Normenkette
CMR § 8 Abs. 1 Buchst. b, § 18 Abs. 4, § 23 Abs. 3; HGB § 8 Abs. 1 Buchst. b
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Entscheidung vom 30.04.2018; Aktenzeichen 2 HK O 30/17) |
Tenor
1. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 2. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 30.04.2018 i.V.m. dem Berichtigungsbeschluss vom 15.06.2018 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 12.037,00 EUR nebst 5 % Zinsen seit dem07.06.2016 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Die durch die Nebenintervention entstandenen Kosten trägt der Streithelfer der Beklagten selbst.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Die Klägerin als alleinige Transportversicherung der Firma A... M... A... P... A... in G... (nachfolgend Firma A...) verlangt von der Beklagten als Transporteurin die Zahlung eines Transportschadens in Höhe von 11.185,00 EUR sowie die Erstattung von Gutachterkosten in Höhe von netto 852.- EUR, durchgeführt als Sammeltransport am 18.05.2016 von Bulgarien aus (mit Zwischenstationen in der Tschechischen Republik, in Ungarn und in Italien) mit Ladungsumschlag am 22.05.2016 nach F... (Sitz der Beklagten) und am 23.05.2016 in G... (Sitz der Versicherungsnehmerin).
Der Transportschaden setzt sich aus einem Totalschaden eines Medizinprodukts Marke Humira und eines Lebendimpfstoffes Marke MMR Vaxpro in Höhe von 10.080,00 und 1.105,00 EUR sowie Kosten der Privatsachverständigen in Höhe von netto 852.- EUR zusammen, die die Firma B... & T... G... aus B... der Firma A... am 26.09.2016 in Rechnung gestellt hat.
Ausweislich des Besichtigungsberichts der Firma B... & T... G... handelt es sich bei den beiden Medikamenten um zwingend temperaturgeführte Pharmaprodukte, die wegen Überschreitens der Transporttemperatur ab dem 21.05.2016, 16.40 Uhr bis 22.05.2016, 9.10 Uhr, als Totalschaden zu bewerten sind. Das gleichzeitig mittransportierte Medikament Botox hat hingegen keinen Transportschaden erlitten (Teilgewicht der betroffenen Ware gemäß Seite 3 des Gutachtens B... & T... G... und nach dem Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 09.08.2017: 20 kg ; Gesamtgewicht der Sendung: 45 kg).
Die Beklagte wurde von der Firma A..., die sich ihrerseits des Streithelfers als Frachtführer bedient hat, mit dem Transport von insgesamt vier Medikamentenboxen beauftragt mit einem Gesamtbruttogewicht in Höhe von 45 kg, wobei ausweislich des Frachtbriefs, Bl. 24 d.A., für die insgesamt vier Boxen eine Transporttemperatur von maximal +5 Grad vereinbart wurde.
Die Beklagte bzw. der Streithelfer hat die Medikamentensendung am 18.05.2016 bei der Firma D... P... L... in P..., Bulgarien (nachfolgend Firma D...), einem zertifizierter EU-Pharmagroßhändler, abgeholt. Die beiden reimportierten Medikamente Humira der Herstellerfirma Firma A... bzw. des Medikamentes MMR Vaxpro der Herstellerfirma S... wurden in Rumänien bzw. in Griechenland hergestellt.
Die Beklagte bzw. der Unterfrachtführer haben zum Transport einen Sattelzug mit Kühlkofferauflieger der Marke Thermo-King benutzt, der (normalerweise) per GPS die im Laderaum gemessene Raumtemperatur alle 15 Minuten an die Leitstelle der Beklagten in Frankenthal (Pfalz) übersendet.
Nach der Übernahme am 18.05.2016 der Medikamente bei der Firma D... in Bulgarien nahm der Transporter am 19.05.2016 in der Tschechischen Republik, am 19.05.2016 in Ungarn sowie am 20.05.2016 in Italien jeweils weitere Ladungen mit Medikamenten auf.
Ausweislich des Kühlprotokolls kam es ab dem 21.05.2016, 16.40 Uhr, zu einem kontinuierlichen Anstieg der Temperatur im Kühlraum von 8,5 Grad bis hin zu 13,50 Grad am 22.05.2016 um 8.15 Uhr.
Zum Zeitpunkt des Eingangs der Fehlermeldung befand sich der Transporter im Großraum Pilsen (Tschechien). Die Beklagte hat sodann entschieden, das Fahrzeug nach F... durchfahren zu lassen, da sie dort über ein zertifiziertes Pharmalager verfügt.
Nach einem Ladungsumschlag am Lager der Beklagten am 22.05.2016 in F... erfolgte die Ablieferung der Medikamente bei der Firma A... am 23.05.2016 in G... um 8.15 Uhr, die die Sendung nur unter Vorbehalt annahm.
Die Klägerin hat vorgetragen, dass die Medikamente wegen Überschreitens der Temperaturen über einen Zeitraum von mindestens 16,5 Stunden einen Totalschaden erlitten hätten.
Die Beklagte hafte für die unterlassene Kühlung der Sendung und die Unterbrechung der Kühlkette und den hierdurch entstandenen Totalschaden nach Art. 17, 29 CMR i.V.m. §§ 435 HGB, 249 ff BGB i.V.m. 398 BGB bzw. 86 VVG.
Auf eine Haftungsbeschränkung könne sich die Beklagte nicht berufen, da der Schaden vorsätzlich bzw. leichtfertig und in dem Bewusstsein begangen worden sei, dass ein Schaden mit Wahrscheinlichkeit eintreten werde.
Die Transportsendung sei während des mehrtägigen Transports durch mehrere Länder nicht regelmäßig auf Einhaltung der Kühltemperatur überprüft worden und nach Feststellung der zu hohen Temperaturen sei nicht sofort die...