Leitsatz (amtlich)

1. Bei einem Darlehen, das zur Finanzierung einer Kapitalanlage zur Steuerersparnis ausgereicht wird, ist die Bank grundsätzlich nicht verpflichtet, den Darlehensnehmer über die besonderen Risiken der Kombination eines langfristigen Festkredits mit einer Lebensversicherung aufzuklären.

2. Darlehensvertrag und Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds sind grundsätzlich keine verbundenen Geschäfte i.S.d. § 9 VerbrKrG. Jedenfalls würde ein Einwendungsdurchgriff daran scheitern, dass dem Anleger aus dem Gesichtspunkt der Täuschung über den Wert oder die Rentabilität der Kapitalanlage keine Ansprüche gegen die GbR zustehen, der er als Gesellschafter beigetreten ist.

3. Zu den Voraussetzungen, unter denen aufgrund neuen Vortrags die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen ist.

 

Normenkette

ZPO § 156; VerbrKrG § 99 Abs. 3

 

Verfahrensgang

LG Stuttgart (Aktenzeichen 22 O 199/01)

 

Tenor

1. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des LG Stuttgart vom 24.1.2002 – 22 O 199/01 – wird zurückgewiesen.

2. Die Kläger tragen die Kosten der Berufung.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Streitwert und Beschwer: 41.925,93 Euro.

 

Tatbestand

Die Kläger verlangen Rückabwicklung eines Darlehensvertrags im Zusammenhang mit dem Beitritt zu einem Immobilienfonds.

Aufgrund der Vermittlung durch eine Bekannte, die ihnen die Beteiligung an einem geschlossenen Immobilienfonds als sichere und gewinnbringende Anlage vorgestellt hatte, entschlossen sich die Kläger zu Beginn des Jahres 1997, dem W.-Fonds Nr. 40 GbR beizutreten und die Einlage durch einen Kredit zu finanzieren. Am 17.1.1997 unterzeichneten sie eine Betrittserklärung, am 29.1.1997 traten sie der Gesellschaft durch notarielle Urkunde bei. Am selben Tag unterschrieben sie den vorbereiteten Darlehensvertrag mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten über DM 70.480. Zur Sicherheit traten sie ihren Gesellschaftsanteil und die Rechte aus zwei Lebensversicherungen ab.

Am 31.10.1997 wurde durch Beschluss des AG Stuttgart das Konkursverfahren über das Vermögen der W.W.S. eröffnet. Von Mai 1997 bis August 2000 bezahlten die Kläger auf die Darlehensverpflichtungen 11.386,40 DM. Seitdem haben sie ihre Zahlungen eingestellt.

Die Kläger sind der Meinung, die Beklagte sei aus verschiedenen Gesichtspunkten zur Rückabwicklung des Kreditgeschäfts einschl. Rückabtretung der Rechte aus den beiden Lebensversicherungen verpflichtet. Die Beklagte hafte, weil ihr erkennbar gewesen sei, dass mit diesen Geschäften unerfahrene Anleger übervorteilt würden und die …-Fonds zum Scheitern verurteilt seien. Es habe sich um planmäßigen Betrug gehandelt, so dass eine Haftung schon deswegen zu bejahen sei, weil die Beklagte ein sittenwidriges Rechtsgeschäft vermittelt habe. Für das Handeln der Anlageberaterin habe sie einzustehen. Sie habe gewusst, dass es sich bei den …-Fonds um ein Schneeballsystem gehandelt habe, ihr sei auch die wirtschaftliche Situation der W. bekannt gewesen. Sie habe gewusst, dass bereits im März 1994 29 Mio. DM vertragswidrig verwendet worden seien; dass ihr dieser Umstand bekannt gewesen sei, ergebe sich daraus, dass sie Ende dieses Jahres für die Finanzierung des Fonds Nr. … Sicherheit für die abgegebene Mietgarantie gefordert habe, ebenso nachträglich für die Fonds Nr. … . Damit seien aus dem Volumen für den Fonds Nr. … 5 Mio. DM abgezweigt worden mit der Folge einer insgesamt sinkenden Rentabilität. Bei den Fonds Nr. … und … habe die Beklagte sodann auf Mietgarantien verzichtet, weil die W. weitere Belastungen nicht mehr habe tragen können. Kenntnis von der sinkenden Rentabilität habe die Beklagte auch deswegen gehabt, weil sie sich laufend die Gesellschaftsanteile der Anleger habe verpfänden lassen. Die Beklagte habe sich hinsichtlich des Fonds Nr. … in einer Interessenkollision befunden, weil Grundschulden von 45 Mio. DM abgelöst worden seien. Die Beklagte habe den Absatz an die Anleger gefördert, um das Scheitern des Gesamtprojekts und damit eine Wertminderung ihrer Sicherheiten zu verhindern. Aufgrund einer engen Zusammenarbeit mit der W. habe sie ihre Rolle als Kreditgeberin überschritten.

Was das Darlehen selbst angehe, habe die Beklagte über die Risiken eines Festdarlehens und dessen Absicherung über Kapitallebensversicherungen nicht aufgeklärt.

Überdies könnten die Kläger der Beklagten Einwendungen aus dem Verhältnis zur Gesellschaft gem. § 9 Abs. 3 VerbrKG entgegenhalten. Dass ein verbundenes Geschäft vorliege, habe die Beklagte selbst angenommen.

Die Kläger haben in erster Instanz beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, Zug um Zug gegen Übertragung der Anteile der Kläger am Fonds Nr. … der G. GbR L. den Darlehensvertrag zwischen den Klägern und der Beklagten vom 29.1.1997 (Konto-Nr. … über die Gesamtdarlehenssumme von 70.480 DM rückwirkend zum Abschlusstag aufzuhe...

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