Entscheidungsstichwort (Thema)
(Keine) Wiedereinsetzung bei Versäumnis der Rechtsmittelbegründungsfrist infolge Einreichung der Begründungsschrift beim falschen Gericht
Leitsatz (amtlich)
Wird die Beschwerdebegründungsfrist versäumt, weil die Begründungsschrift entgegen § 117 Abs. 1 FamFG nicht beim Beschwerdegericht sondern beim Familiengericht eingereicht wurde, so kann Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur bewilligt werden, wenn die Begründungsschrift beim Familiengericht so rechtzeitig eingegangen ist, dass ihre fristgemäße Weiterleitung im normalen ordnungsgemäßen Geschäftsgang ohne Weiteres hätte erwartet werden können.
Die Voraussetzungen dieser Erwartung sind glaubhaft zu machen. Sie liegen nicht offenkundig auf der Hand, wenn die als solche nicht auf den ersten Blick erkennbare Begründungsschrift im Laufe eines Dienstags beim Familiengericht eingegangen ist und spätestens mit Ablauf des Montags der folgenden Woche beim Beschwerdegericht hätte vorliegen müssen.
Normenkette
FamFG § 113 Abs. 1, § 117 Abs. 1; ZPO § 85 Abs. 2, § 222 Abs. 1-2, §§ 233, 236 Abs. 2, § 522 Abs. 1; BGB § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Ludwigshafen (Beschluss vom 25.06.2015; Aktenzeichen 5a F 226/11) |
Tenor
1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 25.6.2015 wird als unzulässig verworfen.
2. Der Antragsteller hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 66.493,34 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Antragsteller nimmt die Antragsgegnerin auf Zugewinnausgleich in Anspruch. Mit Beschluss des AG - Familiengericht - Ludwigshafen am Rhein vom 25.6.2015 wurde sein Zahlungsbegehren abgewiesen. Der Beschluss wurde seinen erstinstanzlichen Verfahrensbevollmächtigten am 6.7.2015 zugestellt. Mit Schriftsatz seines Verfahrensbevollmächtigten zweiter Instanz vom 31.7.2015, eingegangen beim AG am 3.8.2015, hat er dagegen Beschwerde eingelegt. Bis zum Ablauf der Beschwerdebegründungsfrist am Montag, den 7.9.2015 ist keine Beschwerdebegründung beim Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken eingegangen. Nach Hinweis des Senatsvorsitzenden auf die versäumte Beschwerdebegründungsfrist vom 8.9.2015 hat der Antragsteller durch Schriftsatz vom 14.9.2015, eingegangen beim Pfälzischen Oberlandesgericht Zweibrücken am 15.9.2015, mitteilen lassen, er habe die Beschwerdebegründungsschrift am 31.8.2015 an das erstinstanzliche AG Ludwigshafen gesendet, von wo aus sie leider nicht weitergeleitet worden sei. Zudem sei es durch falsche Adressierung und Mandatswechsel zu Verzögerungen gekommen. Die Beschwerdebegründungsschrift vom 31.8.2015 hat er jenem Schriftsatz beigelegt und um ihre Zulassung gebeten.
II. Die Beschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil die Frist zu ihrer Begründung nicht eingehalten worden ist, §§ 117 Abs. 1 FamFG, 522 Abs. 1 ZPO.
1. Gemäß § 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG beträgt die Frist zur Begründung der Beschwerde zwei Monate. Sie begann mit der Zustellung des angefochtenen Beschlusses am 6.7.2015 (§ 117 Abs. 1 Satz 3 FamFG) und endete mit Ablauf des Montag, 7.9.2015 (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 222 Abs. 1 und 2 ZPO, 187 Abs. 1, 188 Abs. 1 BGB). Bis zu diesem Zeitpunkt war beim Pfälzischen Oberlandesgerichts Zweibrücken keine Rechtsmittelbegründungsschrift eingegangen.
2. Zur Wahrung der Rechtsmittelbegründungsfrist kann dem Antragsteller keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand bewilligt werden. Der Senat versteht die vom Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers im Schriftsatz vom 14.9.2015 geäußerte Bitte um "Zulassung der Beschwerdebegründungsschrift" zwar als Wiedereinsetzungsantrag (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 233 ZPO). Der Antrag bleibt aber ohne Erfolg, weil der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht hat, dass er an der Wahrung der Beschwerdebegründungsfrist ohne sein Verschulden gehindert war (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 233 ZPO). Dabei ist dem Antragsteller das Verschulden seines Verfahrensbevollmächtigten zuzurechnen (§ 113 Abs. 1 FamFG, 85 Abs. 2 ZPO).
a. Das Wiedereinsetzungsgesuch wahrt zwar die Wiedereinsetzungsfrist von zwei Wochen (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 234 Abs. 1 ZPO), die durch den Hinweis des Senatsvorsitzenden vom 8.9.2015 in Lauf gesetzt worden ist. Der Antragsteller hat auch die versäumte Rechtshandlung in der Weise nachgeholt, dass er die Beschwerdebegründungsschrift erneut in Vorlage gebracht und dabei durch handschriftliche Änderungen der Adressierung und des Aktenzeichens hinreichend deutlich gemacht hat, dass sie sich nunmehr an das Oberlandesgericht richten soll. Der Antragsteller hat indes die zur Rechtfertigung der Wiedereinsetzung geltend gemachten Tatsachen nicht glaubhaft gemacht (§§ 113 Abs. 1 FamFG, 236 Abs. 2 ZPO).
Die Einhaltung der für die Rechtsmittelbegründung maßgebenden Formvorschriften obliegt dem anwaltlich vertretenen Antragsteller. Von seinem Verfahrensbevollmächtigten ist zu erwarten, dass er die dafür maßgebenden gesetzlichen Regelungen kennt und bei der Ausübung seines Mand...