Leitsatz (amtlich)
1. Bei Versäumung der Anschließungsfrist gem. § 524 Abs. 3 S. 2 ZPO sind die Wiedereinsetzungsvorschriften entspr. anwendbar.
2. Das Verbot der Schlechterstellung nach Aufhebung und Zurückverweisung muss in Unterhaltssachen zurücktreten, soweit die Voraussetzungen einer Abänderungsklage nach § 323 ZPO vorliegen.
3. Zweckbestimmte Eingliederungshilfen (hier: „Hilfe nach Maß für Behinderte”) sollen zusätzliche Bedürfnisse des Empfängers abdecken und dienen deshalb nicht der Entlastung des Unterhaltsschuldners.
4. Im Fall des Ehegattenunterhalts sind Leistungen, die der Unterhaltsgläubiger nach dem Grundsicherungsgesetz erhält, nicht auf seinen Unterhaltsbedarf anrechenbar.
Normenkette
BGB § 1572; ZPO §§ 233-234, 323, 524 Abs. 3 S. 3; GSiG §§ 1-2; BSHG § 39 Abs. 3, § 40 Abs. 1 Nr. 8
Verfahrensgang
AG Ludwigshafen (Urteil vom 17.07.2002; Aktenzeichen 5 a F 36/98.UE) |
Tenor
I. Auf die Berufung des Antragsgegners und die Anschlussberufung der Antragstellerin wird das Urteil des AG – FamG – Ludwigshafen am Rhein vom 17.7.2002 insgesamt geändert und wie folgt neu gefasst:
Der Antragsteller wird verurteilt, an die Antragsgegnerin als nachehelichen Unterhalt monatlich, monatlich im Voraus,
- für den Zeitraum von April 2000 bis Juni 2001 386,54 Euro (entspricht 756 DM, bestehend aus 537 DM Elementarunterhalt, 139 DM Altersvorsorgeunterhalt und 80 DM Krankenvorsorgeunterhalt)
- für den Zeitraum von Juli 2001 bis August 2001 569,47 Euro (entspricht 1.113,78 DM, bestehend aus 896,42 DM Elementarunterhalt und 217,36 DM Altersvorsorgeunterhalt)
- für den Zeitraum von September 2001 bis November 2001 763,81 Euro (entspricht 1.493,88 DM, bestehend aus 1.202,34 DM Elementarunterhalt und 291,54 DM Altersvorsorgeunterhalt)
- für Dezember 2001 1.000,81 Euro (entspricht 1.957,41 DM, bestehend aus 1.395,44 DM Elementarunterhalt, 341,61 DM Altersvorsorgeunterhalt und 220,36 DM Krankenvorsorgeunterhalt)
- für den Zeitraum von Januar 2002 bis April 2002 1.000,78 Euro (bestehend aus 713,21 Euro Elementarunterhalt, 174,61 Euro Altersvorsorgeunterhalt und 112,92 Euro Krankenvorsorgeunterhalt)
- für den Zeitraum von Mai 2002 bis August 2002 1.081,09 Euro (bestehend aus 767,77 Euro Elementarunterhalt, 191,54 Euro Altersvorsorgeunterhalt und 121,78 Euro Krankenvorsorgeunterhalt)
- für die Zeit von September 2002 bis Dezember 2002 1.302,97 Euro (bestehend aus 904,36 Euro Elementarunterhalt, 231,26 Euro Altersvorsorgeunterhalt und 236,25 Euro Krankenvorsorgeunterhalt)
- für den Zeitraum von Januar 2003 bis Juni 2003 1.306,92 Euro (bestehend aus 901,40 Euro Elementarunterhalt, 243,16 Euro Altersvorsorgeunterhalt und 162,36 Euro Krankenvorsorgeunterhalt)
- ab Juli 2003 1.364,91 Euro (bestehend aus 935,91 Euro Elementarunterhalt, 258,53 Euro Altersvorsorgeunterhalt und 170,47 Euro Krankenvorsorgeunterhalt)
zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weiter gehende Berufung und die weiter gehende Anschlussberufung werden zurückgewiesen.
III. Die Kosten beider Rechtszüge werden gegeneinander aufgehoben.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um nachehelichen Unterhalt (einschl. Alters- und Krankenvorsorgeunterhalt). Sie sind seit dem 29.3.2000 rechtskräftig geschieden. Aus der Ehe sind die gemeinsamen Kinder S., geb. am …, und Sa., geb. am …, hervorgegangen. Beide Kinder leben seit August 1998 beim Antragsgegner und absolvieren seit September 2001 bzw. September 2002 eine Lehre. Hierfür werden ihnen monatliche Ausbildungsvergütungen gezahlt.
Der Antragsgegner (geb. am 29.11.1958) ist bei der … beschäftigt. Die Parteien bewohnten während der Ehe ein in ihrem Miteigentum stehendes, kreditfinanziertes Haus. Der Antragsgegner hat den Miteigentumsanteil der Antragstellerin übernommen, wofür diese am 22.1.1999 einen Betrag von 65.000 DM erhielt. Das Haus steht seit dem 17.3.2003 leer. Es soll verkauft werden.
Die Antragstellerin verfügt über keine abgeschlossene Berufsausbildung. Sie war nach der Heirat vorübergehend als Verwaltungsangestellte tätig; sie hat diese Tätigkeit rd. ein Jahr nach Eheschließung aufgegeben, wobei die Gründe hierfür streitig sind. Anschließend war sie Hausfrau und hat nach Geburt der Kinder bis zum Auszug aus der Ehewohnung am 1.11.1997 die Familie betreut und versorgt (die Tochter Sa. bis August 1998). Nach der Trennung war die Antragstellerin im Mai/Juni 1998 vorübergehend als Putzhilfe tätig, sodann war sie als Küchenhilfe tätig, und zwar bis Mai 2000. In der Folgezeit erhielt sie Krankengeld und Übergangsgeld. Außerdem bezieht sie seit dem 1.5.2001 eine Eingliederungshilfe nach dem BSHG in Form eines sog. persönlichen Budgets. Hierbei handelt es sich um Mittel des Landes Rheinland-Pfalz, die im Rahmen eines Modellprojekts „Hilfe nach Maß für Behinderte” in Zusammenarbeit mit der Stadt … und der Caritas vergeben werden, um Behinderten zur Vermeidung einer Heimeinweisung ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Seit Dezember 2001 hat die Antragstell...