Leitsatz (amtlich)
Liegt kein Fall verbundener Verträge gemäß § 358 BGB vor, erstreckt sich die Rückabwicklung des wirksam widerrufenen Verbraucherdarlehens nicht auf Leistungen des Darlehensnehmers, die dieser zur Tilgung des Darlehens erbracht hat. Dementsprechend kann der Darlehensnehmer nicht die Herausgabe aus der Tilgung gezogener Nutzungen verlangen (Festhaltung an OLG Stuttgart, Urteil vom 6.10.2015 - 6 U 148/14).
Normenkette
BGB §§ 346, 355, 357 Abs. 1, § 358
Verfahrensgang
LG Heilbronn (Urteil vom 14.08.2014; Aktenzeichen 6 O 134/14) |
Nachgehend
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 6. Zivilkammer des LG Heilbronn vom 14.8.2014 abgeändert.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Kläger 6.112,03 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 22.2.2014 zu bezahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weiter gehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Berufung der Kläger wird zurückgewiesen.
4. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen tragen die Kläger als Gesamtschuldner 60 %, die Beklagte trägt 40 %.
5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
6. Die Revision wird zugelassen.
Streitwert des Berufungsverfahrens: 20.340,98 Euro.
Gründe
I. Nachdem die Kläger den Widerruf zweier Verbraucherdarlehensverträge über nominal 150.000 Euro bzw. 76.000 Euro (im Folgenden: KSK-Darlehen und KfW-Darlehen) erklärt haben, streiten die Parteien um Wirksamkeit und Rechtsfolgen des Widerrufs.
Die Kläger haben mit Schreiben vom 17.12.2013 den Widerruf der beiden Verbraucherdarlehensverträge erklärt, die sie unter dem 20.6.2005 mit der Beklagten geschlossen hatten. Dabei handelt es sich im Fall des KfW-Darlehens um Mittel, die von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (im Folgenden: KfW) über die Landesbank Baden-Württemberg (im Folgenden: LBBW) darlehensweise der Beklagten und von dieser im Wege des Verbraucherdarlehens den Klägern zur Verfügung gestellt wurden.
Die Parteien streiten zum einen um die Wirksamkeit des Widerrufs. Diesen bestreitet die Beklagte zunächst mit der Begründung, die Widerrufsfrist sei bereits abgelaufen gewesen. Soweit sie, die Beklagte, auf den Widerruf mit einem Schreiben vom 18.12.2013 (Anlage K 4) reagiert habe, in dem sie den Erhalt des Widerrufsschreibens bestätigt und in dem sie - ohne einen wie auch immer gearteten Vorbehalt gegenüber der Wirksamkeit des Widerrufs zu machen - erklärt hat, "infolge des Widerrufs" sei das Darlehen zurückzuzahlen, ergebe sich daraus nichts zugunsten der Kläger. Die Beklagte hat in erster Instanz weiter eingewandt, die Parteien hätten sich vorgerichtlich vergleichsweise über die Rückabwicklung der Verträge geeinigt. Zuletzt meint die Beklagte, ein mögliches Widerrufsrecht sei jedenfalls verwirkt.
Zum anderen streiten die Parteien um die Rechtsfolgen des Widerrufs.
Insoweit sind die Kläger der Auffassung, die Beklagte sei zur Rückerstattung der vor dem Widerruf auf die Darlehen gezahlten - Zins- und Tilgungsanteile enthaltenden - Raten sowie zur Herausgabe von der Beklagten aus Zins- und Tilgungsanteilen gezogener Nutzungen verpflichtet. Dabei sei die Höhe der gezogenen Nutzungen bei der Beklagten als Bank dahin zu vermuten, dass sie Nutzungen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gezogen habe. Demgegenüber meint die Beklagte, weder Zins- und Tilgungszahlungen, noch daraus gezogene Nutzungen herausgeben zu müssen. Auch eine Vermutung des von den Klägern vertretenen Inhalts sei nicht berechtigt.
Die Beklagte verteidigt sich außerdem damit, dass sie - wie unstreitig geblieben ist - bezüglich des KfW-Darlehens die Zins- und Tilgungsleistungen der Kläger unmittelbar über die LBBW an die KfW weiterleiten musste. Sie verteidigt sich insoweit außerdem aufrechnungsweise mit einer Vorfälligkeitsentschädigung in Höhe von 2.315,73 Euro, die sie, die Beklagte, an die LBBW habe leisten müssen und die sie aus Auftragsrecht von den Klägern zurückfordern könne.
Zuletzt streiten die Parteien um die Folgen, die es hat, dass vom KSK-Darlehen zunächst 49.000 Euro bereits an die Kläger ausgezahlt worden waren und die, nachdem sie noch nicht benötigt wurden, zunächst nochmals an die Beklagte zurückgezahlt wurden. Insoweit meint die Beklagte, der Betrag von 49.000 Euro sei zweimal ausgezahlt worden und sei daher im Rahmen der Rückabwicklung bei der Berechnung der Zinsen aus den wechselseitigen Ansprüche zu Lasten der Kläger auch doppelt zu berücksichtigen; die von den Klägern zu zahlenden Zinsen seien daher nicht nur aus 150.000 Euro, sondern aus 199.000 Euro zu ermitteln.
In der Summe meinen die Kläger, bei richtiger Abrechnung des Vertragsverhältnisses ...