Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Unterbringung in psychiatrischem Krankenhaus
Leitsatz (amtlich)
Zur nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit einer zur Vermeidung der befürchteten Selbsttötung der Betroffenen angeordneten öffentlich-rechtlichen Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus.
Normenkette
PsychKG Rh.-Pf. § 1 Abs. 2, § 11 Abs. 1; FGG §§ 70 ff.
Verfahrensgang
LG Koblenz (Beschluss vom 23.03.2006; Aktenzeichen 2 T 214/06) |
AG Andernach (Aktenzeichen 10 XIV 18/06.L) |
Tenor
I. Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben.
II. Es wird festgestellt, dass die öffentlich-rechtliche Unterbringung der Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus vom 5.1.2006-13.1.2006 rechtswidrig war.
III. Die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Betroffenen werden dem Landkreis ... auferlegt.
IV. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Nach vorheriger richterlicher Anhörung ordnete das AG - VormG - A. auf Antrag der zuständigen Verwaltungsbehörde (weitere Beteiligte zu 1) mit sofort wirksamem Beschluss vom 5.1.2006 die Unterbringung der Betroffenen in einem psychiatrischen Krankenhaus nach dem Landesgesetz für psychisch kranke Personen (PsychKG Rheinland-Pfalz) auf die Dauer von längstens zwei Wochen an. Begründet wurde die Entscheidung damit, dass nach amtsärztlichem Zeugnis bei der Betroffenen wegen einer "depressiven Verstimmung mit Suizidalität" eine erhebliche Gefahr für das eigene Leben und die eigene Gesundheit bestehe. Noch am selben Tag wurde die Betroffene, die im Anhörungstermin sofortige Beschwerde gegen die Unterbringungsanordnung eingelegt hatte, unter Anwendung von Zwang in eine psychiatrische Klinik verbracht. Am 13.1.2006 wurde die Betroffene aus dem psychiatrischen Krankenhaus entlassen. Die Beschwerdekammer des LG hob daraufhin den Unterbringungsbeschluss des AG am 16.1.2006 auf und teilte dies der Betroffenen formlos mit. Mit eigenhändigem Schreiben vom 13.3.2006 begehrte die Betroffene alsdann u.a., eine Entscheidung dahin zu treffen, dass ihre zwangsweise Unterbringung wegen Fehlens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht rechtens gewesen sei. Daraufhin hat das LG mit Beschluss vom 23.3.2006 die auf das Begehren der Rechtswidrigkeitsfeststellung umgestellte sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Gegen diesen ihr am 30.3.2006 zugestellten Beschluss wendet sich die Betroffene mit ihrer weiteren Beschwerde vom 17.5.2006. Sie verfolgt damit weiter das Ziel, die Feststellung der Rechtswidrigkeit ihrer Unterbringung zu erreichen.
II.1. Die weitere Beschwerde ist nach §§ 27, 29 FGG zulässig, insb. nunmehr auch formgerecht durch Anwaltsschriftsatz eingelegt worden.
a) Zwar hat sich der ursprüngliche Verfahrensgegenstand der Erstbeschwerde dadurch erledigt, dass die Betroffene am 13.1.2006 aus der geschlossenen Psychiatrie entlassen worden ist. Auch nach Beendigung der öffentlich-rechtlichen Unterbringung besteht jedoch das Rechtsschutzinteresse an der Feststellung der behaupteten Rechtswidrigkeit fort. Allein schon die Schwere des Eingriffs in die Freiheit der Person gibt dem zwangsweise Untergebrachten ein rechtlich schützenswertes Interesse an der nachträglichen Feststellung der Rechtswidrigkeit und indiziert gleichermaßen ein Rehabilitationsinteresse; dem von einer beendeten Unterbringungsmaßnahme Betroffenen eine Rechtsschutzmöglichkeit zwecks Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung zu eröffnen, gebieten außerdem die in Art. 19 Abs. 4 GG verbürgte Effektivität des Rechtsschutzes und die Verfahrensgarantie des Art. 5 Abs. 4 EMRK (näher zum Ganzen: OLG Zweibrücken v. 12.1.2005 - 3 W 275/04, OLGReport Zweibrücken 2005, 219 = OLGReport Zweibrücken 2005, 316 = FGPrax 2005, 137).
b) Das Rechtsmittel ist auch nicht verfristet. Dabei kann im vorliegenden Fall dahinstehen, ob gegen die angefochtene Entscheidung des LG, die sich allein zu dem Fortsetzungsfeststellungsbegehren der Betroffenen verhält, als statthaftes Rechtsmittel die sofortige weitere Beschwerde oder die einfache weitere Beschwerde eröffnet ist. Zweifel an einer Fristgebundenheit der weiteren Beschwerde ergeben sich hier deshalb, weil die von der Zivilkammer in der Erstbeschwerdeinstanz getroffene Entscheidung über den Feststellungsantrag, wenn sie mit demselben Inhalt im ersten Rechtszug ergangen wäre, mit der einfachen Beschwerde nach § 19 FGG hätte angefochten werden können; ein Fall der sofortigen Beschwerde nach §§ 70m Abs. 1, 70g Abs. 3, 70h Abs. 1 FGG ist insoweit nicht gegeben. Selbst wenn aber trotz der späteren Antragsumstellung auf das Feststellungsbegehren wegen der Fristgebundenheit der Erstbeschwerde gegen die amtsgerichtliche Unterbringungsanordnung mit Blick auf § 29 Abs. 2 FGG von einer sofortigen weiteren Beschwerde auszugehen sein sollte, ist die Rechtsmittelfrist nicht versäumt, weil der Beschluss des LG entgegen dem für das Feststellungsverfahren aus rechtsstaatlichen Gründen entsprechend anwendbaren § 70f A...