Leitsatz (amtlich)
Zur außerordentlichen Kündigung und Rückzahlung einer als Genussrechtsbeteiligung ausgestalteten Kapitalanlage nach grenzüberschreitender Verschmelzung der kapitalsuchenden Gesellschaft.
Normenkette
AGBG AUT § 1000; AGBG AUT § 1333 Abs. 1; AGBG AUT § 1333 Abs. 2; AGBG AUT § 1334 S. 1; AktG § 221
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 19.02.2020; Aktenzeichen 3 O 186/19) |
Tenor
I. Unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 19. Februar 2020 - Az.: 3 O 186/19 - geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.000,- EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 Prozent p.a. seit 2. Juli 2019 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist ebenso wie das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte nach außerordentlicher Kündigung einer Genussrechtsbeteiligung u.a. auf Rückzahlung seiner in Höhe von 12.000,- EUR getätigten Einlage sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch.
Der Kläger mit Wohnsitz in Deutschland zeichnete am 27. September 2008 bei der in Österreich ansässigen T. AG Genussrechte über 12.000,- EUR. Rechtsnachfolgerin der Emittentin wurde in der Folgezeit zunächst die ebenfalls in Österreich ansässige T. GmbH, welche sodann mit Wirkung ab dem 31. Dezember 2018 grenzüberschreitend auf die im Vereinigten Königreich ansässige Beklagte verschmolzen wurde.
Der Kläger erklärte mit anwaltlichem Schreiben vom 17. Juni 2019 die außerordentliche Kündigung seiner Genussrechtsbeteiligung und begehrte basierend auf der Mitteilung der Beklagten vom Februar 2019 die Zahlung eines Gesamtbetrages in Höhe von 12.641,35 EUR.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil des Einzelrichters, auf das zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes in erster Instanz verwiesen wird, unter Bejahung seiner internationalen und örtlichen Zuständigkeit sowie einer wirksamen Klageerhebung dem Klagebegehren zum überwiegenden Teil stattgegeben.
Dagegen richtet sich die verfahrensrechtlich nicht zu beanstandene Berufung der Beklagten mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung.
Die Beklagte vertritt u.a. die Auffassung,
dass durch die grenzüberschreitende Verschmelzung mit Ablauf des 31. Dezember 2018 keine Genussrechte sondern nur noch die von ihr gewährten "B-Anteile" existierten. Deshalb habe dem Kläger im Juni 2019 kein Recht zur außerordentlichen bzw. ordentlichen Kündigung der Genussrechtsbeteiligung mehr zugestanden. Im Übrigen sei das Genussrechtskapital des Klägers wegen Anrechnung von Verlustanteilen ohnehin mit 0,00 EUR zu beziffern.
Sie beantragt,
das Urteil des Einzelrichters der 3. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 19. Februar 2020 - Az. 3 O 186/19 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst den beigefügten Anlagen Bezug genommen.
Die Parteien haben in der mündlichen Verhandlung des Senats vom 15. März 2021 der Überleitung der Sache in das schriftliche Verfahren gemäß §§ 525, 128 Abs. 2 ZPO zugestimmt.
II. Die Berufung der Beklagten erzielt in Bezug auf die erstinstanzlich zugesprochenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten einschließlich der dazu geltend gemachten Zinsen sowie hinsichtlich der Höhe der für die Hauptforderung ausgeurteilten Verzugszinsen einen Teilerfolg. Zum weit überwiegenden Teil ist das Rechtsmittel jedoch unbegründet.
1. Das Erstgericht hat die Beklagte zu Recht zur Auszahlung des Nominalbetrages der Genussrechtsbeteiligung des Klägers in Höhe von 12.000,- EUR verurteilt.
Der Kläger hat seine am 27. September 2008 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, einer Gesellschaft österreichischen Rechts, gezeichnete Beteiligung (vinkulierte Namensgenussrechte) mit Anwaltsschreiben vom 17. Juni 2019 wirksam außerordentlich gekündigt.
Mit Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung ging das gesamte Aktiv- und Passivvermögen der übertragenden Gesellschaft auf die Beklagte als übernehmende Gesellschaft über. Die übernehmende Gesellschaft erwirbt die übertragende Gesellschaft vollständig, ohne dass deren Verpflichtungen erlöschen, wie dies bei einer Liquidation der Fall wäre. Dies führt ohne Novation dazu, dass die übernehmende Gesellschaft hinsichtlich sämtlicher Verträge, die von der übertragenden Gesellschaft geschlossen wurden, als Partei an deren Stelle tritt. Das nationale Recht (hier: der Republik Österreich), das vor der grenzüberschreitenden Verschmelzung auf solc...