Leitsatz (amtlich)
Ein Rechtsanwalt, der im Zusammenhang mit der Abwehr eines güterrechtlichen Auskunftsersuchens mandatiert worden ist, kann sich schadensersatzpflichtig machen, wenn er seinen Mandanten nicht zu unverjährter Zeit auf die offensichtlich bestehende erfolgsversprechende Möglichkeit der Geltendmachung eines eigenen Zugewinnausgleichsanspruches hinweist (zum Pflichtenprogramm des Rechtsanwaltes im beschränkten und umfassenden Mandat).
Normenkette
BGB §§ 280, 611, 675, 1363-1365
Verfahrensgang
LG Landau (Pfalz) (Aktenzeichen 3 O 167/19) |
Tenor
1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 29. Oktober 2020 teilweise geändert und wie folgt neu gefasst: Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.957,41 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 8. Dezember 2018 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
5. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte auf Schadensersatz wegen Schlechterfüllung ihrer Pflichten aus einem Rechtsanwaltsvertrag in Anspruch; er macht sie dafür verantwortlich, dass ein Zugewinnausgleichsanspruch gegen seine geschiedene Ehefrau nicht in unverjährter Zeit geltend gemacht wurde. Seinen Schaden beziffert er auf 11.498,57 EUR.
Die Beklagte vertrat den Kläger im Scheidungsverfahren (Az. 2 F 525/11) vor dem Amtsgericht - Familiengericht - Germersheim, in dem die am 2. April 1993 geschlossene Ehe der Eheleute R... mit Beschluss vom 26. Juni 2012 geschieden wurde.
Die Beklagte hat dem Kläger mit dem Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung vor dem Familiengericht vom 26. Juni 2012 und nochmals mit Übersendung des rechtskräftigen Scheidungsbeschlusses am 3. Dezember 2012 ein Merkblatt übersandt, das u.a. den Hinweis enthält, dass Zugewinnausgleichsansprüche innerhalb von 3 Jahren ab Rechtskraft der Scheidung verjähren und zur Unterbrechung der Verjährung Klage erhoben werden muss.
Die geschiedene Ehefrau des Klägers forderte den Kläger über ihre Rechtsanwältin mit Schreiben vom 29. Januar 2015 dazu auf, Auskunft u.a. zum Zwecke der Bezifferung etwaiger Zugewinnausgleichsansprüche zu erteilen. In der Folge wurde die Beklage für den Kläger tätig und führte einen Schriftwechsel, der u.a. etwaige Zugewinnausgleichsansprüche der Ehefrau zum Gegenstand hatte und sich mit Einzelpositionen des Anfangsvermögens der Eheleute befasste.
Mit Schreiben vom 22. März 2016 machte die Beklagte im Wege der Honorarvorschussnote Gebührenansprüche für "Vermögensauseinandersetzung/Zugewinnausgleich" geltend; sie berechnete eine 1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 90.500,00 EUR.
Der Kläger hat vorgetragen,
er habe die Beklagte zur Geltendmachung eines Zugewinnausgleichsanspruches mandatiert, was bereits aus der Gebührennote ersichtlich sei. Die Beklagte habe ihm jedoch letztlich davon abgeraten, den Zugewinnausgleichsanspruch rechtshängig zu machen, weil es sich nicht lohnen würde. Bei richtiger Beratung hätte er zumindest einen Zugewinnausgleichsanspruch gegen die Beklagte in Höhe von 11.498,57 EUR geltend machen und vor Eintritt der Verjährung durchsetzen können. Bei gleichem Endvermögen der Eheleute sei bei ihm, dem Kläger, ein Anfangsvermögen von 22.997,14 EUR (Pkw Opel Kadett, Schenkung der Eltern und Zuwendung durch Hausübertragung) in Ansatz zu bringen, wohingegen die Ehefrau über kein Anfangsvermögen verfügt habe.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 11.498,57 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 7. Dezember 2018 zu zahlen.
Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt und vorgetragen,
sie sei nicht mit der gerichtlichen Geltendmachung des Zugewinnausgleichsanspruchs mandatiert worden, sondern lediglich mit der Beantwortung des Auskunftsersuchens der Ehefrau. Der Kläger habe zu verstehen gegeben, dass er nur die Auseinandersetzung des im Miteigentum stehenden Hausanwesens wünsche, nicht jedoch die Geltendmachung eines Zugewinnausgleichsanspruchs.
Diesen Anspruch habe der Kläger auch jedenfalls deshalb verwirkt, weil er nicht auf den Verkauf des Anwesens zum Preis von 260.000,00 EUR (entsprechend des Angebotes eines Interessenten) bestanden habe, sondern stattdessen die Veräußerung des Anwesens für nur 247.000,00 EUR an ein Familienmitglied der Ehefrau mitgetragen habe.
Zudem seien etwaige Schadensersatzansprüche verjährt.
Die 3. Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz hat die Klage mit Urteil vom 8. Oktober 2020, auf dessen Inhalt hinsichtlich des Sach- und Streitstandes erster Instanz sowie wegen der Gründe Bezug genommen wird, abgewiesen.
Zur Begründung hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt, für einen Anspruch nach §§ 611, 675, 280 ff. BGB fehle es schon an einem Auftrag zur Prüfung etwaiger Z...