Entscheidungsstichwort (Thema)
zur Zweckentfremdung von Wohnraum
Verfahrensgang
VG Berlin (Urteil vom 10.05.2001; Aktenzeichen 35 A 601.00) |
Tenor
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 10. Mai 2001 geändert.
Der Bescheid des Bezirksamts Charlottenburg von Berlin vom 7. Juli 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19. September 2000 wird aufgehoben, soweit der Kläger hierdurch verpflichtet wird, eine monatliche Ausgleichsabgabe in Höhe von 795,00 DM länger als bis zum 31. August 2000 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger zu 2/5 und der Beklagte zu 3/5.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Jeder Beteiligte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Vollstreckungsbetrages abwenden, wenn nicht der jeweils andere Beteiligte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer der 79,5 qm großen Wohnung im EG des rechten Seitenflügels straße in Berlin-Charlottenburg. Mit Bescheid vom 7. Juli 2000, geändert durch Bescheid vom 31. Juli 2000, genehmigte das Bezirksamt Charlottenburg von Berlin dem Kläger antragsgemäß die zweckfremde Nutzung der Wohnung rückwirkend zum 1. Juli 2000 unter der auflösenden Bedingung der Schaffung von Ersatzwohnraum im Dachgeschoss des Hauses straße bis zum 30. Juni 2001 und der Auflage zur Zahlung einer monatlichen Ausgleichsabgabe von 10,00 DM/qm Wohnfläche bis zur Fertigstellung des Ersatzwohnraumes. Die Ersatzwohnung ist zum 30. November 2000 fertig gestellt worden. Der gegen die Zahlungsauflage gerichtete Widerspruch des Klägers hatte keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid des Bezirksamts vom 19. September 2000).
Zur Begründung seiner Anfechtungsklage hat der Kläger die Unwirksamkeit der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung und im Übrigen geltend gemacht, angesichts seines verlässlichen Angebots der Schaffung von Ersatzwohnraum hätte die Genehmigung auflagenfrei erteilt werden müssen. Eine Zahlungsauflage dürfe nur dazu dienen, einen durch die Zweckentfremdung eingetretenen Wohnraumverlust auszugleichen. Der Verlust werde hier aber durch den Ersatzwohnraum vollständig ausgeglichen. Zwar habe das Bundesverwaltungsgericht über eine auf den Zeitpunkt der Fertigstellung des Ersatzwohnraums befristete Ausgleichsabgabe noch nicht zu entscheiden gehabt. Es habe aber deutlich gemacht, dass der Verfügungsberechtigte auch im Fall eines verlässlichen Angebots der Schaffung von Ersatzwohnraum eine auflagenfreie Genehmigung beanspruchen könne.
In den Entscheidungsgründen seines klagabweisenden Urteils vom 10. Mai 2001 hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, das Zweckentfremdungsverbot könne in Berlin nach wie vor Geltung beanspruchen. Zwar sei auf dem Berliner Wohnungsmarkt in den letzten Jahren eine deutlich spürbare Entspannung eingetreten. Es könne aber nicht davon ausgegangen werden, dass die Mangellage in allen relevanten Teilbereichen beendet sei. Die Leerstandsstatistiken erfassten nur den Wohnungsmarkt insgesamt, gäben aber keine verlässliche Auskunft darüber, wie sich die Situation in den einzelnen Teilbereichen darstelle. Ebenso verhalte es sich mit den Äußerungen des zuständigen Senators. Verlässlicher sei ein Vergleich der ortsüblichen Vergleichsmieten der Berliner Mietspiegel 1998 bzw. 1999 und 2000. Danach gebe es in Teilbereichen des Wohnungsmarktes nach wie vor einen Nachfrageüberhang, z.B. bei Wohnungen mit einer Größe von über 60 qm Wohnfläche. Dem könne nicht entgegengehalten werden, der entspannte Wohnungsmarkt habe zu einer Neuorientierung der Wohnraumsuchenden auf nunmehr attraktivere Wohnungen geführt und deshalb einen Preisanstieg nach sich gezogen. Abgesehen davon, dass sich der Preisanstieg auf alle Wohnlagen und nahezu alle Ausstattungsklassen verteile, seien auch steigende Wohnbedürfnisse in angemessenen Grenzen als gegenüber dem sozialgebundenen Eigentümer legitim zu berücksichtigen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die fragliche Wohnung wegen ihrer Erdgeschosslage nicht mehr vom Markt angenommen werde. Ihre Unvermietbarkeit sei angesichts in der Vergangenheit zustande gekommener Mietverhältnisse nicht offenkundig. Fruchtlose Vermietungsbemühungen habe der Kläger nicht dargetan. Vielmehr gäben die Schreiben des beauftragten Maklers beredt Auskunft darüber, dass potentielle Mieter aus einem dem Makler unangenehmen Personenkreis hätten abgeschreckt werden sollen, wobei die aus dem Mietspiegel 2000 im Feld I 2 ersichtliche Spanne des ortsüblichen Mietzinses noch nicht ausgeschöpft gewesen sei. Eine Ausgleichsabgabe sei auch im Falle eines Ersatzwohnraumangebots bis zur Fertigstellung des Ersatzbaus zulässig, weil für diesen Zeitraum die Wohnraumbilanz ein Defizit aufweise. Im Übrigen liege es einzig in der Hand des Verfügungsberechtigten, über welchen Zeitraum hinweg er einen Wohnraumverlust herbeiführe.
Mit der Berufung hält der Kläger an seinem Begehren ...