Leitsatz (amtlich)
1. Bei einer (Publikums-)Personengesellschaft setzen Mehrheitsentscheidungen über nachträgliche Beitragserhöhungen eine Legitimationsgrundlage in der Satzung voraus, welche Ausmaß und Umfang einer möglichen zusätzlichen Belastung der Gesellschafter erkennen lassen muss.
2. Zwar kann ein Gesellschafter im Sanierungsfall kraft Treuepflicht gehalten sein, einer Erhöhung der Beiträge der hierzu bereiten Mitgesellschafter zuzustimmen. Eine aus der Treuepflicht resultierende Pflicht des sanierungsunwilligen Gesellschafters selbst zur Einwilligung in eine Erhöhung des eigenen Beitrags ist jedoch nur in ganz außergewöhnlichen Ausnahmefällen zu bejahen. Für deren Annahme reicht es insbesondere nicht aus, dass die Gesellschaft anderenfalls in Insolvenz geraten würde.
3. Hat ein Gesellschafter der Begründung einer eigenen Nachschusspflicht nicht zugestimmt und war seine Einwilligung auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Treuepflicht geboten, so kann er die ihm gegenüber bestehende Unwirksamkeit des entsprechenden Mehrheitsbeschlusses - unabhängig von der Wahrung satzungsmäßiger Ausschlussfristen - jederzeit ggü. der Gesellschaft einwenden. Ist gegen ihn bereits Zahlungsklage der Gesellschaft erhoben worden, besteht daher kein Feststellungsinteresse für eine auf Feststellung der Beschlussunwirksamkeit gerichtete Feststellungsklage des Gesellschafters.
4. Eine auf Feststellung der Beschlussunwirksamkeit gerichtete Gesellschafterklage ist auch im Falle einer Publikumspersonengesellschaft nicht gegen die Gesellschaft, sondern stattdessen gegen die Gesellschafter zu richten, welche die vom betreffenden Kläger abweichende Rechtsansicht vertreten. Dies gilt nur dann nicht, wenn eine Sachbefugnis der Gesellschaft selbst für Rechtsstreitigkeiten über die Wirksamkeit von Beschlüssen in der Satzung vorgesehen ist.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Normenkette
BGB § 707; HGB § 105 Abs. 2; ZPO §§ 256, 533
Verfahrensgang
LG Tübingen (Urteil vom 24.04.2009; Aktenzeichen 20 O 35/07) |
Tenor
Die Berufungen der Klägerin wie auch des Beklagten gegen das Urteil der 20. Zivilkammer des LG Tübingen vom 24.4.2009 (20 O 35/07) werden zurückgewiesen.
Von den Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin 38 % und der Beklagte 62 %.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger wie auch die Beklagte dürfen die Vollstreckung durch die jeweilige Gegenpartei durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweilige Gegenpartei vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Streitwert:
1. Berufung der Klägerin:
Klage: 93.893,64 EUR
2. Berufung des Beklagten:
a) Widerklageantrag Ziff. 1: 93.893,64 EUR
b) Widerklageantrag Ziff. 2: 60.000 EUR
insgesamt: 153.893,64 EUR
Berufungsverfahren insgesamt:
247.787,28 EUR
Gründe
I. Die Klägerin ist eine Fondsgesellschaft in der Rechtsform der offenen Handelsgesellschaft, welche den Beklagten auf Zahlung eines Nachschusses i.H.v. 93.893,64 EUR zzgl. Verzugszinsen in Anspruch nimmt.
Der Beklagte hatte am 17.11.1994 eine Beitrittserklärung (Anlage K 1; GA I 5) unterzeichnet, mit welcher er sich an dem Objekt "Gewerbe- und Wohnanlage ... X Grundstücks-GmbH & Co ... OHG" mit einem Betrag i.H.v. 1.836.400 DM zzgl. 5 % Agio beteiligte. In der Beitrittserklärung heißt es u.a.:
"Die Einlage soll - nach Maßgabe der nachgenannten Bestimmungen - treuhänderisch von der K. Vermögensverwaltungs GmbH ... für mich gehalten werden ... Einen Treuhandvertrag entsprechend dem mir gemäß Prospekt bekannten Wortlaut schließe ich mit dieser Gesellschaft ab. Ich erkenne den Gesellschaftsvertrag der X Grundstücks-GmbH & Co ... OHG und den Treuhandvertrag der K. Vermögensverwaltungs GmbH als für mich verbindlich an und bestätige, die Verträge zusammen mit dem Angebotsprospekt erhalten und zur Kenntnis genommen zu haben ... Mir ist bekannt, dass ich über die Verpflichtung zur Leistung der in dieser Beitrittserklärung vereinbarten Zahlungen hinaus, mit meinem sonstigen Vermögen ggü. den Gläubigern der Gesellschaft quotal entsprechend meiner kapitalmäßigen Beteiligung an der Gesellschaft hafte ... Ferner bin ich verpflichtet, bei fehlender Liquidität Nachschüsse zu leisten, jedoch stets nur quotal entsprechend meiner Beteiligung ..."
Die Beitrittserklärung des Beklagten war am 24.11.1994 seitens der Klägerin wie auch der K. Vermögensverwaltungs GmbH - welche später in N. Vermögensverwaltungs GmbH umfirmierte - angenommen worden (Anlage K 1, a.a.O.).
Im Gesellschaftsvertrag betreffend die Klägerin von Mai 1994 (Anlage K 2; GA I 6 ff.) sind u.a. folgende Bestimmungen vorgesehen:
"... § 7 Aufnahme weiterer Gesellschafter
1. ...
...
1. Die K. Vermögensverwaltungs GmbH - nachstehend Treuhänder genannt - wird die Beteiligung an der Gesellschaft im eigenen Namen für fremde Rechnung als Treuhänder erwerben und erhalten sowie sämtliche daraus resultierenden Rechte für die Treugeber wahrnehmen. Der Treuhandvertrag gemäß beiliege...