Entscheidungsstichwort (Thema)

Tiefenbegrenzung. Herstellungsbeiträgen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zweck der Regelung in § 6 Abs. 5 Satz 4 KAG LSA ist es, durch den Vorababzug den Vorteil der Allgemeinheit zu erfassen und zu gewichten, der – wie etwa der Straßenentwässerungsanteil an der Oberflächenentwässerung – über den jedem baulich nutzbaren oder genutzten Grundstück vermittelten Vorteil hinausgeht.

2. Der Verwendung einer Tiefenbegrenzungsregelung stehen nicht von vornherein und ungeachtet der Siedlungsstruktur, die der Satzungsgeber vorfindet, rechtliche Hindernisse entgegen.

a) Es verstößt nicht gegen das Gebot, Beiträge nach den Vorteilen zu bemessen (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 1 KAG LSA), wenn der Satzungsgeber für Grundstücke im unbeplanten Innenbereich typisierende Regelungen schafft, die baulich nicht nutzbare Grundstücksteile bei der Beitragsbemessung ausscheiden.

b) Es ist nicht sachwidrig, wenn sich der Satzungsgeber angesichts der im Vergleich zu den Grundstücken im unbeplanten Innenbereich ungleich kleineren durchschnittlichen Größe der Grundstücke im Geltungsbereich eines Bebauungsplans von der Annahme leiten lässt, dass diese Grundstücke, im Regelfall selbst dann mit der Gesamtfläche veranlagt werden müssten, wenn auch für die beplanten Gebiete eine Tiefenbegrenzung vorgesehen würde.

c) Ist die potentielle Bebauung das Maß für den Vorteil, so ist es nicht sachwidrig, wenn die Vorteile, die den Grundstücken in beplanten Gebieten einerseits und im unbeplanten Innenbereich andererseits vermittelt werden, durch die Tiefenbegrenzung angeglichen werden.

 

Normenkette

LSA-KAG § 6 Abs. 5 S. 1

 

Verfahrensgang

VG Magdeburg (Urteil vom 27.05.1999; Aktenzeichen A 2 K 97/99)

 

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Magdeburg 2. Kammer – vom 27. Mai 1999 abgeändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

I.

Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zur Zahlung von Beiträgen für die Herstellung der zentralen Abwasserbeseitigungsanlage des Beklagten. Die Klägerin ist Eigentümerin des in der H. straße in der Gemarkung W. belegenen Grundstücks (Flur 9, Flurstück 127/1). Das mit einem Wohnhaus bebaute Grundstück liegt im unbeplanten Innenbereich in der Ortslage von W., hat eine Grundfläche von 5.470 m² und grenzt mit drei Grundstücksseiten an Straßengrundstücke an, in denen im Jahr 1994 Schmutzwassersammler verlegt wurden.

Der Beklagte setzte den Beitrag für die Herstellung der Anschlussmöglichkeit an die zentrale Abwasserbeseitigungsanlage unter Berücksichtigung einer durch Tiefenbegrenzung reduzierten beitragsfähigen Fläche von 4.629,50 m² und einer zweigeschossigen Bebauung mit Bescheid vom 08. Oktober 1998 auf 29.628,80 DM fest. Den Widerspruch, zu dessen Begründung die Klägerin geltend machte, es verstoße gegen den Kostendeckungsgrundsatz und den Gleichheitssatz, bei der Anwendung der Tiefenbegrenzungsregelung danach zu unterscheiden, ob ein Grundstück im unbeplanten Innenbereich von einer oder von mehreren Seiten durch Schmutzwasserkanäle erschlos sen werde, weil auf einem Eckgrundstück nicht mehr Abwasser anfalle als auf anderen Grundstücken, wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 09. Februar 1999 zurück.

Daraufhin hat die Klägerin am 16. Februar 1999 Klage erhoben, ihr bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend vorgetragen, der Beklagte sei zu Unrecht von einer zweigeschossigen Bebauung ausgegangen, weil das Obergeschoss aus bauordnungsrechtlichen Gründen nicht mehr zu Wohnzwecken genutzt werden dürfe.

Sie hat beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 08. Oktober 1998 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09. Februar 1999 aufzuheben.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung hat er vorgetragen, der Maßstab sei nicht zu beanstanden, weil es für die Bemessung des Beitrages nicht erheblich sei, wie viel Abwasser anfalle, sondern in welchem Maß das Grundstück durch den Anschluss bevorteilt werde. Grundstücke, die von mehreren Seiten an Straßen angrenzten, in denen ein Sammler verlegt sei, könnten auch von jeder dieser Seiten baulich genutzt werden.

Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 27. Mai 1999 stattgegeben. Die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig, weil die Beitragssatzung des Beklagten mangels ordnungsgemäß kalkuliertem Beitragssatz nichtig sei. Denn der Beklagte habe die beitragsfähigen Flächen im unbeplanten Innenbereich mittels einer rechtlich nicht zulässigen Tiefenbegrenzung ermittelt. Die der Tiefenbegrenzungsregelung zugrunde liegende Annahme, Grundstücke im unbeplanten Innenbereich seien nur begrenzt baulich nutzbar, sei nur bei Grundstücken gerechtfertigt, die...

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