Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 24.11.2022; Aktenzeichen 3 O 10/22) |
Nachgehend
Tenor
1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das am 24.11.2022 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz), Az. 3 O 10/22, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch einstimmig gefassten Beschluss zurückzuweisen.
2. Der Kläger erhält Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 05.06.2023.
Gründe
Die Berufung des Klägers hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 ZPO). Die Kammer hat die Klage richtigerweise ganz überwiegend abgewiesen. Die Berufungsbegründung gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung.
Auch die weiteren Voraussetzungen für eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2 - 4 ZPO) liegen vor.
Im Einzelnen gilt Folgendes:
1. Die Kammer hat zutreffend festgestellt, dass die Beitragsanpassung zum 01.01.2019 von der Beklagten hinreichend i.S.v. § 203 Abs. 5 VVG begründet worden ist. Berufungsangriffe hiergegen bringt der Kläger nicht vor.
2. Die streitgegenständlichen Beitragsanpassungen waren nicht im Hinblick auf deren materielle Rechtmäßigkeit zu überprüfen.
a) Der Vortrag des Klägers, die Beitragsanpassungen seien materiell rechtswidrig, ist bereits aus prozessualen Gründen unbeachtlich. Denn seine Behauptung, der Beklagte habe dem Treuhänder nicht alle diejenigen Unterlagen vorgelegt, die für die vollständige und ordnungsgemäße Überprüfung erforderlich gewesen seien, dass die Limitierungsmittel in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorgaben verwendet worden seien, erfolgte ins Blaue hinein.
Die Darlegungs- und Beweislast für die materielle Rechtmäßigkeit einer Beitragsanpassung trifft den Versicherer (grundsätzlich BGH, Urteil vom 14.12.1994, Az. IV ZR 304/93; s. auch BGH, Urteil vom 9.12.2015, Az. IV ZR 272/15; jeweils Juris). Sie unterliegt der umfassenden tatsächlichen und rechtlichen Prüfung durch die Zivilgerichte (BGH, Urteil vom 16.06.2004, Az. IV ZR 117/02, Juris). Maßstab für die gerichtliche Prüfung einer (kollektiven) Prämienanpassung ist, ob diese nach aktuariellen Grundsätzen als mit den bestehenden Rechtsvorschriften in Einklang stehend anzusehen ist. Die vorzunehmende Kontrolle der Prämienerhöhung hat sich zunächst darauf zu erstrecken, ob die Anpassungsvoraussetzungen gegeben sind. Ist das der Fall, ist der Umfang der (kollektiven) Prämienerhöhung zu überprüfen, dies unter besonderer Berücksichtigung von Limitierungsmaßnahmen. Zu prüfen ist letztlich auch, ob die individuelle Prämienanpassung zutreffend erfolgte. Zu alledem ermangelt es (erstinstanzlich) an substantiierten Angriffen des Klägers; dieser wäre gehalten gewesen, hinreichend detailliert vorzutragen, aufgrund welcher konkreten Umstände er davon ausgeht, dass dem Treuhänder keine oder nur unzureichende Unterlagen und Informationen zur gesetzmäßigen Prüfung von Limitierungsmaßnahmen anlässlich der Beitragsanpassungen vorlagen.
Der Senat verkennt nicht, dass ein Versicherungsnehmer - und seine Prozessbevollmächtigten - in der Regel weder über Details zu Kalkulationen von Versicherungsunternehmen noch über besondere Kenntnisse auf dem Gebiet der Versicherungsmathematik verfügt. Eine Partei muss sich nach herkömmlicher Auffassung keine Spezialkenntnisse aneignen, die zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage erforderlich sind (BGH, Urteil vom 10.10.2006, Az. VI ZR 74/05, Juris). Sie muss sich deshalb auch nicht detailliert mit Berechnungen, Plänen, technischen Erläuterungen, Privatgutachten u.ä. des Prozessgegners auseinandersetzen (BGH, Urteil vom 04.04.2014, Az. V ZR 275/12, Juris): Erst recht nicht ist die Partei verpflichtet, im Wege eines Privatgutachtens eine vorgerichtliche Aufklärung zu betreiben (BGH, Urteil vom 19.02.2003, Az. IV ZR 321/02, Juris). Einer Partei ist es grundsätzlich nicht verwehrt, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Umstände zu verlangen, über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt und auch nicht erlangen kann, die sie aber nach Lage der Verhältnisse für wahrscheinlich oder auch nur für möglich hält. Dies gilt insbesondere dann, wenn sie sich nur auf vermutete Tatsachen stützen kann, weil sie mangels Sachkunde und/oder Einblick in die Organisationsstrukturen und Arbeitsabläufe des Verfahrensgegners keine sichere Kenntnis von Einzeltatsachen haben kann.
Allerdings ist anerkannt, dass eine Partei gegnerischen Vortrag nicht ins Blaue hinein bestreiten darf; insoweit gilt das Gleiche wie beim Sachvortrag ins Blaue hinein. Dementsprechend ist ein Bestreiten dann unbeachtlich, wenn es willkürlich erfolgt, d.h. ohne greifbare tatsächliche Anhaltspunkte vorgenommen wird (konkret für das Bestreiten BGH, Urteil vom 09.12.2015, Az. IV ZR 272/15; BGH, Urteil vom 15.06.2000, Az. I ZR 55/98,; jeweils Juris; vgl. auch [für den Sachvortrag] BGH, Urteil vom 21.07.2021, Az. VIII ZR 254/20; BGH, Beschluss vom 19.01.2021, Az. VI ZR 433/19; BG...