Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachträgliche Befristung eines durch Vergleich zunächst unbefristet titulierten Anspruchs auf Ehegattenunterhalt nach Änderung der Rechtsprechung des BGH
Leitsatz (amtlich)
Zur nachträglichen Befristung eines durch Vergleich zunächst unbefristet titulierten Anspruchs auf Ehegattenunterhalt nach Änderung der Rechtsprechung des BGH durch Urteil vom 12.4.2006 aber vor Inkrafttreten des UÄndG.
Bei Abänderung eines Prozessvergleichs wegen Änderung der Rechtsprechung kommt es entscheidend darauf an, welche Rechtslage die Parteien ihrer Einigung zugrunde gelegt haben. Es kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass ihnen vor Veröffentlichung der geänderten Rechtsprechung in der FamRZ diese bekannt gewesen ist.
Normenkette
BGB a.F. § 1573 Abs. 5; BGB n.F. § 1578b Abs. 1 S. 2; BGB § 1578b Abs. 2; EGZPO § 36 Nr. 1
Verfahrensgang
AG Speyer (Beschluss vom 07.07.2008; Aktenzeichen 43 F 161/08) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des AG - FamG - Speyer vom 7.7.2008 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung über die nachgesuchte Prozesskostenhilfe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats an das AG - FamG - Speyer zurückverwiesen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde des Klägers begegnet verfahrensrechtlich keinen Bedenken.
In der Sache führt das Rechtsmittel zu einem vorläufigen Erfolg. Die für die Abänderungsklage begehrte Prozesskostenhilfe kann nicht mit der Begründung versagt werden, der Kläger sei mit dem Vortrag zur (nachträglichen) Befristung des titulierten Ehegattenunterhalts präkludiert.
Bei Abschluss des Vergleichs der Parteien vom 3.7.2006 bestand die grundsätzliche Möglichkeit einer Befristung nach § 1573 Abs. 5 BGB a.F.. Eine Befristung wurde indes nicht vereinbart. Eine nachträgliche Befristung kann deshalb nur unter den Voraussetzungen der Störung der Geschäftsgrundlage beansprucht werden (vgl. BGH, FamRZ 2004, 1357; Kalthoener/Büttner, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts, 10. Aufl., Rz. 1075).
Nach der neuen Rechtslage kommt es maßgeblich darauf an, ob und ggf. in welchem Umfang durch die Lebensgestaltung während der Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen (§ 1578b Abs. 1 Satz 2 BGB). Die gesetzliche Neuregelung zur Befristung eines Anspruchs auf nachehelichen Unterhalt zum 1.1.2008 ist unter den Voraussetzungen von § 36 Nr. 1 EGZPO (Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts vom 21.12.2007) mögliche Grundlage für ein Abänderungsverlangen. Danach sind Umstände, die vor dem 1.1.2008 entstanden und durch das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts erheblich geworden sind, nur zu berücksichtigen, soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und die Änderung dem anderen Teil unter Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung (rechtskräftiges Urteil, vollstreckbarer Titel oder Unterhaltsvereinbarung) zumutbar ist (vgl. Borth, FamRZ 2008, 105, 108). Das Abänderungsverlangen kann sich demnach allein auf die gesetzliche Neuregelung stützen (vgl. FA-FamR/Gerhard, 6. Aufl., 6. Kapitel Rz. 668 ff.).
Im Gegensatz zur früheren Rechtsprechung zu § 1573 Abs. 5 BGB, nach der bei einer Ehedauer von mehr als 10 Jahren eine Begrenzung des nachehelichen Unterhalts nur unter besonderen Umständen angenommen wurde, hat der BGH indes bereits mit Urteil vom 12.4.2006 (FamRZ 2006, 1006) noch zur alten Rechtslage dem Gesichtspunkt der Ehedauer nur noch eingeschränkte Bedeutung beigemessen (vgl. zur Problematik auch: Rose, FamRZ 2007, 1289, 1295). Die Ehedauer ist dabei zu bemessen von der Eheschließung bis zur Zustellung des Scheidungsantrags, hier vom September 1979 bis August 2003.
Unter Hinweis auf diese Rechtsprechung des BGH wird vertreten, dass ein Abänderungsbegehren, mit dem eine nachträgliche Befristung von zunächst unbefristet tituliertem Ehegattenunterhalt verlangt wird, trotz Änderung des Unterhaltsrechts zum 1.1.2008 und des hierzu erlassenen Übergangsrechts grundsätzlich unzulässig ist, wenn der ursprüngliche Titel nach der maßgeblichen Änderung der Rechtsprechung des BGH errichtet worden ist, so dass die seither ersichtlichen erweiterten Möglichkeiten einer Unterhaltsbefristung bereits hätten berücksichtigt werden können (vgl. OLG Dresden, Beschl. v. 4.7.2008 - 20 WF 574/08, OLGR 2008, 687; OLG Bremen, Beschl. v. 24.6.2008 - 4 WF 68/08, OLGR 2008, 684). Ob dem uneingeschränkt zu folgen ist, insbesondere ob diese Frage bereits im Rahmen der Entscheidung über die nachgesuchte Prozesskostenhilfe und nicht erst im Hauptsacheverfahren abschließend beantwortet werden soll (ablehnend OLG Dresden, a.a.O.), bedarf vorliegend keiner Entscheidung.
Bei der Abänderung eines Prozessvergleichs wegen Änderung der Rechtsprechung ist immer zunächst zu ermitteln, welche Verhältnisse die Parteien zur Grundlage ihrer Einigung gemacht haben und von welcher Rechtslage sie ausgegangen sind (vgl. BGH, FamRZ 2004, 1357 [1358]; s. auch Göppinger/Wax, Unter...