Entscheidungsstichwort (Thema)
Erstattungsfähigkeit des Mehrvertretungszuschlags gem. § 6 BRAGO bei der Vertretung von Wohnungseigentümern
Leitsatz (amtlich)
Haben die Wohnungseigentümer ihren Verfahrensbevollmächtigten noch vor der Entscheidung des BGH zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft (BGH, Beschl. v. 2.6.2005 - V ZB 32/05, MDR 2005, 1156 = BGHReport 2005, 1090 m. Anm. Jennißen) mit der gerichtlichen Geltendmachung rückständiger Hausgelder im Verfahren nach § 43 WEG beauftragt, so steht diesem die Mehrvertretungsgebühr nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO zu; im Falle einer den Wohnungseigentümern günstigen Kostengrundentscheidung ist die angefallene Erhöhungsgebühr dann als Bestandteil der notwendigen Kosten vom Gegner zu erstatten.
Normenkette
BRAGO § 6 Abs. 1 S. 2; WEG § 43
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 20.03.2006; Aktenzeichen 2 T 189/06) |
AG Linz (Beschluss vom 01.02.2006; Aktenzeichen 5 UR II 169/03.WEG) |
Tenor
I. Der angefochtene Beschluss und der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin bei dem AG Linz am Rhein vom 1.2.2006 werden geändert:
Die von der Antragsgegnerin an die Antragsteller nach dem Beschluss des AG Linz am Rhein vom 18.2.2004 in Verbindung mit dem Berichtigungsbeschluss desselben Gerichts vom 4.5.2004 zu erstattenden Kosten werden auf 1.020,10 EUR nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 27.7.2005 festgesetzt.
II. Der Geschäftswert für das Verfahren der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf einen Betrag in der Gebührenstufe bis zu 1.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die sieben Antragsteller sind Wohnungseigentümer der im Beschlusseingang bezeichneten Wohnanlage. Sie haben im Jahr 2003 die Antragsgegnerin, eine weitere Wohnungseigentümerin, im Verfahren nach § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG anwaltlich vertreten auf die Zahlung rückständiger Hausgelder in Anspruch genommen. Durch die erste Instanz abschließenden Beschluss vom 18.2.2004, im Kostenpunkt berichtigt durch weiteren Beschluss vom 4.5.2004, hat das AG gem. § 47 WEG entschieden, dass die Antragsgegnerin die Gerichtskosten des Verfahrens zu tragen und 85 % der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller im ersten Rechtszug zu erstatten hat. Diese Kostenentscheidung ist nach Durchlaufen des Rechtsmittelzuges am 27.7.2005 rechtskräftig und damit nach § 45 Abs. 2 S. 1 WEG wirksam geworden.
Im Rahmen des Kostenfestsetzungsverfahrens haben die Antragsteller für die erste Instanz u.a. die Festsetzung einer 18/10 Erhöhungsgebühr gem. § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO beantragt; dem hat die Rechtspflegerin des AG bei der Kostenausgleichung entsprochen. Auf die u.a. hiergegen gerichtete sofortige Erstbeschwerde der Antragsgegnerin hat das LG den Kostenfestsetzungsbeschluss - soweit für das Verfahren jetzt noch von Interesse - dahin abgeändert, dass die Mehrvertretungsgebühr abgesetzt worden ist. Den Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller stehe eine solche Gebühr unter Berücksichtigung der jüngsten Rechtsprechung des BGH zur Teilrechtsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft bei der Durchsetzung von Wohngeldforderungen nicht zu, weil danach Auftraggeber der Rechtsanwälte allein der teilrechtsfähige Verband gewesen sei und nicht die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft persönlich. Mit ihrer - vom LG zugelassenen - weiteren Beschwerde verlangen die Antragsteller weiterhin den Mehrvertretungszuschlag gem. § 6 BRAGO.
II.1. Das Rechtsmittel ist - nachdem es das LG entsprechend § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO zugelassen hat - als sofortige weitere Beschwerde an das OLG (§§ 29 Abs. 2 FGG i.V.m. 13a Abs. 3 FGG, § 104 Abs. 3 S. 1 ZPO) statthaft (vgl. insoweit BGH NJW 2004, 3412 = AGS 2005, 9; BayObLGZ 2002, 274 = Rpfleger 2003, 43; OLG Zweibrücken OLGReport Zweibrücken 2005, 697 = MDR 2005, 1378), wahrt die gesetzliche Form und Frist und ist auch im Übrigen verfahrensrechtlich nicht zu beanstanden.
2. Die weitere Beschwerde ist in der Sache begründet.
Bei der Kostenausgleichung ist zugunsten der Antragsteller - über die unbeanstandet festgesetzten weiteren Kosten hinaus - auch die von diesen zur Erstattung angemeldete 18/10 Mehrvertretungsgebühr ihrer anwaltlichen Vertreter nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO mit einzubeziehen, da die Verfahrensbevollmächtigten eine solche Gebühr verdient haben und diese auch erstattungsfähig ist.
a) Die erhöhte Gebühr nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO (zeitlich anwendbar gem. § 61 Abs. 1 S. 1 RVG) ist entstanden, da die Verfahrensbevollmächtigten im Jahr 2003 den Auftrag zur rechtlichen Vertretung von den sieben Wohnungseigentümern erhalten haben, die in der Antragsschrift vom 18.8.2003 namentlich als Antragsteller aufgeführt worden sind.
Ihre Mandatierung ist damit gerade nicht seitens des - nach der damals ganz h.M. in Rechtsprechung und Literatur (vgl. insoweit z.B. OLG Zweibrücken ZMR 2005, 985, m.w.N.) nicht als (teil-)rechtsfähig anerkannten - Verbandes der Wohnungseigentümergemeinschaft erfolgt, sondern durch eine Mehrzahl von natürlichen Personen als Auftraggeber...