Entscheidungsstichwort (Thema)
Anschlussberufung nach Fristablauf
Leitsatz (amtlich)
Eine Anschlussberufung kann auch nach Ablauf der Anschließungsfrist noch in zulässiger Weise eingelegt werden, wenn aufgrund eingetretener Veränderungen zugunsten des sich Anschließenden die Voraussetzungen einer Abänderungsklage vorliegen.
Verfahrensgang
AG Speyer (Urteil vom 04.11.2002; Aktenzeichen 43 F 176/01) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Antragsgegners und die Anschlussberufung der Antragstellerin wird das Urteil des AG – FamG – Speyer vom 4.11.2002 teilweise geändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Der Antragsgegner wird verurteilt, an die Antragstellerin als nachehelichen Unterhalt monatlich, künftig monatlich im Voraus, folgende Renten zu zahlen:
a) ab Rechtskraft der Ehescheidung (18.7.2002) bis einschl. Januar 2003: 465 Euro;
b) für Februar 2003 bis Juni 2003: 567 Euro;
c) ab Juli 2003: 630 Euro.
Der weiter gehende Unterhaltsantrag der Antragstellerin wird abgewiesen.
II. Im Übrigen wird die Berufung des Antragsgegners zurückgewiesen.
III. Hinsichtlich der Kosten des ersten Rechtszuges bleibt es bei der Entscheidung des FamG.
Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Antragsgegner zu 95 % und die Antragstellerin zu 5 % zu tragen.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beiden Parteien wird nachgelassen, eine Vollstreckung des Gegners durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet wird.
V. Gegen das Urteil wird die Revision für den Antragsgegner zugelassen betreffend die mit der Anschlussberufung verfolgten Unterhaltsansprüche.
Tatbestand
Die am 22.2.1985 geschlossene und kinderlos gebliebene Ehe der Parteien ist seit 18.7.2002 rechtskräftig geschieden.
Die Antragstellerin beansprucht im vorliegenden, aus dem Scheidungsverbund abgetrennten Verfahren nachehelichen Unterhalt.
Die Parteien haben sich im November 2000 getrennt.
Die Antragstellerin war als staatlich anerkannte Diplom-Fachkosmetikerin bis einschl. Februar 2002 nicht selbständig berufstätig. Nach kurzer Arbeitslosigkeit hat sie sich zum 1.7.2002 in ihrem Beruf selbständig gemacht. Sie bezog zu Anfang ein Überbrückungsgeld des Arbeitsamts i.H.v. 1.126,25 Euro monatlich. In dieser Höhe lässt sie sich Erwerbseinkünfte auch weiterhin (zumindest fiktiv) anrechnen.
Die Antragstellerin war Alleineigentümerin des Anwesens … in …, in welchem sich neben der Ehewohnung eine weitere Mietwohnung und Geschäftsräume befanden. Die bestehenden Ratenverpflichtungen auf Finanzierungsdarlehen überstiegen die von der Antragstellerin bezogenen Miet- und Pachteinnahmen. Auf einen vom Antragsgegner in der Ehe aufgenommenen Kredit bei der Hypo-Vereinsbank zahlt die Antragstellerin monatlich 255,65 Euro ab. Für ihre Krankenversicherung wendet sie monatlich 306,02 Euro auf. Sie hat PKH-Raten im Scheidungsverbundverfahren und im Verfahren wegen Trennungsunterhalts zu zahlen.
Der Antragsgegner war Geschäftsführer der … GmbH sowie der Firma … Handelsgesellschaft mbH, über deren Vermögen im November 1999 Insolvenzverfahren eröffnet wurden. Mit Strafbefehl vom 15.1.2002 wurde gegen den Antragsgegner eine Freiheitsstrafe u.a. wegen Insolvenzverschleppung und Beitragsvorenthaltung verhängt. Im Rahmen der Bewährungsauflagen hat er an verschiedene Krankenkassen monatlich insgesamt 225 Euro zu zahlen. Die Antragstellerin hat den Antragsgegner wegen Missbrauchs einer Vollmacht auf Rückzahlung von rund 375.000 Euro gerichtlich in Anspruch genommen. Der Antragsgegner hat in diesem Verfahren und im Scheidungsverbundverfahren sowie im Trennungsunterhaltsverfahren PKH-Raten in unterschiedlicher Höhe zu zahlen. Auf darlehensweise gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt zahlt er seit Oktober 2001 monatlich 25,56 Euro ab. Seit April 2001 ist der Antragsgegner bei einer E. Firma erwerbstätig.
Die Antragstellerin hat vorgetragen, der Antragsgegner beziehe unter Berücksichtigung eines 13. Monatsgehalts monatlich durchschnittlich 2.169 Euro netto; nach Abzug einer Pauschale für berufsbedingte Aufwendungen von 5 % betrage das unterhaltsrechtlich relevante Einkommen 2.060,55 Euro. Ihr selbst verbleibe nach Bedienung der die Mieteinnahmen übersteigenden Hauslasten und des Kredits bei der Hypo-Vereinsbank kein positives Einkommen.
Auf dieser Grundlage hat die Antragstellerin einen Nachscheidungsunterhalt i.H.v. 790 Euro monatlich ab Rechtskraft der Ehescheidung geltend gemacht.
Der Antragsgegner ist dem entgegengetreten und hat die Bedürftigkeit der Antragstellerin bestritten. Insbesondere sei sie verpflichtet, die hoch verschuldete Immobilie zu veräußern, wodurch sie in der Lage sei, ihren Unterhaltsbedarf selbst zu decken. Er selbst sei für Ehegattenunterhalt nicht leistungsfähig. Er habe für eine Lebensversicherung 141,59 Euro, für ein Privatdarlehen zum Ausgleich von betrieblichen Rückständen bei Krankenkassen monatlich 100 Euro und 200 Euro monatlich ab Oktober 2002 an das Finanzamt zu zahlen.
Das FamG hat den...