betrag einen pauschalen Aufschlag von 20 %, einen weiteren Aufschlag für eine Haftungsreduzierung sowie Beträge für Zustellung und Abholung hinzurechnet.

Die Klägerin hat den - die Beklagte vertretenden - Haftpflichtversicherer der Beklagten mit Schreiben vom 12. Juni 2015 unter Fristsetzung aufgefordert, die angefallenen Mietwagenkosten zu bezahlen. Mit Anwaltsschreiben hat sie im September 2015 nochmals zur Zahlung aufgefordert und ein Vergleichsangebot unterbreitet.

Der Geschädigte hat seinen Anspruch auf Erstattung der Mietwagenkosten an die Klägerin abgetreten.

Nach Bezahlung der Hauptforderung hat die Klägerin den Rechtsstreit insoweit vor dem zunächst angerufenen Amtsgericht Bad Urach für erledigt erklärt, nach Bezahlung der Zinsforderung, anschließender Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht und schließlich Bezahlung der vorgerichtlichen Anwaltskosten auch im Übrigen. Die Erledigungserklärungen blieben einseitig.

Die Klägerin hat in erster Instanz behauptet, Verkehrssicherungsvorkehrungen seien seitens der Beklagten offensichtlich nicht in ausreichendem Maße erfolgt. Sie hat die Auffassung vertreten, der eingeklagte Betrag sei voll zu erstatten, insbesondere auch der Aufschlag für die von ihr behauptete Haftungsreduzierung auf 350,00 EUR. Die Mietdauer sei angemessen gewesen. Sie hat behauptet, angesichts der erheblichen Beschädigung des Fahrzeugs sei eine Vorreservierung unmöglich, im Zeitpunkt der Anmietung sei die voraussichtliche Dauer der Reparatur zudem unbekannt gewesen. In ähnlich gelagerten Fällen könne durch die Tätigkeit des Bevollmächtigten der Klägerin - gerade auch mit der Versicherung der Beklagten - außergerichtlich eine Einigung erzielt werden.

Die Klägerin hat außerdem die Auffassung vertreten, ebenso wie bei einer übereinstimmenden Erledigungserklärung sei auch bei einer einseitigen Erledigungserklärung die Unzuständigkeit des ursprünglich angerufenen Gerichts im Rahmen der Prüfung der Erledigung irrelevant, da von der Stellung eines (hier auch tatsächlich gestellten) Verweisungsantrags auszugehen sei und die Wertung des § 281 Abs. 3 ZPO berücksichtigt werden müsse.

Die Beklagte hat erstinstanzlich insbesondere der Auffassung vertreten, es fehle an einem Verschulden der Mitarbeiter der Beklagten. Die geltend gemachten Mietwagenkosten - für tatsächlich angefallene 16 Tage statt 17 Tage - seien nicht angemessen und erstattungsfähig. Sie hat behauptet, eine Reparaturdauer von 17 Tagen sei angesichts der geringen Beschädigung nicht erforderlich, eine vorherige Terminsabstimmung auch bei etwaigen Lieferschwierigkeiten möglich gewesen. Kosten für eine Haftungsreduzierung seien nicht erstattungsfähig. Sie hat die Auffassung vertreten, der Geschädigte hätte sich nach günstigere...

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