Leitsatz (amtlich)

Auch bei einer mit Ordnungsmittel-Androhung versehenen Urteilsverfügung wird die Vollziehungsfrist des § 929 II ZPO nur gewahrt, wenn das Urteil im Parteibetrieb zu-gestellt wird. Seine frühere abweichende, noch vielfach in UWG- und ZPO-Kommentaren zitierte Ansicht, dass die Amtszustellung eines solchen Urteils genüge (vgl. z.B. OLG Stuttgart NJW-RR 1998, 622, WRP 1981, 291), hat der Senat bereits vor geraumer Zeit aufgegeben. Der Senat folgt auch der ganz h.M., dass ein Verfügungsurteil, das auf Widerspruch gegen einen mit Ordnungsmittel-Androhung versehenen, durch Parteizustellung frist-gerecht vollzogenen Verfügungsbeschluss ergeht, nur dann der nochmaligen Vollziehung durch Parteizustellung bedarf, wenn es diesen inhaltlich ändert, gar erweitert, nicht aber, wenn es ihn vollinhaltlich bestätigt oder ihn unter seiner Aufhebung im Übrigen einschränkt.

 

Normenkette

ZPO § 929 Abs. 2, § 936

 

Verfahrensgang

LG Heilbronn (Urteil vom 28.12.2008; Aktenzeichen 23 O 146/07 KfH)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil der 3. Kammer für Handelssachen des LG Heilbronn vom 28.12.2008 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor Ziff. 1 insgesamt (nur) lautet:

Der Verfügungsbeklagten wird untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken zu behaupten und/oder behaupten zu lassen, die Kragplattenanschlüsse "H.-ElementT" seien mit den Kragplattenanschlüssen "I." der Verfügungsklägerin hinsichtlich der Wärmedämmleistung gleichwertig.

2. Die Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Kosten des ersten Rechtszugs werden gegeneinander aufgehoben.

Gegenstandswert des Berufungsverfahrens: 125.000 EUR.

 

Gründe

I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, sie hat der Sache nach im Ergebnis keinen Erfolg.

A. Zum einen wird auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO).

Kurz zusammenfassend:

Die Verfügungsklägerin [im Folgenden kurz: Klägerin] und die Verfügungsbeklagte [im Folgenden kurz: Beklagte] sind Wettbewerber auf dem Gebiet von Wärmedämmprodukten wie z.B. Balkonanschluss-Elemente.

Nach antragsgemäßem Erlass des Verfügungsbeschlusses vom 31.10.2007 (Bl. 36 bis 37), der einschränkungslos jegliche Gleichwertigkeitsbehauptung hinsichtlich der Beklagtenkragplattenanschlüsse "H.-ElementT" und den Klägerkragplattenanschlüssen "I." verboten hatte, hat das LG in seinem Urteil diesen Ausspruch dahin "abgeändert bzw. ergänzt", dass es solche Gleichwertigkeitsberühmungen verbiete, ohne dass gleichzeitig auf eine u.U. unterschiedliche Wärmedämmleistung der Produkte hingewiesen wird, wenn und so lange diese vorliegt.", da die mündliche Verhandlung ergeben habe, dass es der Klägerin "in erster Linie darum [gehe], eine Irreführung des Inhalts zu verhindern, dass die jeweiligen Kragplattenanschlüsse speziell in Bezug auf die Wärmedämmleistung gleichwertig seien". Diesen Eindruck erwecke das Standard-Erläuterungsschreiben der Beklagten (ASt 2) auf Ausschreibungen mit Klägerelementen als Referenzprodukt mit einer Öffnungsklausel für gleichwertige Fabrikate, woran trotz einer auf die Klägerabmahnung hin erfolgten Beschränkung (ASt 8) festzuhalten sei.

Dies greift die Berufung der Beklagten an, da ihre Standarderklärung nur die DIN-Gleichwertigkeit ihres Produktes bestätige, nicht aber eine Gleichwertigkeitsbehauptung in Bezug auf die Wärmedämmleistung enthalte, auf welche es einem Ausschreibenden, wenn nicht besonders nachgefragt werde, bei seiner Gleichwertigkeitsanforderung nicht ankomme. Jedenfalls sei die Klägerin ihrer Glaubhaftmachungslast nicht nachgekommen, dass die Beklagte mit ihren Produkten die Gleichwertigkeit der Wärmedämmleistung verfehle.

Die Beklagte beantragt, unter Abänderung das Urteils des LG Heilbronn vom 27.12.2007 (23 O 146/07 KfH) und Aufhebung der Beschlussverfügung vom 31.10.2007 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung als richtig.

Hinsichtlich des Weiteren Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze sowie die Verhandlungsniederschriften verwiesen (§ 313 Abs. 2 S. 2 ZPO).

B.1.a) Soweit die Beklagte die von Amts wegen zu beachtende, aber nicht zu ermittelnde (Pfälz. OLG Zweibrücken MDR 1998, 123; Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 28. Aufl. [2007], § 929, 2) Einhaltung der Vollziehungsfrist gem. §§ 928, 929 Abs. 2, 936 ZPO rügt, vermag sie damit im Ergebnis nicht durchzudringen. Allerdings hat der Senat, obgleich er mit der in NJW-RR 1998, 622, 623 veröffentlichten Entscheidung noch verbreitet zitiert wird (vgl. etwa Teplitzky, Wettbewerbsrechtliche Ansprüche und Verfahren, 9. Aufl. [2007], Kap. 55, 38 Fn. 128; Vollkommer in Zöller, ZPO, 26. Aufl. [2007], § 929, 12; Köhler in Hefermehl/Köh-ler/Bornkamm, UWG, 26. Aufl. [2008], § 12, 3.62; Berneke in Ahrens, Der Wettbewerbsprozess, 5. Aufl. [2005], Kap. 57, 11 [Fn. 16]; Retzer in Harte/Henning, UWG [2004], § 12, 521), wofür der Senat zum Teil auch sehr heftige Kritik erf...

Dieser Inhalt ist unter anderem im VerwalterPraxis Gold enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge