Leitsatz (amtlich)
1. Treffen die Parteien eines Architektenvertrags nach Vertragsschluss und Leistungserbringung eine "Ohne-Rechnung-Abrede" zur Hinterziehung von Umsatzsteuer, erfasst die Nichtigkeit nach § 134 BGB wegen eines Verstoßes gegen das Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz nicht nur den Abänderungsvertrag, sondern das gesamte geänderte Vertragsverhältnis, so dass aus diesem Vertrag keine Gewährleistungsrechte oder Honoraransprüche mehr hergeleitet werden können.
2. Das gilt jedenfalls dann, wenn eine Teilbarkeit der synallagmatischen Beziehung in Zeiträume mit und ohne sittenwidrige Honorarvereinbarung nicht möglich ist und die "Ohne-Rechnung-Abrede" damit (auch) das Entgelt für die Planung, aus der Gewährleistungsansprüche hergeleitet werden sollen, betrifft.
3. Vorbringen in der Berufungsinstanz, das der Feststellung im unstreitigen Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils widerspricht, der für die 2. Instanz Beweiskraft nach § 314 ZPO hat, kann nach § 531 Abs. 2 ZPO nicht zu berücksichtigen sein.
Normenkette
BGB § 634; SchwarzArbG § 1 Abs. 2; ZPO § 314
Verfahrensgang
LG Rottweil (Urteil vom 23.12.2014; Aktenzeichen 2 O 191/11) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des LG Rottweil vom 23.12.2014, Az. 2 O 191/11, abgeändert und die Klage abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits beider Instanzen zu tragen. Die durch die Nebenintervention des Streithelfers des Beklagten verursachten Kosten beider Instanzen hat der Kläger zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Die Revision wird zugelassen.
5. Der Streitwert für beide Instanzen wird auf 132.716,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger macht gegen den Beklagten Schadensersatzansprüche wegen fehlerhafter Architektenleistung geltend. Der Kläger beauftragte den Beklagten, einen Architekten, im Jahre 2010 zumindest mit der Genehmigungsplanung (Leistungsphase 4) des § 33 HOAI (2009) für den Neubau seines Einfamilienhauses. Die Parteien vereinbarten für die Architektenleistungen ein Honorar von 2.500,00 EUR. Der Beklagte wurde für den Kläger tätig und erarbeitete verschiedene Vorschläge, fertigte Skizzen an, unterbreitete Empfehlungen zur Senkung der Baukosten und gab eine mündliche Kostenschätzung ab. Der Beklagte fertigte schließlich für den Kläger unter dem Datum des 14.8.2010 einen Antrag auf Baugenehmigung (Anl. K 6, Bl. 75 ff. der Akten). In der zugehörigen Baubeschreibung trug der Beklagte unter "5. Grundstücksbeschaffenheit" folgendes ein:
"Baugrund (Angaben nach DIN 1054) Beschaffenheit und Tragfähigkeit; bindige Böden ausreichend tragfähig" (vgl. Bl. 80 d.A..).
Nach Verhandlungen mit der Stadt S. unter Beteiligung des Beklagten wurde dem Kläger die Baugenehmigung erteilt.
Am 8.10.2010 erteilte der Beklagte dem Kläger, nachdem dieser nunmehr einen Teilbetrag des Honorars in bar ohne Rechnung zahlen wollte, eine Rechnung über 1.500,00 EUR zuzüglich 285,00 EUR Umsatzsteuer, die der Kläger überwies. Weiterhin zahlte der Kläger dem Beklagten zusätzliche 1.000,00 EUR in bar. Nach Abriss des vorhandenen Wohnhauses begann der mit den Rohbauarbeiten beauftragte Streithelfer des Klägers im Spätherbst 2010 mit den Erdarbeiten. Bereits kurze Zeit nach Herstellung der Bodenplatte zeigte sich eine Neigung bei dieser von ca. 7 cm Richtung Gartenseite. Nachdem der Rohbauer davon ausging, dass sein Nivelliergerät falsch eingestellt war bzw. der Laser verschoben worden war, wurde der Rohbau zunächst weiter errichtet. Erst nach Fertigstellung des Daches wurde im Zuge der Flaschnerarbeiten der Bau eingestellt.
Der Kläger macht mit der Klage einen Schadensersatzanspruch wegen der ihm im Zusammenhang mit Stabilisierung und Anhebung des Hauses entstehenden Kosten geltend. Ferner macht er einen Feststellungsantrag geltend.
Der Beklagte erklärt hilfsweise die Aufrechnung gegen die Forderung des Klägers mit einem weiteren Architektenhonorar für die Leistungsphasen 1 - 8 i.H.v. 35.573,23 EUR.
Der Kläger, der behauptet, den Beklagten mit allen 9 Leistungsphasen des § 33 HOAI (2009) beauftragt zu haben, macht einen Planungsfehler des Beklagten geltend. Der Beklagte hätte die Eignung des Baugrundes für das Bauvorhaben prüfen lassen und ihn entsprechend beraten müssen.
Im Übrigen wird auf die tatsächlichen Feststellungen im angegriffenen Urteil sowie die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 ZPO).
Das LG hat der Klage stattgegeben.
Der Kläger habe einen Schadensersatzanspruch gegen den Beklagten, weil dieser seine Pflichten aus dem wirksamen Architektenvertrag schlecht erfüllt habe. Der Vertrag sei nicht gem. § 134 BGB nichtig, weil die nachträgliche Schwarzgeldabrede das bereits zuvor begründete Werkvertragsverhältnis unberührt lasse. Auch der nur mit der Genehmigungspl...