Normenkette
Richtlinie 78/855/EWG Art. 15
Verfahrensgang
LG Frankenthal (Pfalz) (Urteil vom 10.07.2020; Aktenzeichen 9 O 55/19) |
Tenor
I. Unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen wird auf die Berufung der Beklagten das Urteil des Einzelrichters der 9. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 10. Juli 2020 - Az.: 9 O 55/19 - geändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.000,- EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 4 Prozent p.a. seit 1. April 2019 zu zahlen. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist ebenso wie das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
V. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 10.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
I. Der Kläger nimmt die Beklagte nach Kündigung einer Genussrechtsbeteiligung auf Rückzahlung seiner in Höhe von 10.000,- EUR getätigten Einlage sowie Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten in Anspruch.
Der Kläger mit Wohnsitz in Deutschland zeichnete am 27. Mai 2008 bei der in Österreich ansässigen T. AG Genussrechte über 10.000,- EUR. Rechtsnachfolgerin der Emittentin wurde in der Folgezeit zunächst die ebenfalls in Österreich ansässige T. GmbH, welche sodann mit Wirkung ab dem 31. Dezember 2018 grenzüberschreitend auf die im Vereinigten Königreich ansässige Beklagte verschmolzen wurde.
Der Kläger hatte bereits mit Schreiben vom 2. Juni 2016 die ordentliche Kündigung seiner Genussrechtsbeteiligung mit Wirkung zum 31. Dezember 2018 erklärt.
Das Landgericht hat mit dem angefochtenen Urteil des Einzelrichters, auf das zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes in erster Instanz verwiesen wird, unter Bejahung seiner internationalen und örtlichen Zuständigkeit sowie einer wirksamen Klageerhebung dem Klagebegehren in vollem Umfang stattgegeben.
Dagegen richtet sich die verfahrensrechtlich nicht zu beanstandene Berufung der Beklagten mit weiterhin dem Ziel der Klageabweisung.
Die Beklagte vertritt die Auffassung,
dass das Genussrechtskapital des Klägers wegen Anrechnung von Verlustanteilen 0,00 EUR betrage.
Sie beantragt,
das Urteil des Einzelrichters der 5. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 10. Juli 2020 - Az. 9 O 55/19 - abzuändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im Einzelnen wird auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze nebst den beigefügten Anlagen Bezug genommen.
II. Nachdem die Beklagte ihre Zustimmung zu der von dem Senat angeregten Teilklagerücknahme betreffend die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verweigert hat, führt ihre Berufung insoweit und außerdem hinsichtlich der Höhe der zugesprochenen Verzugszinsen zu einem Teilerfolg. Zum weit überwiegenden Teil ist das Rechtsmittel jedoch unbegründet.
1. Das Erstgericht hat die Beklagte zu Recht zur Auszahlung des Nominalbetrages der Genussrechtsbeteiligung des Klägers in Höhe von 10.000,- EUR verurteilt.
Der Kläger hat seine am 27. Mai 2008 bei der Rechtsvorgängerin der Beklagten, einer Gesellschaft österreichischen Rechts (T. AG bzw. GmbH), gezeichnete Beteiligung (vinkulierte Namensgenussrechte) mit Schreiben vom 2. Juni 2016 mit Wirkung zum 31. Dezember 2018 wirksam gekündigt.
Die Beklagte hat die Rechtsgültigkeit der Kündigung vorgerichtlich nicht in Frage gestellt, was ihr Schreiben an den Kläger vom Februar 2019 (Anlage K5, Bl. 10, 11 der Akte erster Instanz) belegt. Darin wird von ihr bestätigt, dass die vom Kläger ausgesprochene Kündigung unabhängig von der Neustrukturierung zum 31.12.2018 wirksam ist.
Entgegen dem von der Beklagten im Prozess eingenommenen Rechtsstandpunkt hat die grenzüberschreitende Verschmelzung der (Rechtsnachfolgerin der ursprünglichen) österreichischen Emittentin auf die Beklagte keinen Einfluss auf die mit der Kündigung der Genussrechtsbeteiligung des Klägers ausgelösten Rechtsfolgen. Insbesondere wurde der Kläger zum Verschmelzungszeitpunkt (31. Dezember 2018) nicht etwa für eine logische Sekunde Inhaber von "B-Anteilen" an der Beklagten.
Mit Wirksamwerden der grenzüberschreitenden Verschmelzung ging vielmehr das gesamte Aktiv- und Passivvermögen der übertragenden Gesellschaft auf die Beklagte als übernehmende Gesellschaft über. Die übernehmende Gesellschaft erwirbt die übertragende Gesellschaft vollständig, ohne dass deren Verpflichtungen erlöschen, wie dies bei einer Liquidation der Fall wäre. Dies führt ohne Novation dazu, dass die übernehmende Gesellschaft hinsichtlich sämtlicher Verträge, die von der übertragenden Gesellschaft geschlossen wurden, als Partei an deren Stelle tritt. Das nationale Recht (hier: der Republik Österreich), das vor der grenzüberschreitenden Verschmelzung auf solche Verträge anzuwenden war, bleibt auch nach der Verschmelzung auf sie anzuwenden (EuGH, Urteil vom ...