Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Wiedereinsetzung bei fehlerhafter Überwachung der Berufungsbegründungsfrist
Leitsatz (amtlich)
Ein Rechtsanwalt, dem Akten auf Vorfrist vorgelegt werden, muss – wenn er die Bearbeitung bis zum Tag des Fristablaufes aufschiebt – eigenverantwortlich sicherstellen, dass ihm die Akten am Tag des Fristablaufes wieder vorgelegt werden. Er muss entweder nachprüfen, ob die Ablauffrist im Fristenkalender eingetragen ist, oder in der Handakte deren Wiedervorlage am Ablauftag verfügen.
Normenkette
ZPO §§ 85, 233, 520 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Ludwigshafen (Urteil vom 28.11.2002; Aktenzeichen 5c F 517/01) |
Tenor
I. Der Antrag der Klägerin, ihr wegen Versäumung der Frist zur Begründung der Berufung gegen das Urteil des AG – FamG – Ludwigshafen am Rhein vom 28.11.2002 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wird abgewiesen.
II. Die Berufung der Klägerin gegen das vorgenannte Urteil wird als unzulässig verworfen.
III. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
IV. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 2.879,59 Euro festgesetzt.
V. Der Antrag der Klägerin, ihr zur Durchführung des Berufungsverfahrens Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgewiesen.
Gründe
I. Die Klägerin begehrt vom Beklagten Trennungsunterhalt für die Zeit von Dezember 2001 bis zum 27.7.2002 (Eintritt der Rechtskraft des Scheidungsurteiles).
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 4.12.2002 zugestellte Urteil des FamG vom 28.11.2002, durch das ihrem Begehren nur teilweise entsprochen wurde, legte die Klägerin mit Schriftsatz vom 6.1.2003, eingegangen am gleichen Tag (Montag), Berufung ein. Eine Begründung des Rechtsmittels folgte innerhalb der bis zum 4.2.2003 laufenden Begründungsfrist nicht.
Nach Hinweis des Vorsitzenden des Senates auf den Ablauf der Berufungsbegründungsfrist mit Verfügung vom 6.2.2003 beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 21.2.2003, eingegangen am gleichen Tag, ihr wegen Versäumung dieser Frist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, und begründete zugleich ihre Berufung.
Zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuches trägt sie vor, ihr Bevollmächtigter habe nach Eingang des Urteils in der Kanzlei die Rechtsmittelfristen berechnet und die in der Kanzlei mit der Führung des Fristenkalenders betraute Büroangestellte M.R. angewiesen, diese Ablauffristen sowie eine, eine Woche vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist liegende, Vorfrist in den Fristenkalender einzutragen und in der Handakte zu vermerken. Diese Vorgehensweise entspreche der allgemeinen kanzleiinternen Organisation zur Überwachung von Fristen. Die Akte sei ihm dann auch am Vorfristtag, dem 28.1.2003, vorgelegt worden. Nachdem er sich vergewissert habe, dass eine Fertigung des Begründungsschriftsatzes noch am – in der Handakte vermerkten – Tag des Fristablaufes, dem 4.2.2003, möglich sei, habe er die Akten in die Registratur zurückgegeben. Am 4.2.2003 sei ihm die Akte dann jedoch entgegen der allgemeinen Büroanweisung nicht mehr vorgelegt worden. Die auf Hinweis des Gerichtes vom 6.2.2003, ihm zugegangen am 7.2.2003, durchgeführte Überprüfung habe ergeben, dass die vorgenannte Kanzleimitarbeiterin, bei der es sich um eine gelernte Rechtsanwaltsfachangestellte handele, die – wie regelmäßige Kontrollen durch ihren Prozessbevollmächtigten und dessen Vorgänger in der Vergangenheit gezeigt hätten – die ihr übertragenen Aufgaben seit fünf Jahren sorgfältig und fehlerfrei erfüllt habe, aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen nur die Vorfrist, nicht aber die Ablauffrist in den Fristenkalender eingetragen hatte.
II. Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist ist verfahrensrechtlich bedenkenfrei. Er wurde innerhalb der zweiwöchigen Notfrist gestellt und begründet; die versäumte Prozesshandlung wurde ebenfalls innerhalb der Frist nachgeholt (§ 234 ZPO).
Ihm kann jedoch nicht entsprochen werden.
Gemäß § 233 ZPO ist einer Partei Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn sie ohne ihr Verschulden daran gehindert war, eine Notfrist oder eine andere der dort genannten Fristen einzuhalten. Das Verschulden ihres Prozessbevollmächtigten muss sich die Partei gem. § 85 Abs. 2 ZPO wie eigenes Verschulden zurechnen lassen. Fehlleistungen von Angestellten des Prozessbevollmächtigten hat die Partei dagegen nicht zu vertreten, soweit sich darin nicht ein Organisations-, Aufsichts- oder Informationsverschulden des betreffenden Rechtsanwaltes selbst auswirkt (vgl. hierzu etwa Zöller/Greger, ZPO, 23. Aufl., § 233 Rz. 19 ff.).
Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages geschilderte eigene Büroorganisation und seine Vorgehensweise sind nicht geeignet, ihn vom Vorwurf der schuldhaften Fristversäumung zu entlasten.
Zum einen hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin nicht ausreichend dargetan, wie die Überwachung der Büroangestellten, die mit der Führung des Fristenkalenders betraut ist, sichergestellt ist. Z...